Das Arbeitszeugnis - des einen Leid, des anderen Freud: Was Arbeitgeber beachten müssen
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Für die einen notwendiges Übel, für die anderen elementarer Baustein für den weiteren Karriereweg: Das Arbeitszeugnis stellt für Arbeitgeber nach wie vor eine nicht zu unterschätzende Aufgabe dar.
Anspruch auf ein Arbeitszeugnis
Ausscheidende Mitarbeitende haben aufgrund § 109 der Gewerbeordnung (GewO) einen Anspruch auf ein schriftliches Arbeitszeugnis, das sich auf Wunsch auf Leistung und Verhalten erstrecken muss. Der Arbeitgeber darf den Wunsch nach einem Arbeitszeugnis daher nicht verwehren. Zudem muss er sich im Zeugnis, wenn gewünscht, sowohl in fachlicher als auch in persönlicher Hinsicht zu den ausscheidenden Mitarbeitenden äußern und beide Aspekte bewerten.
Klarheit, Wahrheitspflicht und Grundsatz des Wohlwollens
Dabei trifft den Arbeitgeber neben der Verpflichtung, das Zeugnis klar und verständlich zu formulieren, nicht nur das Verbot versteckter Botschaften. Die negativ gemeinte Formulierung „Er/Sie war stets bemüht“ hat es in diesem Zusammenhang fast schon zu sprichwörtlicher Berühmtheit geschafft. Der Arbeitgeber ist darüber gehalten, ein wahrheitsgemäßes Zeugnis zu erteilen, das zugleich wohlwollend formuliert sein soll. Die Gerichte verwenden oft die Formulierung „ein Zeugnis, das sich auf Führung und Leistung erstreckt und [die Person] in [ihrem] beruflichen Fortkommen fördert“. Der Versuchung, ausscheidenden Mitarbeitenden im Wege des Arbeitszeugnisses „noch einmal so richtig einen mitzugeben“, muss der Arbeitgeber daher in jedem Fall widerstehen. Ansonsten riskiert er Streit, bis hin zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung wegen des Zeugnisses, einem sogenannten Zeugnisrechtsstreit.
Im Zweifel „befriedigend“
Auch in der Notengebung ist der Arbeitgeber nicht völlig frei. Die Gerichte gestehen im Zweifel ein „befriedigend“ zu, als Note für in jeder Hinsicht zufriedenstellende, durchschnittliche Leistung und entsprechendes Verhalten. Die Tatsachen, die eine darüberhinausgehende, bessere Bewertung rechtfertigen, müssen im Streitfall die ausscheidenden Mitarbeitenden darlegen und beweisen. Das Gegenteil, also die unterdurchschnittliche Leistung und entsprechendes Verhalten, muss der Arbeitgeber darlegen und beweisen. Es liegt auf der Hand, dass bei einer Bewertung von „nur“ befriedigend eine Auseinandersetzung vorprogrammiert sein dürfte.
Verbot der Maßregelung
Das allgemein im Arbeitsrecht geltende Verbot, Mitarbeitende dafür zu bestrafen, dass sie in zulässiger Weise ihre Rechte ausüben (§ 612a BGB), gilt auch im Zeugnisrecht. So darf ein Zeugnis weder deshalb schlecht ausfallen, weil z.B. ausscheidende Mitarbeitende ihren Zeugnisanspruch geltend machen oder zuvor selbst gekündigt hatten. Genauso wenig darf der Arbeitgeber das bereits erteilte Zeugnis - bei berechtigtem Anspruch auf Änderung des Zeugnisses - an anderer Stelle verschlechtern. So hat das Bundesarbeitsgericht im Juni 2022 klargestellt, dass es eine unzulässige Maßregelung darstellt, wenn ein zunächst erteiltes Zeugnis eine Dankes-, Bedauerns- und Wunschformel enthielt, das auf Wunsch des Mitarbeitenden korrigierte Zeugnis aber dann nicht mehr (vgl. BAG Urteil vom 06.06.2022 – 9 AZR 272/22).
Dankes-, Bedauerns- und Wunschformel
Dies ist umso bedeutsamer, als Mitarbeitende grundsätzlich keinen Anspruch auf die Dankes-, Bedauerns- und Wunschformel haben. Fehlt sie allerdings, spricht das Bände und entwertet das Zeugnis erheblich. Wird sie verwendet, sollte sie die Bewertung von Leistung und Verhalten abschließend widerspiegeln.
Form des Zeugnisses
Das Zeugnis muss schriftlich erteilt werden, siehe § 109 GewO. Üblicherweise wird das Zeugnis auf Geschäftspapier erstellt und auf den letzten Arbeitstag ausgestellt. Es darf nicht in Tabellenform erteilt werden und nicht wie ein Schulzeugnis aussehen, das hat das Bundesarbeitsgericht im Jahr 2021 erneut klargestellt (BAG Urteil vom 27.04.2021 – 9 AZR 262/20). Das Zeugnis ist handschriftlich zu unterzeichnen, üblicherweise vom nächsthöheren Vorgesetzen und der Personalleitung, soweit vorhanden. Bei Geschäftsführern unterzeichnet das Organ, der in der Berichtslinie übergeordnete Funktion hat. Schließlich darf es kein Adressfeld enthalten und sollte bei Postversand ungeknickt übersandt werden, damit keine Rückschlüsse auf die Art der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (im Streit) gezogen werden können.
Arbeitszeugnis als „Visitenkarte“ für Arbeitnehmer und Arbeitgeber
Fazit: Die Erteilung eines Arbeitszeugnisses ist eine „Kunst für sich“. Ein Zeugnis sagt nicht nur viel über die Person aus, der es erteilt wird, sondern mindestens genauso viel über den ausstellenden Arbeitgeber. Der Arbeitgeber verrät viel über sich, seine Unternehmenskultur und seinen Umgang mit ausscheidenden Mitarbeitern, und kann sich durch professionelles Vorgehen erheblichen Ärger ersparen.
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Rechtsanwältin Esther Remberg-Schimpf, Tel. +49 (221) 45072577.
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