Das Erbe in der Privatinsolvenz

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Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte sich in einem Beschluss vom 10.03.2011 (Az.: IX ZB 168/09) zum wiederholten Male in jüngerer Zeit mit Rechtsfragen zu befassen, die aus Erbfällen während eines sogenannten Privatinsolvenzverfahrens und insbesondere innerhalb einer Wohlverhaltensperiode auftreten.

Beantragt eine natürlich Person die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über sein Vermögen, stellt sie im Hinblick auf eine gegebene Überschuldung in der Regel auch einen Antrag, sie zukünftig von seinen dann am Ende des Verfahrens noch vorhandenen Restverbindlichkeiten zu befreien. Dieser Schuldner durchläuft vor einer Restschuldbefreiung, eine mehrjährige, sogenannte Wohlverhaltensperiode, innerhalb derer sein Vermögen durch einen vom Insolvenzgericht bestellten Treuhänder verwaltet wird. Gemäß § 295 Abs. 1 Nr. 2 InsO hat der Schuldner Vermögen, dass er von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht erwirbt, zur Hälfte des Wertes an den Treuhänder herauszugeben. Gemäß § 295 Abs. 1 Nr. 1 Nr. 3 InsO hat der Schuldner u. a. dem Treuhänder auch die Änderung seiner Vermögensverhältnisse anzuzeigen, also auch Vermögenszuwächse im Zusammenhang mit erbrechtlichen Vorgängen. Verstößt der Schuldner gegen diese Obliegenheiten, läuft er Gefahr, dass die von ihm beantragte Restschuldbefreiung verweigert wird.

Dem BGH lag in seiner o. g. Entscheidung die Frage zur Entscheidung vor, ob einem Schuldner die Restschuldbefreiung versagt werden kann, wenn er ein an ihn von einem Erblasser zugewendetes Vermächtnis seinem Treuhänder nicht offenbart und sich auch nicht zur Annahme des Vermächtnisses äußert. Der BGH hat in seiner Entscheidung zunächst auf seine jüngeren Entscheidungen verwiesen, wonach ein Schuldner in der Wohlverhaltensperiode nicht verpflichtet sei, einen ihm entstandenen Pflichtteilsanspruch geltend zu machen und dann die Hälfte des Pflichtteiles an den Treuhänder abzuführen. Denn die Frage, ob ein Pflichtteilsanspruch geltend gemacht wird oder nicht, sei eine höchstpersönliche Entscheidung des Pflichtteilsberechtigten, die nicht durch einen Zwang zur Geltendmachung und Durchsetzung nach der InsO beeinträchtigt werden dürfe. Auch ein Schuldner in der Wohlverhaltensperiode muss frei bleiben in seiner Entscheidung, ob er einen Pflichtteilsanspruch geltend mache oder eben nicht (BGH, Beschluss v. 25.06.2009; Az.: IX ZB 196/08). Deshalb dürfe einem Pflichtteilsberechtigten die Restschuldbefreiung nicht mit der Begründung versagt werden, er hätte einen Pflichtteilsanspruch gegenüber dem Treuhänder verschwiegen und nicht geltend gemacht und durchgesetzt.

In seiner eingangs genannten Entscheidung hat der BGH nunmehr entsprechend für den Fall des Vermächtnisses entschieden. Erst wenn der Schuldner das Vermächtnis, wie es das Gesetz vorsieht, auch wirksam angenommen hat, entsteht seine Obliegenheit, die Hälfte des Wertes des Vermächtnisses dann an den Treuhänder abzuführen bzw. ihn über die Entstehung des Vermächtnisanspruches zu informieren. Solange der Schuldner den Vermächtnisanspruch nicht geltend macht, komme nach dem Gesetz der Vermächtnisanspruch nicht zur Entstehung und es könnten demgemäß dem Schuldner auch insoweit keine Obliegenheiten treffen. Dabei nahm der BGH in Kauf, dass es dazu kommen könne, dass ein Schuldner erst nach Ende der Wohlverhaltensperiode und nach erfolgter Restschuldbefreiung einen Vermächtnis- oder Pflichtteilsanspruch geltend macht und seine Gläubiger demgemäß insoweit nicht mehr profitieren. Der BGH hat in seiner Entscheidung auch deutlich gemacht, dass in dieser Konstellation kein sogenanntes Verheimlichen eines Vermögenszuwachses vorliege, das zur Versagung der Restschuldbefreiung führen könne. Ein Verheimlichen könne nur dann vorliegen, wenn auch eine Rechtspflicht durch den Schuldner verletzt wird. Die Pflicht, einen in der Wohlverhaltensperiode eingetretenen Erbfall unaufgefordert schon zu einem Zeitpunkt beim Treuhänder oder dem Insolvenzgericht anzuzeigen, zu dem die Erbschaft oder ein Vermächtnis noch ausgeschlagen werden kann oder noch nicht feststeht, ob ein Pflichtteilsanspruch geltend gemacht wird, sähe die InsO nicht vor.

Fazit:  Zusammenfassend ist also festzuhalten, dass der Schuldner im Insolvenzverfahren erst dann insoweit Mitteilung an das Insolvenzgericht, den Insolvenzverwalter oder den Treuhänder zu machen hat, wenn endgültig rechtlich feststeht, dass ein derartiger erbrechtlicher Anspruch entstanden ist und auch durch den Schuldner geltend gemacht wird. Kommt es tatsächlich zum entsprechenden Vermögenszuwachs, ist dann selbstverständlich entsprechend der gesetzlichen Verpflichtung der hälftige Wert an den Treuhänder bzw. Insolvenzverwalter abzuführen. Es steht auch dem Schuldner im Insolvenzverfahren grundsätzlich frei, erbrechtliche Ansprüche geltend zu machen oder nicht.


RA Arno Wolf

Fachanwalt für Erbrecht

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