Der erpresserische Menschenraub und die tätige Reue

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Erpresserischer Menschenraub gemäß § 239a StGB 

Wegen erpresserischen Menschenraubs nach § 239a Abs. 1 StGB wird mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft, wer einen Menschen entführt oder sich eines Menschen bemächtigt, um die Sorge des Opfers um sein Wohl oder die Sorge eines Dritten um das Wohl des Opfers zu einer Erpressung (§ 253) auszunutzen, oder wer die von ihm durch eine solche Handlung geschaffene Lage eines Menschen zu einer solchen Erpressung ausnutzt.

Entführen ist dabei das Verbringen des Opfers an einen anderen Ort, an dem es dem ungehemmten Einfluss des Täters ausgesetzt ist. Eine bloße Ortsveränderung reicht für die Tathandlung des Entführens nicht aus, vielmehr muss sie auch zu einer Herrschaftsgewalt des Täters über sein Opfer führen. Herrschaftsgewalt erlangt etwa auch ein physisch überlegener und bewaffneter Täter, der sein Opfer zum Geldautomaten begleitet. Vorausgesetzt wird nicht, dass jegliche Schutz- oder Fluchtmöglichkeiten für das Opfer ausgeschlossen sind. Dabei kommt es auf die Art der eingesetzten Tatmittel nicht an. Auch durch die Anwendung von List kann Herrschaftsgewalt begründet werden. So beispielsweise, wenn der Täter das Opfer nur mit einer Scheinwaffe bedroht. Die Entführung muss außerdem ohne oder gegen den Willen des Tatopfers geschehen. So liegen ein tatbestandausschließendes Einverständnis und daher keine Entführung vor, wenn das Opfer seine Entführung gegenüber dem Erpressungsopfer nur vortäuscht, um das Lösegeld zu kassieren. Ein wirksames Einverständnis kann dagegen bei Opfern, die sich freiwillig als Ersatzgeisel anbieten, nicht vorliegen.

Sich-Bemächtigen meint das Erlangen einer anhaltenden physischen Herrschaft über die andere Person mit Gewalt, Drohung oder List. Das Opfer muss körperlich daran gehindert sein, frei über sich selbst zu bestimmen. Ausreichend dafür ist, wenn dem Opfer beispielsweise eine Schlinge um den Hals gelegt oder es mit einer Schusswaffe bedroht wird. Nicht erforderlich ist, dass das Opfer an einen anderen Ort gebracht wird. Es muss seine Lage auch nicht zwingend erkennen. Zudem muss eine Fluchtmöglichkeit für eine Bemächtigungslage nicht völlig ausgeschlossen sein.

Tätige Reue nach § 239a Abs. 3 StGB 

Die Strafe kann jedoch gemäß § 239a Abs. 4 StGB (in Verbindung mit § 49 Abs. 1 StGB) gemildert werden, wenn der Täter tätige Reue zeigt.

Bei einem erpresserischen Menschenraub liegt die tätige Reue gemäß § 239a Abs. 4 S. 1 StGB dann vor, wenn der Täter das Opfer in seinen Lebensbereich zurückgelangen lässt und zudem auf die erstrebte Leistung verzichtet, wobei er hierfür von der erhobenen Forderung vollständig Abstand nehmen muss. Freiwillig muss er dabei aber nicht handeln, auf die Motive des Täters kommt es folglich nicht an.

Auch der Bundesgerichtshof musste sich in seinem Beschluss vom 24. März 2020 (6 StR 18/20) mit dem Begriff der tätigen Reue näher auseinandersetzen.

In dem Fall hatte der später Geschädigte von dem Angeklagten 95 g Haschisch gekauft. Einige Tage später hatte der Angeklagte, zusammen mit dem Mitangeklagten, den Geschädigten dann unter einem Vorwand auf die Rückbank eines Autos gelockt und ihn während der darauffolgenden zweistündigen Fahrt unter der Drohung, ihn anderenfalls umzubringen, dazu aufgefordert, die Drogenschulden zu begleichen. Um der Forderung Nachdruck zu geben, nahmen sie ihm sein Handy weg und schlugen ihm mehrfach ins Gesicht. Außerdem drohte einer der Angeklagten dem Geschädigten zusätzliche Verletzungen mittels eines durch ein Feuerzeug erhitzen Radkreuzes aus Metall an. Der Geschädigte machte daher den Vorschlag, zu seinen in der Nähe wohnenden Eltern zu fahren und diese um Geld zu bitten. Vor Ort verlangten die Angeklagten dann unter dem falschen Hinweis, ihr Sohn habe ihnen wertvollen Goldschmuck gestohlen, vergeblich die Zahlung von 2.000 €. Beide verließen dann ohne den Geschädigten die Wohnung und nahmen von der weiteren Durchsetzung der Forderung Abstand.

Dem Bundesgerichtshof zufolge, liegen die Voraussetzungen der tätigen Reue gemäß § 239a Abs. 4 StGB hier vor. Die Angeklagten haben den Geschädigten in seinen Lebensbereich zurückgelangen lassen und zudem auf die erstrebte Leistung verzichtet, also von der erhobenen Forderung vollständig Abstand genommen. Da die Freiwilligkeit für die tätige Reue keine Voraussetzung sei, stehe der Annahme tätiger Reue vorliegend auch nicht entgegen, dass die Angeklagten lediglich in Anbetracht der Erkenntnis fehlender Erfolgsaussicht von dem Geschädigten abgelassen hatten.

Hilfe durch Fachanwalt für Strafrecht 

Dieser Beitrag wurde von Rechtsanwalt Dietrich erstellt. Rechtsanwalt Dietrich tritt bereits seit vielen Jahren deutschlandweit als Strafverteidiger auf. Wenn Ihnen vorgeworfen wird, sich wegen erpresserischem Menschenraub strafbar gemacht zu haben, können Sie unter den angegebenen Kontaktdaten einen Besprechungstermin mit Rechtsanwalt Dietrich vereinbaren. Alternativ können Sie Rechtsanwalt Dietrich auch eine E-Mail schreiben.


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