Der Gesellschafterstreit – ein Überblick

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„Wenn Gesellschafter streiten …“ – Ein Überblick über die rechtlichen Probleme beim Gesellschafterstreit

Es entspricht der wirtschaftlichen Realität, dass Unternehmen ab einer gewissen Größe heute in der Regel von einer Gesellschaft als Unternehmensträger geführt werden, wobei die Anteile an der Gesellschaft häufig ebenfalls von mehr als einer Person gehalten werden. Häufig hat die Beteiligung mehrerer Personen Vorteile, weil jeder der Beteiligten so seine besonderen Fähigkeiten, Erfahrungen oder finanziellen Mittel mit zum Erfolg des Unternehmens einbringen kann und hiervon aufgrund seiner Gesellschafterstellung auch direkt selbst profitiert.

Problematisch wird es erst dann, wenn zwischen den Gesellschaftern – aus welchen Gründen auch immer – in wichtigen Punkten keine Einigkeit mehr besteht, weil dieser Dissens über kurz oder lang Auswirkungen auf die Unternehmensführung und damit auf den Erfolg des Unternehmens haben wird.

Meiner persönlichen Erfahrung nach wird selten ein konkretes Ereignis allein den Bruch zwischen den Gesellschafter verursachen, sondern es entwickelt sich über die Zeit bei einem oder allen Beteiligten eine unterbewusste Unzufriedenheit über die Situation, die dann zum Ausbruch des Streits führt, sobald sich ein ausreichender Anlass bietet. Weil jedoch die Gesellschafter ihren Konflikt zuerst „an dem gegebenen Anlass“ abarbeiten, ohne den wirklichen (tieferliegenden) Grund anzugehen, können sie den Streit in der Regel nicht beilegen und die Situation droht zu eskalieren.

Dabei hat jeder Gesellschafterstreit – auch zwischen ansonsten rational handelnden Gesellschaftern – ein oft nicht für möglich erachtetes Eskalationspotential. Dennoch lohnt sich in vielen Fällen, in einer frühen Phase der Auseinandersetzung zu eruieren, ob eine Versöhnung zwischen den Parteien noch herbeigeführt werden kann. Dies ist von vorneherein nur dann ausgeschlossen, wenn der Konflikt tatsächlich ausschließlich auf das (Fehl-)Verhalten eines Gesellschafters zurückzuführen ist, und das Verhalten so schwer wiegt, dass eine weitere vertrauensvolle Zusammenarbeit nicht zu erwarten ist.

Die Masse von Einzelproblemen, die sich während eines Gesellschafterstreits ergeben können, ist nahezu unüberschaubar. In der forensischen – d.h. gerichtlichen – Praxis gibt es jedoch eine Reihe von Problemfeldern, die bei Streitigkeiten innerhalb einer bereits am Markt etablierten Gesellschaft regelmäßig auftreten und die ich nachfolgend kurz darstellen möchte. Die Darstellung bezieht sich auf die Rechtslage in der GmbH. Bei anderen Gesellschaftsformen, insbesondere den Personengesellschaften wie GbR, OHG und KG, gibt es teilweise nicht unerhebliche Abweichungen, so dass die folgenden Aussagen nicht übertragen werden können.

Rechte der Gesellschafter

Der Gesellschafter der GmbH hat kraft Gesetzes eine Reihe von Rechten, namentlich insbesondere

  • Vermögensrechte,
  • Teilhabe- und Mitbestimmungsrechte und
  • Informationsrechte

Vermögensrechte, also insbesondere das Recht auf Auszahlung des im Jahresabschlusses ausgewiesenen Gewinns, werden – anders z.B: bei Ausscheiden aus oder Liquidation der Gesellschaft – zu Beginn eines Gesellschafterstreits relativ selten streitig, allenfalls, wenn die übrigen Gesellschafter sich weigern, an der Feststellung des Jahresabschlusses mitzuwirken oder die Mehrheit der Gesellschafter versuchen, einen missliebigen Gesellschafter „auszuhungern“, indem Gesellschaftsgewinne nicht ausgeschüttet werden.

Teilhabe- und Mitbestimmungsrechte betreffen das Recht des Gesellschafters, zu Gesellschafterversammlung eingeladen zu werden, an diesen teilzunehmen und – sofern kein Stimmverbot gilt – mit abzustimmen. Da es um die Willensbildung innerhalb der Gesellschaft geht, bilden Rechtsstreite um die Wirksamkeit der Gesellschafterbeschlüsse einen Schwerpunkt der gerichtlichen Verfahren.

Insbesondere der Minderheitsgesellschafter hat im Streit mit der Mehrheit häufig das Problem, dass er keine Informationen mehr über das Geschäft der Gesellschaft erhält. Dies ist unzulässig und § 51b GmbHG gewährt dem Gesellschafter einen recht schnell durchsetzbaren Anspruch auf Information.

Teilhabe und Mitbestimmung in der Gesellschafterversammlung

Die Gesellschafterversammlung ist der Ort, an dem die Entscheidungen über die Strategie der Gesellschaft getroffen werden. Da die gesetzlichen Regelungen eher rudimentär sind, enthält jede bessere GmbH-Gesellschaftsvertrag Regelungen über die Gesellschafterversammlung, in der Einzelheiten bezüglich Einladung, Sitzungsleitung und Abstimmungsverfahren geregelt sind. Leider zeigt die Praxis, dass schon die Formulierung der vertraglichen Regelungen oftmals nicht so klar ist, dass sie im Gesellschafterstreit für eine Seite Rechtssicherheit gewährt. Vielmehr muss der Inhalt vieler Regelungen erst durch Auslegung ermittelt werden, was wegen der notwendigen Wertungen durch den Rechtsanwender – im Streitfall also das Gericht – zur Rechtsunsicherheit beiträgt.

Die Erfahrung besagt, dass die gesetzlichen und satzungsgemäßen Anforderungen an die Durchführung der Gesellschafterversammlung in kleinen und mittelständisch geprägten Unternehmen in der Regel entweder nicht bekannt sind oder nicht beachtet werden. In „funktionierenden“ Gesellschaften wird z.B. häufig nach vorheriger informeller Abstimmung eines Termins per E-Mail geladen und nur in Ausnahmefällen eine formelle Tagesordnung erstellt und übersandt. In der Praxis werden auch vielfach Abstimmungen im Umlaufverfahren oder per E-Mail durchgeführt, auch wenn die Satzung dies nicht vorsieht.

Dies Vorgehen hat keine Auswirkungen, solange die Gesellschafter alle an einem Strang ziehen, weil dann die alte Weisheit gilt, dass es ohne Kläger keinen Richter gibt. Gibt es jedoch Streit in der Gesellschaft, so wird dieser Konflikt in jedem Fall Auswirkungen auf den Inhalt und Ablauf der Gesellschafterversammlung haben, und der in der Abstimmung Unterlegene wird geneigt sein, das ihn „benachteiligende“ Ergebnis anzugreifen.

Das Gesetz sieht hierfür in analoger Anwendung der aktienrechtlichen Vorschriften die Anfechtungs- und die Nichtigkeitsfeststellungsklage vor. Hintergrund ist eine vom Gesetz vorgenommene Differenzierung. Wenn ein Beschluss unter einem der in § 241 AktG genannten (schwerwiegenden) Mängel leidet, so ist der so zustande gekommene Beschluss nichtig und darf von der Gesellschaft nicht befolgt werden. Der benachteiligte Gesellschafter kann die Nichtigkeit durch das Gericht feststellen lassen, weil es keine Einigkeit darüber gibt, ob ein nichtiger Beschluss vorliegt. Alle nicht im Katalog des § 241 AktG aufgenommenen Mängel führen nur zur Anfechtbarkeit des betreffenden Beschlusses, d.h. der benachteiligte Gesellschafter muss innerhalb einer Frist von einem Monat nach der Beschlussfassung Anfechtungsklage zum Landgericht erheben, ansonsten wird der Beschluss wegen Fristablaufs wirksam.

Im Klageverfahren prüft das Gericht, ob der Beschluss formell und materiell ordnungsgemäß zustande gekommen ist. Häufig wird den Gesellschaftern erst im Klageverfahren bewusst, dass Satzung und Gesetz bestimmte formelle Voraussetzungen für das Verfahren der Beschlussfassung vorsehen. So ordnet das GmbHG z.B. an, dass die Einladung zur Gesellschafterversammlung durch eingeschriebenen Brief erfolgen muss, sofern die Satzung nichts Abweichendes feststellt. wobei nach h.M. ein Einwurf-Einschreiben nicht ausreicht. Schweigt also die Satzung zur Form der Einladung, muss zu jeder Gesellschafterversammlung per Einschreiben geladen werden. Da die nicht ordnungsgemäße Ladung im Katalog des § 241 AktG genannt ist, reicht ein Verstoß gegen diese Formvorschrift für die Nichtigkeit aller in der Gesellschafterversammlung gefassten Beschlüsse aus. Auf die materielle Rechtslage des Beschlussinhalts kommt es dann nicht an.

Derartige Fallstricke in der Gesellschafterversammlung sind vielzählig, insbesondere, weil die meisten Satzungen hierzu unglücklich formuliert sind, sodass sich ein großes Fehlerpotential ergibt. Daher bietet es sich in jedem Fall an, sich bei der Vorbereitung von Gesellschafterversammlungen, in denen ein Streit erwartet wird, anwaltlich beraten zu lassen.

Ausschluss von Gesellschaftern

Ist eine erfolgreiche oder auch nur zumutbare Zusammenarbeit zwischen den Gesellschaftern für die Zukunft nicht mehr zu erwarten, so erlaubt das Gesetz unter gewissen weiteren Voraussetzungen, dass ein oder mehrere Gesellschafter aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden. In der Praxis sehen Satzungen meist zwei Wege – die dogmatisch unterschiedlich sind, jedoch zum gleichen Ergebnis führen – nämlich die Einziehung des Gesellschaftsanteils des betroffenen Gesellschafters oder der Ausschluss des Gesellschafters vor. Möglich aber seltener auch die Zwangsabtretung des Geschäftsanteils und die gesetzlich vorgesehene Erhebung einer Auflösungsklage.

Mit Ausnahme der Auflösungsklage ist Voraussetzung, dass die Satzung das gewählte rechtliche Vorgehen vorsieht und dass die entsprechende Klausel wirksam ist. Dies setzt kurz zusammengefasst voraus, dass demjenigen, der gehen muss, ein schweres Fehlverhalten anzulasten ist, aufgrund dessen sein Verbleib für die übrigen Mitgesellschafter unzumutbar ist – dies meist, weil eine gedeihliche Zusammenarbeit nicht mehr erwartet werden kann. Als Negativmerkmal wird u.a. häufig verlangt, dass den verbleibenden Gesellschaftern kein eigenes Fehlverhalten vorzuwerfen ist.

Die Einzelfragen sind diffizil und hängen sehr vom Einzelfall – also den vertraglichen Voraussetzungen und dem Sachverhalt – ab. Insbesondere Beschlüsse über die Ausschließung eines Gesellschafters sind sehr fehleranfällig und bedürfen einer sorgsamen Vorbereitung, in der Regel unter Mitwirkung eines erfahrenen Rechtsanwalts.

Abberufung des Geschäftsführers

Insbesondere in kleineren Gesellschaften, in denen die Gesellschafter gleichzeitig Geschäftsführer sind, kommt es häufig während der Auseinandersetzung zur Abberufung der jeweils anderen Seite als Geschäftsführer. Dabei gilt der Grundsatz, dass der Geschäftsführer einer GmbH jederzeit abberufen werden kann, ohne dass es auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes ankommt. Einschränkungen gibt es, wenn die Satzung die Abberufung von weiteren Voraussetzungen abhängig macht, wenn ein Gesellschafter-Geschäftsführer abberufen werden soll oder wenn es sich um eine mitbestimmte GmbH handelt.

Besteht die Möglichkeit, dass die Abberufung unwirksam sein könnte, so ist häufig Eile geboten, um im Wege des Einstweiligen Rechtsschutzes zu verhindern, dass die Abberufung im Handelsregister eingetragen wird und somit wenigstens vorübergehend Fakten geschaffen werden.

Sollten Sie Fragen zum Thema Gesellschafterstreit haben, so stehe ich Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

RA Heiko Effelsberg, LL.M.

Fachanwalt für Versicherungsrecht


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