Der Versorgungsausgleich bei einer Ehescheidung im Ausland, der Scheidung von zwei Ausländern und bei Kurzehe

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Immer wieder wird an uns in drei verschiedenen Konstellationen die Frage herangetragen, ob die Durchführung des Versorgungsausgleichs auch dann möglich ist, wenn eine Ehescheidung

  1. im Ausland stattgefunden hat,
  2. in Deutschland zwei Ausländer geschieden werden und
  3. - ohne Auslandsbezug - wenn es sich um eine sogenannte Kurzehe mit einer Ehezeit von unter drei Jahren handelt.

In allen drei Fällen kann man zunächst davon ausgehen, dass der Versorgungsausgleich jedenfalls nicht von Amts wegen durchgeführt wird wie in den sonstigen Fällen. Zudem kann eine ausschließende oder abändernde ehevertragliche Regelung vorliegen, mit welcher man einvernehmlich eine vom Gesetz abweichende Regelung getroffen hat. 

Dies ergibt sich aus Folgenden gesetzlichen Bestimmungen:

Artikel 17 Abs. 4 EGBGB besagt:

(4) 1Der Versorgungsausgleich unterliegt dem nach der Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 auf die Scheidung anzuwendenden Recht; er ist nur durchzuführen, wenn danach deutsches Recht anzuwenden ist und ihn das Recht eines der Staaten kennt, denen die Ehegatten im Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags angehören. 2Im Übrigen ist der Versorgungsausgleich auf Antrag eines Ehegatten nach deutschem Recht durchzuführen, wenn einer der Ehegatten in der Ehezeit ein Anrecht bei einem inländischen Versorgungsträger erworben hat, soweit die Durchführung des Versorgungsausgleichs insbesondere im Hinblick auf die beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse während der gesamten Ehezeit der Billigkeit nicht widerspricht.

§ 3 Abs. 3 VersAusglG besagt:

(3) Bei einer Ehezeit von bis zu drei Jahren findet ein Versorgungsausgleich nur statt, wenn ein Ehegatte dies beantragt.

Die Ehezeit beginnt gemäß § 3 Abs. 1 VersAusglG mit dem ersten Tag des Monats, in dem die Ehe geschlossen worden ist und endet am letzten Tag des Monats vor Zustellung des Scheidungsantrags. Es kommt also nicht auf die Zeit an, in der man gesetzlich verheiratet ist und wann man rechtskräftig geschieden wurde, sondern darauf, ob vom Monat der Eheschließung bis zum Monat vor Zustellung des Scheidungsantrags an den Gegner 36 Monate vergangen sind.

Alle drei aufgezählten Fälle haben eines gemeinsam: der gesetzliche Versorgungsausgleich, also die Teilung der Anrechte der Ehegatten der verschiedenen Formen der Altersvorsorge (gesetzliche Rente, betriebliche Rente, private Rentenvorsorge) die mindestens einer der Ehegatten in der Ehezeit bei einem inländischen Versorgungsträger erworben hat, findet nur dann statt, wenn einer der Ehegatten - dies sollte dann aus anwaltlicher Sicht der vermutlich Ausgleichsberechtigte sein - einen entsprechenden Antrag auf Durchführung des Versorgungsausgleichs beim zuständigen Familiengericht stellt.

Dieser Antrag kann allerdings, und das wissen viele Betroffene nicht, nicht nur im (in Deutschland) laufenden Scheidungsverfahren gestellt werden, sondern isoliert auch unabhängig davon und somit nach Durchführung des Scheidungsverfahrens als eigenständiges Verfahren. Der Vorteil hierbei ist, dass die Ehescheidung wesentlich schneller durchgeführt werden kann, da die Versorgungsanwartschaften nicht berechnet werden müssen. Viele Ehen werden weit vor dem Rentenalter geschieden, sodass sich der Versorgungsausgleich auch nicht unmittelbar finanziell auf die Ehegatten auswirkt, wie beispielsweise bei einem Rentner. Auf Deutsch gesagt heißt das, man kann sich prinzipiell mit der Durchführung des Versorgungsausgleichs auch Zeit lassen.

Bei einer Ehescheidung von binationalen Ehen, einer Scheidung von Ehen von deutschen Staatsbürgern oder der Scheidung einer Ehe von zwei Ausländern im Ausland wird ohnehin vom ausländischen Familiengericht kein Versorgungsausgleich durchgeführt, da in den meisten Ländern ein solcher Ausgleich nicht bekannt ist und dort auch die in Deutschland bestehenden Anrechte nicht berücksichtigt werden können.

Wird kein Antrag beim deutschen Familiengericht gestellt, heißt dies nicht, dass auf den Versorgungsausgleich verzichtet wird. Der Verzicht auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs bedarf nämlich gemäß § 7 VersAusglG jedenfalls nach deutschem Recht einer gesonderten formbedürftigen Erklärung beider Ehegatten entweder durch einen notariellen Ehevertrag oder mithilfe der beiden verfahrensbevollmächtigten Anwälte der Ehegatten im Gerichtsverfahren.

Ein Antrag auf Durchführung des Versorgungsausgleichs kann sogar jederzeit ohne Verfristung oder Verjährung in einem isolierten Verfahren gestellt werden. Rein vorsorglich muss jedoch der Hinweis erteilt werden, dass dies nicht für alle sogenannten Folgesachen gilt. Ansprüche auf Zugewinnausgleich beispielsweise unterliegen der regelmäßigen Verjährung von drei Jahren ab Rechtskraft der Ehescheidung. Hier muss man sich also innerhalb von drei Jahren um eine entsprechende Klärung bemühen und gegebenenfalls auch die Ansprüche gerichtlich einfordern.

Den oben genannten Fall, dass kein Versorgungsausgleich von Amts wegen durchgeführt wird, hat man beispielsweise grundsätzlich, wenn die Eheleute sich wirksam in Thailand oder einem anderen Ausland haben scheiden lassen, welches per se schon keinen Versorgungsausgleich kennt. Auch für diesen Fall kann also jeder Ehegatte isoliert beim deutschen Familiengericht die Durchführung des Versorgungsausgleichs beantragen, so der BGH mit Beschluss vom 20.12.2006 - XII ZB 64/03.

Der Antrag ist wie bereits geschildert auch nicht an eine Frist gebunden. Eine Verjährung nach § 194 Abs. 2 BGB ist ausgeschlossen, wie das OLG Karlsruhe in seinem Beschluss vom 04.07.2001 – 2 UF 195/22 - klargestellt hat. 

Diesen Antrag kann der betroffene Ehegatte jederzeit mindestens bis zur Rente nachholen. Ratsam ist selbstverständlich, dies rechtzeitig zu tun, denn von einer Erhöhung der Rente profitiert der ausgleichsberechtigte Ehegatte erst zwei Monate nach rechtskräftiger Durchführung des Versorgungsausgleichsverfahrens selbst dann, wenn er schon eine Rente bezieht. Bei einer zu späten Beantragung schadet man sich also finanziell gegebenenfalls selbst.

Für die isolierte Durchführung eines Versorgungsausgleichsverfahrens nach rechtskräftiger Ehescheidung besteht nicht einmal ein Anwaltszwang, da dieser nur vorgesehen ist bei Folgesachen im Verbund, so das Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 22.07.2010 - 10 UF 63/10. 

Empfehlenswert ist allerdings trotzdem, die Angelegenheit einem Anwalt zu übertragen, da es mitunter doch um recht hohe Beträge gehen kann.

Sollten Sie Fragen zu dem Thema haben, stehen wir Ihnen gern für eine Erstberatung zur Verfügung.

BGH, Beschluss vom 20.12.2006 - XII ZB 64/03

Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 22.07.2010 - 10 UF 63/10

Nicole Rinau

Rechtsanwältin

Fachanwältin für Familienrecht

Fachanwältin für Sozialrecht

Foto(s): @buemlein


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