Die beharrliche Weigerung eine Maske zu tragen - Fristlose Kündigung!

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Außerordentliche Kündigung 

Fall: Außerordentliche Kündigung eines Grundschullehrers wegen Verweigerung der Maskenpflicht

Urteil des LAG Berlin-Brandenburg vom 07.10.2021, Az: 10 Sa 867/21

Seit der Corona-Pandemie stellt sich zunehmend die Frage, wie mit dem Verhalten von Mitarbeitenden umzugehen ist, wenn sie sich weigern, die verordneten Corona-Maßnahmen umzusetzen. Im Besonderen im Arbeitsrecht werden sich in Zukunft die Arbeitsgerichte mit den dabei aufkommenden Rechtsfragen befassen müssen.

Im vorliegenden Fall hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg eine ausgesprochene außerordentliche Kündigung eines Grundschullehrers mitunter wegen der Verweigerung des Tragens eines Mund-Nasen-Schutzes für wirksam erklärt.

Was ist passiert? 

  • Bei dem Kläger handelt es sich um einen 64 Jahre alten Grundschullehrer, der seit März 2014 beim Land Brandenburg an verschiedenen Schulen beschäftigt war.

Seit Beginn des Schuljahres 2020/21 wurden die Lehrkräfte sowie die Schüler*innen nach der geltenden Verordnung des Landes Brandenburg verpflichtet, in den Innenbereichen der Schulen außerhalb des Unterrichts einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen.

Der Kläger wandte sich in einer E-Mail an die Elternvertreterin der Schule und führte unter anderem aus, dass die Maskenpflicht der Kinder „Nötigung, Kindesmissbrauch, ja sogar vorsätzliche Körperverletzung“ bedeute. Zudem teilte er mit, dass er bereits Strafanzeige gegen die Bildungsministerin in Brandenburg gestellt habe. Er zweifelte zudem an der Geeignetheit der Masken, Viren abhalten zu können.

Unter Anwesenheit des Klägers erfolgte ein Dienstgespräch mit dem Schulrat und der Leiterin der Rechtsstelle, in dem ihm die Möglichkeit eröffnet wurde, sich gegenüber der Elternvertreterin von der E-Mail zu distanzieren. Andernfalls sähe sich die Schulleitung gezwungen, die Voraussetzungen einer außerordentlichen bzw. ordentlichen Kündigung zu prüfen.

Daraufhin leitete der Kläger insbesondere allen Lehrkräften der Grundschule eine E-Mail an die Elternvertreterin weiter, in der er ihr vorwarf, sich weder um das Wohl der Kinder an der Schule, noch um das Wohl ihres eigenen Kindes zu sorgen. Zudem forderte der Kläger die Eltern auf, mit einem vorformulierten Schreiben gegen die Schule vorzugehen. Dabei zog er zwei Parallelen zur deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts.

Im Anschluss erschien der Kläger zu einem weiteren Gespräch ohne Mund-Nasen-Bedeckung. Ein angekündigtes Attest zur Befreiung von der Maskenpflicht legte der Kläger erst später vor. Das Attest stammte von einem Arzt mehrere 100 km vom Wohnort des Klägers entfernt und beurkundete ein Datum, an dem der Kläger selbst im Unterricht tätig war. Das Land stellte fest, dass der Kläger dieses zuvor im Internet für 30 Euro bestellt hatte.

Mit Schreiben vom 17.09.2020 kündigte das Land Brandenburg das Arbeitsverhältnis zunächst außerordentlich fristlos, sowie ordentlich fristgerecht aus verhaltensbedingten Gründen.

Der Kläger erhob form- und fristgerecht Kündigungsschutzklage.

Was hat das Gericht geprüft?

Im Rahmen der sog. zweistufigen Prüfung bei außerordentlichen Kündigungen muss zunächst ein wichtiger Grund nach § 626 I BGB vorliegen. Der vorgetragene Sachverhalt des Arbeitgebers muss demnach grundsätzlich erst einmal eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen können. Im zweiten Schritt erfolgt dann eine Interessenabwägung im Einzelfall. Dem Arbeitgeber muss die Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist einer ordentlichen Kündigung im konkreten Fall unzumutbar sein.

Wie hat die Vorinstanz entschieden? 

Das Arbeitsgericht Brandenburg an der Havel hat die Kündigungen als unwirksam angesehen, da der Beklagte den Kläger zuvor hätte abmahnen müssen. Allerdings hat das Arbeitsgericht das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 2.800 EUR aufgelöst, da die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses den Betriebszwecken nicht mehr dienlich sei.

Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt.

Wie hat das Gericht entschieden? 

Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg war die außerordentliche Kündigung wirksam und damit auch die Berufung des Landes Brandenburg begründet.

Der Kläger hat mit seinen öffentlichen Äußerungen die Grenzen der Meinungsäußerung eindeutig überschritten. Sie stellten bereits Schmähkritik dar, bei der die Diffamierung der Elternsprecherin im Vordergrund stehe. Dieses Verhalten müsse das Land Brandenburg nicht dulden.

Einer weiteren Abmahnung bedurfte es nicht, da der Kläger zu dem aufgeforderten Verhalten nicht bereit sei und diese damit aussichtlos sei.

Im Rahmen der Interessenabwägung sprachen keine Gründe zu Gunsten des Klägers. Sein Einwand, er habe nur im Interesse der Schulkinder gehandelt, war seinem konkreten Verhalten nicht zu entnehmen. Er unterbreitete weder Vorschläge für ein Hygienekonzept, noch brachte er seine Zweifel in den dafür vorgesehenen Gremien vor. Für den Kläger bestand die Möglichkeit gegen die entsprechende Verordnung im verwaltungsrechtlichen Sinne vorzugehen. Solange die Verordnung noch gelte, habe er sich an diese zu halten.

Die Vorlage des Attestes führte nicht zur wirksamen Befreiung des Klägers von der Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes. Für die Glaubhaftmachung zur Befreiung von der Maskenpflicht ist ein qualifiziertes ärztliches Attest erforderlich. Ein ärztliches Attest kommt zwar eine hohe Aussagekraft zu. Allerdings stammte das Attest im vorliegenden Fall von einem mehrere 100 km vom Wohnort des Klägers entfernten Hausarzt mit einem Ausstellungstag, an dem der Kläger selbst im Unterricht tätig war. Zur Glaubhaftmachung wäre notwendig gewesen, dass das Attest selbst die Art der Untersuchung nennt.

Das Landesarbeitsgericht hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht nicht zugelassen.

Foto(s): 560506_original_R_by_Markus Walti_pixelio.de

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