Die private Stiftung im Erbstreit um das Milliardenerbe von Heinz Hermann Thiele
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Von Maximilian Graf von Montgelas, Rechtsanwalt & Dr. Christian Ruso, FA für Steuerrecht
Der 2021 verstorbene Unternehmer Heinz Hermann Thiele hinterließ ein Vermögen von rund 17 Milliarden Euro, das vor allem aus seinen Beteiligungen an Knorr Bremse, Vossloh und Lufthansa bestand. Sein Testament sieht vor, dass der Großteil dieses Vermögens in eine private Stiftung übergeht, die er zu Lebzeiten gegründet hat. Seine Ehefrau Nadia Thiele ist als Vorerbin und die Stiftung als Nacherbin eingesetzt. Sein Sohn Henrik Thiele hat auf seinen Pflichtteil verzichtet, will diesen Verzicht nun aber gerichtlich anfechten. Was sind die rechtlichen Hintergründe und Folgen dieses Erbstreits?
Die private Stiftung ist eine Rechtsform, die es dem Stifter ermöglicht, sein Vermögen einem bestimmten Zweck zu widmen und damit über seinen Tod hinaus zu gestalten. Der Stifter kann in der Stiftungssatzung frei bestimmen, wie das Stiftungsvermögen verwaltet und verwendet werden soll. Er kann auch Begünstigte bestimmen, die von der Stiftung unterstützt werden sollen, z.B. seine Familie oder gemeinnützige Organisationen. Die Stiftung ist eine vom Stifter unabhängige juristische Person. Sie wird von einem oder mehreren Stiftungsorganen, z.B. einem Vorstand oder einem Kuratorium, verwaltet.
Die private Stiftung hat für den Stifter mehrere Vorteile, die auch im Fall Thiele eine Rolle gespielt haben dürften. Zum einen kann er sein Vermögen vor einer Zersplitterung oder Veräußerung durch die Erben schützen. Zweitens kann er die Erbschaftsteuerbelastung minimieren, da die Stiftung nur einmal bei der Errichtung besteuert wird und danach nur alle 30 Jahre der Erbschaftsteuer unterliegt. Drittens kann er Pflichtteilsansprüche seiner Erben reduzieren oder ausschließen, indem er sie als Begünstigte der Stiftung einsetzt oder sie durch eine Vorerbschaft bindet.
Die Vorerbschaft ist eine erbrechtliche Gestaltung, die es dem Erblasser erlaubt, einen Erben zunächst nur vorläufig einzusetzen, bis ein bestimmter Zeitpunkt eintritt oder eine bestimmte Bedingung erfüllt ist. Danach geht die Erbschaft auf einen anderen Erben, den Nacherben, über. Der Vorerbe kann nur eingeschränkt über den Nachlass verfügen, er darf ihn beispielsweise nicht verkaufen oder verschenken. Der Nacherbe hat ein Anwartschaftsrecht auf den Nachlass, dass er gegen den Vorerben geltend machen kann.
Im Fall Thiele hat er seine Ehefrau als Vorerbin und die Stiftung als Nacherbin eingesetzt. Damit hat er seine Ehefrau an sein Vermögen gebunden und ihr die Verfügung darüber weitgehend entzogen. So kann sie beispielsweise nicht über die Unternehmensanteile verfügen, die in die Stiftung eingebracht werden sollen. Die Stiftung hat einen Anspruch darauf, dass das Vermögen ungeschmälert auf sie übergeht, wenn der Erbfall eintritt. Dies kann z.B. der Tod der Vorerbin oder ein anderer in der Stiftungssatzung festgelegter Zeitpunkt sein.
Mit dieser Regelung ist die Ehefrau von Thiele offenbar nicht einverstanden. Sie hat gegen die Anerkennung der Stiftung durch die Regierung von Oberbayern, die im April 2023 erfolgte, Klage erhoben. Sie argumentiert, dass die Stiftung nicht dem Willen ihres Mannes entspreche, sondern von seinem Testamentsvollstrecker Robin Brühmüller beeinflusst worden sei. Brühmüller ist ein langjähriger Vertrauter Thieles und soll laut Testament 1,5 Prozent des Vermögens als Vergütung erhalten. Die Ehefrau hält diese Vergütung für zu hoch und will sie gerichtlich herabsetzen lassen. Sie stellte einen Eilantrag, um die Anerkennung der Stiftung bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren auszusetzen. Diesen Eilantrag lehnte das Verwaltungsgericht München jedoch mit der Begründung ab, die Ehefrau könne keine Rechtsverletzung geltend machen. Sie habe keinen Anspruch auf Nichtanerkennung der Stiftung, da sie als Vorerbin nicht in ihren Rechten verletzt sei. Die Entscheidung in der Hauptsache steht noch aus.
Der Sohn Thieles, Henrik Thiele, hat ebenfalls gegen die Stiftung geklagt. Er hatte zu Lebzeiten seines Vaters auf seinen Pflichtteil in Höhe von einem Achtel des Vermögens verzichtet. Diesen Verzicht will er nun für unwirksam erklären lassen, da er auf Druck seines Vaters erfolgt sei. Er wirft seinem Vater vor, ihn vernichten und aus dem Unternehmen drängen zu wollen. Er erhob Klage gegen die Ehefrau und den Testamentsvollstrecker, um seinen Pflichtteil zu erhalten. Diese Klage wurde jedoch vom Landgericht München für unzulässig erklärt, da der Sohn seinen Verzicht wirksam erklärt habe. Er sei anwaltlich beraten und über die Folgen seines Verzichts belehrt worden. Der Sohn will gegen die Entscheidung Berufung einlegen.
Der Erbstreit um das Milliardenerbe Thiele ist damit noch lange nicht beendet. Er zeigt, wie komplex und konfliktträchtig die Privatstiftung als Instrument der Unternehmensnachfolge sein kann. Sie bedarf einer sorgfältigen Planung und Gestaltung, um den rechtlichen und steuerlichen Anforderungen gerecht zu werden. Sie erfordert aber auch eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Stifter, Stiftungsvorstand und Unternehmensführung. Und schließlich bedarf es einer klaren Kommunikation mit der Familie und den Erben, um Konflikte und Enttäuschungen zu vermeiden.
Die Privatstiftung ist daher eine Option, die jeder Unternehmer in Betracht ziehen sollte, der sein Unternehmen langfristig sichern und gestalten möchte. Wir beraten Sie gerne in allen Fragen rund um die Privatstiftung und die Unternehmensnachfolge. Kontaktieren Sie uns für ein unverbindliches Erstgespräch. Wir freuen uns auf Sie.
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