Die typischsten Fehler und Irrtümer bei Berufsunfähigkeitsabsicherung in der bAV, Direktversicherung & Co

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In verschiedenen Rechtstipps habe ich bereits auf Haftungsprobleme in Zusammenhang mit Berufsunfähigkeitsabsicherung in der betrieblichen Altersversorgung hingewiesen. Grundlage ist immer die Haftung des Arbeitgebers nach § 1 Abs 1 Satz 3 BetrAVG auch bei mittelbarer Durchführung. Ohne Not sollte diese niemand auf Berufsunfähigkeit ausweiten.
Aus diesem Grund sollte das Thema Berufsunfähigkeit auch aus der betrieblichen Altersversorgung – unabhängig, ob Direktversicherung, Pensionskasse, Pensionsfond, Unterstützungskasse oder Direktzusage - herausgehalten werden.

Heute möchte ich in diesem Rechtstipp eine Zusammenstellung der typischsten Fehler und Irrtümer geben.

1. Begriff der Berufsunfähigkeit

Das Betriebsrentengesetz kennt den Begriff Berufsunfähigkeit als solchen nicht. Das BetrAVG spricht von Invalidität. Deshalb ist es zwingend, genaue Definitionen der Berufsunfähigkeit vorzunehmen, regelmäßig in Anlehnung an das SGB. Alternativ auch an klare Bedingungen einer Versicherung, die unmissverständlich zu übernehmen sind. Auch wenn eine Rückdeckung erst der zweite Schritt ist, werden die genauen Bedingungen hier bereits bei der Zusage benötigt, einschließlich der Sicherheit, ob die Gesellschaft den Antrag bedingungslos annimmt.

2. Fehler im Versicherungsantrag durch fehlende oder falsche Angaben

In der Praxis gibt es eine Vielzahl von Fallstricken beim Ausfüllen des Versicherungsantrags. Auch die Hinweise der Vermittler sind nicht immer richtig, wenn z. B. empfohlen wird, Rückenschmerzen nicht anzugeben, da es ein Volksleiden sei.
Die Versicherung hat hier schnell einen Ablehnungsgrund zur Hand, aber der Arbeitgeber ist regelmäßig an seine Zusage gebunden.

3. Ausschlüsse von Krankheiten

Ausschlüsse von Krankheiten wie ein Bandscheibenproblem erfolgen regelmäßig erst nach der Zusage und bleiben in der Zusage damit in der Regel unberücksichtigt.
Der Arbeitger trägt die Leistung alleine, wenn aus diesem Grund Berufsunfähigleit eintritt, die Versicherung verweigert zu Recht.

4. Kongruenz und Verweisung zwischen Zusage und Versicherungsvertrag

Mit dem Hinweis auf Kongruenz zwischen Zusage und Versicherungsvertrag werden Arbeitgeber häufig beruhigt.
In der Praxis passieren hier aber eine Reihe von Fehlern.
Die Nichtleistung einer Versicherungsgesellschaft kann verschiedene Gründe haben. Auch Verschulden muss jemandem zugeordnet werden. Wenn der Mitarbeiter richtige Angaben macht gegenüber seinem Arbeitgeber, dessen Vermittler jedoch etwas kürzt und relativiert, muss der Arbeitnehmer sich das kaum zurechnen lassen. Wenn in der Zusage auf eine Versicherungsgesellschaft verwiesen wird, aus verschiedendn Gründen aber eine andere Versicherungsgesellschaft eingesetzt wird, kann dies ebenfalls problematisch sein. Schließlich wird es eine Rolle spielen, wie genau und eindeutig die Zusage und die ergänzenden Unterlagen formuliert sind. Eine Haftung des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer entsteht schnell.

5. Beitragsfreie Zeiten bei Krankheit

Über die Problematik, die entstehen kann, wenn bei längerer Krankheit und auslaufender Lohnfortzahlung die Prämienzahlungen gestoppt werden, habe ich in einem aktuellen Rechtstipp bereits hingewisen. Die Versicherung wird regelmäßig von einer Leistungspflicht frei, der Arbeitgeber ist weiter in der Verpflichtung und haftet in der Regel in vollem Umfang.

Siehe hierzu: https://www.anwalt.de/rechtstipps/arbeitgeberhaftung-bei-direktversicherung-mit-berufsunfaehigkeit-in-der-bav_186565.html


6. Berufsunfähigkeit in der Unterstützungskasse

Die Unterstűtzungskasse kennt bei Ausscheiden kein versicherungsvertragliches Verfahren, bei dem der Arbeitgeber von seinen Pflichten befreit wird.
Eine Übernahme des Vertrags dürfte bei gut beratenen Folgearbeitgebern ebenfalls ausgeschlossen sein. Scheidet ein Arbeitnehmer slso aus und wird später berufsunfähig hat, er noch Ansprüche auf BU-Leistungen, zumindest seiner Dienstzeit entsprechend. Die Versicherung leistet nach Beitragsfreistellung aber regelmäßig nicht mehr.
Der frühere Arbeitgeber bleibt somit weiterhin in der Haftung.
(siehe hierzu auch: https://www.anwalt.de/rechtstipps/haftung-des-arbeitgebers-in-der-betrieblichen-altersversorgung-und-minimierungsstrategien_185184.html)

7. Begriffe Berufsunfähigkeit und Erwerbsunfähigkeit

Die Begriffe des Versicherungsrechts unterscheiden sich erheblich. In der Praxis passieren hier häufig Fehler.
Ungedeckte Ansprüche und Arbeitgeberhaftung sind eine häufige Folge.

8. Empfehlung

Auch bei professioneller Formulierung und Gestaltung der Verträge lässt sich zwar viel relativeren und die Haftung signifikant reduzieren, eine 100 % Sicherheit kann allerdings niemand geben. Die Rechtsprechung schützt häufig Arbeitnehmer mehr als den Arbeitgeber.
Die Notwendigkeit einer Versorgungsordnung wird gerade durch dieses Problem deutlich.

Attraktive Systeme der betrieblichen Altersversorgung lassen sich auch ohne Invaliditätsleistung gestalten.
Versicherungsfreie Modelle wie die pauschaldotierte Unterstützungskasse beweisen dies täglich mit Teilnahmequoten von 80 % bis 100 %.

Gerne stehe ich Ihnen für Ihre Fragen zur Verfügung.

Weitere Rechtstipps im Kontext:
https://www.anwalt.de/rechtstipps/die-pauschaldotierte-unterstuetzungskasse-ein-derzeit-wieder-stark-nachgefragter-durchfuehrungsweg_180957.html

https://www.anwalt.de/rechtstipps/die-unternehmenseigene-bank-mit-dem-mitarbeitersparbuch_186198.html

https://www.anwalt.de/rechtstipps/die-25-groessten-bav-fehler-und-maengel-der-betrieblichen-altersversorgung-in-versorgungswerken_185712.html

https://www.anwalt.de/rechtstipps/die-20-groessten-irrtuemer-der-arbeitgeber-in-der-betrieblichen-altersversorgung_185244.html


Foto(s): AUTHENT

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