Disziplinarverfahren (Bindungswirkung) – Soldaten der Bundeswehr

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Der vorliegende Rechtstipp befasst sich mit der Bindung der Wehrdienstgerichte an die tatsächlichen Feststellungen der Strafgerichte. In der Praxis werden die Folgen von Straftaten von Soldaten häufig mit dem rechtlich unzutreffenden und irreführend bezeichneten „zivilen Verfahren“  völlig unterschätzt. Betroffene Soldaten sollten bereits unmittelbar nach Begehung einer Straftat einen Strafverteidiger mit fundierten Erfahrungen im Wehrrecht konsultieren.

Legalitätsprinzip

Die Wehrdisziplinaranwaltschaft unterliegen dem Legalitätsprinzip: Die Entscheidung, das Dienstvergehen bei Truppendienstgericht anzuschuldigen, hängt davon ab, ob die Einleitungsbehörde das gerichtliche Disziplinarverfahren eingestellt hat oder  nicht.

Bindung an tatsächliche Feststellungen anderer Entscheidungen

Die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren oder Bußgeldverfahren, auf denen die Entscheidung beruht, sind im gerichtlichen Disziplinarverfahren, das denselben Sachverhalt zum Gegenstand hat gemäß § 84 WDO für die Einleitungsbehörde, den Wehrdisziplinaranwalt und das Wehrdienstgericht bindend.

Lösungsbeschluss (§ 84 Abs. 1 S. 2 WDO)

Die Wehrdienstgerichte können sich von den Feststellungen lösen, wenn die Kammer dies gemäß § 84 Abs. 1 S. 2 WDO einstimmig beschließt.

Dies bedeutet, dass die Verteidigung hinsichtlich des Ablaufs der Tat, die sogenannten Sachverhaltsfeststellungen, abgeschlossen ist. Dies sollte aus Sicht der Verteidigung vermieden werden. Im Bereich von kleineren bis mittleren Vergehen sollte daher versucht werden, das Verfahren zumindest gegen Zahlung einer Geldauflage zur Einstellung zu bringen.  

Verfahrensabsprache (sogenannter „deal“)

Ein inhaltsleeres Formalgeständnis nach einem „deal“ ist nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Januar 2014  nicht bindend, so dass das Truppendienstgericht einen Lösungsbeschluss hätte fassen müssen (BVerwG 2 WD 31.12, Urteil vom 16.01.2014):

„Offenkundig unzureichend sind strafgerichtliche Feststellungen, wenn sie in einem entscheidungserheblichen Punkt unter offenkundiger Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften zustande gekommen sind... Dabei kommt ein Lösungsbeschluss nur in Betracht, wenn sich die Zweifel an der Richtigkeit aus dem Urteil selbst oder in Verbindung mit dem Protokoll der Hauptverhandlung ergeben…“

Der Verfasser des Rechtstipps, Rechtsanwalt Christian Steffgen ist seit  2001 als Empfehlungs- und Vertragsanwalt des DBwV mit Schwerpunkt im Soldaten- und Wehrrecht tätig. Die Vertragsanwälte des Deutschen BundeswehrVerbands zeichnen sich durch hohe Sachkenntnis in allen bundeswehrspezifischen Rechtsfragen aus (vgl. dbwv.de).

Rechtsanwalt Christian Steffgen ist zudem Fachanwalt für Strafrecht. Er führt als Dozent für den Verband deutscher Anwälte (VdA) Fortbildungen nach der Fachanwaltsordnung für Fachanwälte im Arbeitsrecht, Strafrecht und Verkehrsrecht durch.


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