Doktortitel vor Gericht verteidigen! Ein Fall aus der Rechtspraxis

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Ludwigs-Maximilians-Universität München (LMU) scheitert vor Gericht (Bayerisches Verwaltungsgericht München, Urteil vom 22.01.2019, Az: M 3 K 15.3524 - rechtskräftig) mit Entziehung des Doktorgrades einer Veterinärmedizinerin bei Entfallen der Veröffentlichung im Rahmen einer sogenannten Kumulativen Dissertation“, § 6 II Promotionsordnung.

Kumulativen Dissertation“!

Bei einer solchen „Kumulativen Dissertation“ wird die notwendige Dissertation mittels einer im Druck erschienenen oder zum Druck angenommenen wissenschaftlichen Publikation erbracht. Wird eine solche Publikation vom herausgebenden Journal aus eigener Erwägung – unabhängig von den Gründen hierfür – zurückgezogen, so sind die verwaltungsrechtlichen Regeln hinsichtlich eines rechtmäßig begünstigenden Verwaltungsaktes anwendbar. Gemäß Art. 49 II Satz 1 Nr. 3 BayVwVfG darf ein (...) Verwaltungsakt (...) nur widerrufen werden, wenn die Behörde aufgrund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde.

Der aktuelle Rechtsfall!

Bei dem dem Verwaltungsgericht vorliegenden Fall handelte es sich bei der Verleihung des Doktor Grades der tierärztlichen Fakultät gegenüber der Klägerin um einen begünstigenden Verwaltungsakt. Zwar können die Voraussetzungen zur Erteilung entfallen, wenn bei einer kumulativen Dissertation die Veröffentlichung in einem Fachmagazin nachträglich widerrufen wird. Das Bayerische Verwaltungsgericht München vermochte in dem Fall der von Rechtsanwalt Dindoyal vertretenen Wissenschaftlerin jedoch nicht zu erkennen, dass die erforderliche Voraussetzung, dass ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde, gegeben wäre. (Urteil vom 22.01.2019, Az: M 3 K 15.3524). Das Gericht führt in seinem Urteil hierzu aus:

 „Für eine Gefährdung des öffentlichen Interesses ist es nicht ausreichend, dass der Widerruf im bloßen öffentlichen Interesse liegt, sondern zur Beseitigung oder Verhinderung eines sonst unmittelbar drohenden Schadens für den Staat, die Allgemeinheit oder wichtige Gemeinschaftsgüter erforderlich ist (...). Dies könnte etwa dann der Fall sein, wenn es sich um eine Dissertation handelt, die ein Plagiat darstellt oder wenn eine wissenschaftliche Arbeit bewusst durch gefälschte Daten beeinflusst wird. (...)

Eine solche Gefährdung des öffentlichen Interesses ergibt sich jedoch nicht aus der bloßen Tatsache der Zurückziehung des Aufsatzes. Wenn in der Begründung des Bescheides der Beklagten (...) argumentiert wird, Integrität, Vertrauen und Transparenz in die Forschung seien nachhaltig gefährdet, wenn dem  verliehenen Doktorgrad keine veröffentlichte und öffentlich zugängliche Dissertation korrespondiert, so ist es sicher alleine nicht ausreichend, um in jedem Fall eine Gefährdung des öffentliches Interesse dann anzunehmen, wenn im Falle einer Dissertation gemäß § 6 II PromO eine wissenschaftliche Arbeit in einer – privaten – wissenschaftlichen Zeitschrift zurückgezogen wird.

(...)

Dabei bliebe völlig unberücksichtigt, das als mögliche Gründe für die Zurückziehung eines Artikels auch sachfremden Erwägungen maßgeblich sein können, wie beispielsweise Druck der die Studie finanzierenden Firma, um auf diesem Weg den Rückzug eines ihr unliebsamen Ergebnisses zu erreichen.“

Empfehlung! 

Mithin bleibt festzustellen, dass natürlich auch im wissenschaftlichen Forschungsbetrieb Fehler unterlaufen. Nicht jeder Fehler führt jedoch automatisch zu einer Entziehung des Doktortitels. Insbesondere sind stets die Besonderheiten des Einzelfalls und die differenzierten Voraussetzungen der jeweiligen Promotionsordnung zu prüfen. Inwieweit externe Interessen von Dritten, wie wissenschaftliche Verlage oder finanzierende Pharma-Firmen eine Rolle spielen, sollte dabei untersucht und ggfs. in einem Klageverfahren auch dargestellt werden.

Achtung Formalia! 

Sollte Wissenschaftlern tatsächlich durch Verwaltungsakt der Universität die Doktorwürde entzogen werden, so müssen unbedingt die entsprechenden Klagefristen eingehalten werden, damit der Bescheid nicht rechtskräftig und damit unanfechtbar wird. Gerade bei dem oben dargestellten Fall lohnte es sich aber auch, dass anwaltlich geprüft wurde, ob die Universität alle Formalia – insbesondere Fristen – eingehalten hat.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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