Drittunterwerfung mit Gefälligkeitserklärung

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Viele Betroffene gehen bei Erhalt einer wettbewerbsrechtlichen oder urheberrechtlichen Abmahnung häufig von einem Rechtsmissbrauch oder einer „Abzocke“ der Gegenseite aus. Genährt werden solche Auffassungen durch diverse Einträge im Internet oder auch durch teilweise reißerische Darstellungen in den Medien. Dabei folgt der weit überwiegende Teil von Abmahnungen einem berechtigten Interesse des Abmahnenden. Im Verhältnis sind nur sehr wenige Abmahnungen unberechtigt oder gar rechtsmissbräuchlich.

Interessanterweise sprechen selbst Betroffene, die z. B. illegale Tauschbörsen im Internet nutzen, von „Abzocke“, wenn sie erwischt und abgemahnt werden, obwohl sie selber eindeutig gegen Recht und Gesetz verstoßen haben. Auch in Wettbewerbsangelegenheiten suchen viele die Unrechtmäßigkeit (Rechtsmissbrauch) beim Abmahnenden, selbst wenn Sie selber (eindeutig) gegen Wettbewerbsrecht verstoßen haben.

Diese Sichtweise sollte man als Betroffener einer Abmahnung schnellstens ablegen. Bei einer Abmahnung geht es für den Betroffenen meistens nicht um „Recht haben“, sondern um Schadensbegrenzung.

Als erstes sollte man bei Erhalt einer Abmahnung einen eigenen Anwalt aufsuchen und sich nicht auf irgendwelche Weisheiten z. B. aus dem Internet verlassen. Dort finden sich u.a. Ratschläge wie, „man solle einfach eine Drittunterwerfung behaupten, dann habe sich die Abmahnung erledigt“. Drittunterwerfung bedeutet, dass man bereits gegenüber einer anderen Person eine strafbewehrte Unterlassungserklärung in gleicher Angelegenheit abgegeben hat.

Dies ist rechtlich zwar unter gewissen Voraussetzungen möglich, jedoch nur, wenn diese Erklärung wirklich ernst gemeint ist. Wird die Drittunterwerfung jedoch zur Täuschung des Abmahners behauptet, reicht dies natürlich nicht und man macht sich ggf. sogar strafbar.

Das Landgericht Kleve hatte einen solchen Fall zu entscheiden, in welchem ein Unternehmer eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung erhalten hatte. Der Unternehmer teilte dem Abmahner mit, „dass er „leider“ schon zuvor von einem anderen Mitbewerber abgemahnt worden sei, rein zufällig einen Tag vor Erhalt dessen Abmahnung und auch schon gegenüber dem anderen Mitbewerber eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben habe.“

Die Drittunterwerfung wurde dem Abmahner nachträglich auf dessen Anforderung ebenfalls übersandt, ebenso wie das (angebliche) Abmahnschreiben des weiteren Mitbewerbers. Damit gab sich der Abmahner jedoch nicht zufrieden, er konnte nachweisen, dass der Unternehmer und der weitere Mitbewerber sich kennen und in Geschäftsbeziehung zueinander standen. Der Abmahner drohte daher weitere rechtliche Schritte an, sofern der Unternehmer keine Unterlassungserklärung ihm gegenüber abgeben würde, was aber auch weiterhin nicht erfolgte.

Der Abmahner beantragte daraufhin gegen den Unternehmer eine einstweilige Verfügung, welche vom Gericht erlassen wurde. Hiergegen legte der Unternehmer Widerspruch ein, mit dem Hinweis auf die bereits erfolgte Drittunterwerfung. Im Hinblick darauf, dass der Unternehmer mit dem weiteren Mitbewerber in Geschäftsbeziehung stand, bestätigte das Gericht jedoch die einstweilige Verfügung durch Urteil.

Nach der Begründung des Gerichts reichen bereits geringe Indizien, welche den Mangel der Ernstlichkeit der Drittunterwerfung begründen. Bei einer solchen (nicht ernst gemeinten) strafbewehrten Unterlassungserklärung („Gefälligkeitserklärung“) gegenüber einem befreundeten Mitbewerber, entfällt die wettbewerbsrechtliche Widerholungsgefahr nicht. Somit wurde der abgemahnte Unternehmer verurteilt und hatte zu den außergerichtlichen Abmahnkosten nun auch noch die Kosten für das gerichtliche Verfahren zu tragen.

Damit aber nicht genug. Da sich der Unternehmer auf die „Gefälligkeitserklärung“ im gerichtlichen Verfahren zu seiner Verteidigung berufen hatte und zudem noch der Verdacht bestand, dass sowohl die Abmahnung des weiteren Mitbewerbers als auch die „Gefälligkeitserklärung” erst nach Erhalt der Abmahnung angefertigt wurden, wurde ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen versuchten Prozessbetrugs bzw. Beihilfe gegen den Unternehmer sowie den weiteren Mitbewerber eingeleitet.

Dieser Fall veranschaulicht, warum man auf keinen Fall derartigen „Ratschlägen“ folgen sollte. Wie bereits eingangs erläutert, geht es bei Erhalt einer Abmahnung zunächst einmal um Schadensbegrenzung. Für den Unternehmer im vorstehenden Fall wurde aus einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung als kleines Übel am Ende eine große Katastrophe.

Es gibt viele Risiken bei einer Abmahnung, sowohl im Urheber- als auch im Wettbewerbsrecht, welche es zu beachten und abzuwägen gilt.

Für weitere Informationen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung:

Rechtsanwälte Keller & Niemann


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