Ehevertrag: wann kann eine getroffene Vereinbarung scheitern?

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Einen Ehevertrag bei Eheschließung oder innerhalb der Ehe abzuschließen wurde bis vor kurzem noch als unromantisches Tabu betrachtet. Heute sehen aber immer mehr Paare so eine Vereinbarung als notwendige Absicherung.

Ein Ehevertrag kann jederzeit auch in der Ehe geschlossen werden. Zu beachten ist in jedem Falle, dass dieser notariell zu beurkunden ist, da er ansonsten keine Wirksamkeit entfalten kann, gemäß §§ 1408, 1410 BGB.

Paare, die verliebt sind und sich für eine Ehe entschieden haben, wollen in der Regel zu dem Zeitpunkt gar nicht daran denken, dass ihre Liebe sich in der Zukunft in etwas Anderes verwandeln könnte. Eine Änderung, aus welchem Grund auch immer kann jedoch im Laufe der Zeit geschehen und dann kann wider Erwarten eine Ehe in einer Scheidung enden. Dies mag teilweise als äußerst schmerzhaft und sehr emotional zu empfinden sein.

Um dann jedoch Streitigkeiten zu vermeiden, kann es in vielen Konstellationen anzuraten sein, einen Ehevertrag abzuschließen. Denn ansonsten kann die Ehe auch finanziell mitunter bitter enden. Obwohl das Gesetz Regelungen wie den Halbteilungsgrundsatz beinhaltet, ist die gesetzlich festgelegte Lösung der Zugewinngemeinschaft nicht für alle Paare passend und entspricht nicht allen Ehen- sowie Lebensmodellen. Ein Ehevertrag kann daher eine gute Möglichkeit bieten, eine optimale Regelung zu individuellen Lebensverhältnissen der Ehepartner zu finden.

Allerdings sollte der Ehevertrag dafür in professionelle Hände zwecks der Ausgestaltung gegeben werden. Denn Ungenauigkeiten und einige Umstände können potentiell zur Unwirksamkeit des Ehevertrags führen.

Die Ehegatten dürfen nach §§ 1408 Abs. 1, 1585c S. 1 BGB und § 6 Abs. 1 S. 1 VersAusglG ihre güterrechtlichen Verhältnisse vertraglich frei gestalten. Sie bestimmen daher selbst und autonom ohne staatlichen Zwang, wie ihre gegenläufigen Interessen angemessen auszugleichen sind (vgl. Art. 2 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG).

Diese Autonomie hat aber Grenzen, sie darf nicht dazu führen, dass durch vertragliche Vereinbarungen eine evident einseitige und durch die Gestaltung der Lebensverhältnisse der Eheleute nicht gerechtfertigte Lastenverteilung entsteht.

Der Inhalt von Eheverträgen unterliegt somit einer richterlichen Prüfung (§§ 138, 242 BGB und § 8 Abs. 1 VersAusglG) im Ehescheidungsverfahren. Es wird geprüft, ob und in welchem Umfang die Vereinbarungen im Ehevertrag der Wirksamkeits- oder Ausübungskontrolle standhalten.

Im Rahmen der Wirksamkeitskontrolle findet eine sog. Sittenwidrigkeitsprüfung statt, um ggf. festzustellen, ob eine einseitige Lastenverteilung gegeben ist, die zu erheblich ungleichen Vertragspositionen der Ehevertragsparteien führt (sog. Disparität). Eine Disparität der Parteien kommt insbesondere dann in Betracht, wenn beim Vertragsabschluss soziale oder finanzielle Abhängigkeit des Ehepartners ausgenutzt worden ist; der Vertrag als eine Art Strafe für eine der Parteien geschlossen wurde oder eine der Parteien in die Vertragsverhandlungen nicht eingebunden worden ist, also keinen Einfluss auf den Vertragsinhalt nehmen konnte.

Hält der Ehevertrag der Inhaltskontrolle nicht stand, ist dieser zum Teil der (oder sogar im Gesamten) gemäß § 138 BGB nichtig. Es kommen dann die gesetzlichen Vorschriften zur Anwendung.

Soweit ein Vertrag der Wirksamkeitskontrolle standhält, hat sodann eine Ausübungskontrolle nach § 242 BGB zu erfolgen. Es wird gerichtlich geprüft, ob die im Ehevertrag getroffenen Vereinbarungen der Ehepartner noch im Zeitpunkt der Scheidung balanciert sind.

Es ist der tatsächliche Verlauf der Ehe und ihr ursprünglich geplanter Verlauf zu vergleichen. Weicht die geplante Gestaltung der Eheverhältnisse von tatsächlichem Verhältnissen ab, wenn die Parteien z.B. beim Zustandekommen des Vertrages einvernehmlich von einer «Doppelverdienerehe» ausgegangen sind und entsprechende Vereinbarungen festgelegt haben, haben sich aber später für «Haushaltsführungsehe» entschieden, kann dies Indiz für Sittenwidrigkeit des Ehevertrages im Sinne des § 242 BGB sein. Als Rechtsfolge der Feststellung der Sittenwidrigkeit des Vertrages werden die entsprechenden Vertragsbedingungen modifiziert.

Daher kann dem Grunde nach eine „wirksame und auch durchsetzbare“ Vereinbarung getroffen und ein Ehevertrag geschlossen werden, welche/r auch nach 50 Jahren unverändert durchgesetzt werden könnte. Es lohnt sich daher, z.B. bei Veränderungen im beruflichen Leben und Vermögensverhältnissen der Ehepartner, die Vertragsbedingungen rechtzeitig entsprechend anzupassen. Nur so können die Parteien sicherstellen, dass ihre Abmachungen auch in der Zukunft im Falle der Scheidung der richterlichen Kontrolle standhalten und tatsächlich Anwendung finden.

Es kann daher ratsam sein, bevor ein notarieller Ehevertrag geschlossen wird, eine Rechtsberatung in Anspruch zu nehmen und sich ausführlich beraten zu lassen


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