Ehrlichkeitsvermerk im Arbeitszeugnis trotz Zweifel an der Ehrlichkeit?
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Kann der Arbeitgeber, der im Kündigungsrechtsstreit unterlegen war, dem Arbeitnehmer, dem er wegen dessen Umgang mit Geld den „Ehrlichkeitsvermerk" im Arbeitszeugnis schuldet, deshalb verweigern, weil er subjektiv von dessen Ehrlichkeit nicht überzeugt ist? - fragt sich das Arbeitsgericht Berlin.
Ein Einzelhandelsmitarbeiter erhielt von seinem Arbeitgeber die Verdachtskündigung. Er wurde verdächtig, während der Urlaubsabwesenheit seines Arbeitgebers, Zigaretten im Werte von 60.000,00 € bestellt und unterschlagen zu haben. Er erhob gegen die Kündigung Kündigungsschutzklage, die er gewann, da sich der Verdacht gegen ihn nicht erhärtete. Die vom Arbeitgeber eingelegten Rechtsmittel blieben alle ohne Erfolg.
Der obsiegende Mitarbeiter forderte nun von seinem Arbeitgeber die Erteilung eines Arbeitszeugnisses ein. Der Arbeitgeber erklärte sich jedoch erst nach seiner Verurteilung in einem Arbeitsgerichtprozess hierzu bereit. Das sodann ausgestellte Zeugnis war jedoch nicht vom Arbeitgeber, sondern „i.A." von einem „Abteilungsleiter Personal" unterzeichnet. Erst nach Beanstandung durch den Mitarbeiter unterzeichnete der Arbeitgeber persönlich das Arbeitszeugnis. Es enthielt die Formulierung:
„.....Herr W.. war ein fleißiger, gewissenhafter und zuverlässiger Mitarbeiter, der über umfassende Fachkenntnisse verfügt".
Dem Mitarbeiter reicht diese Formulierung nicht. Er erwartet von seinem Arbeitgeber, dass ihm bescheinigt wird:
„........Herr W.. war ein fleißiger, ehrlicher, gewissenhafter und zuverlässiger Mitarbeiter, der über umfassende Fachkenntnisse verfügt".
Im Einzelhandel sei für Mitarbeiter an der Kasse die Ehrlichkeit im Zeugnis besonders zu bescheinigen Der Ehrlichkeitsvermerk sei nicht nur branchenüblich, sondern von erheblicher Bedeutung. Fehlt die entsprechende Formulierung im Zeugnis, sei damit ausgesagt, dass der Mitarbeiter nicht ehrlich gewesen sei.
Der Arbeitgeber hält sich nicht für verpflichtet, ihm die „Ehrlichkeit" im Zeugnis hervorgehoben zu bescheinigen.
Das Gericht verurteilt ihn dazu hingegen antragsgemäß.
Die textliche Ausgestaltung eines Arbeitszeugnisses sei Sache des Arbeitgebers, sodass der Arbeitnehmer nicht die Verwendung bestimmter Passagen und nicht die Erteilung eines von ihm selbst verfassten Zeugnisses verlangen könne. Hat sich der Arbeitgeber aber als unfähig oder unwillig erwiesen, dem Gebot der Erteilung eines den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Zeugnisses nachzukommen, so könne die Formulierungsverantwortung auf das Gericht übergehen. Das Gericht weist darauf hin, dass bei einem ehrlichen Kassierer der Hinweis auf seine Ehrlichkeit nicht fehlen darf, da das Publikum anderenfalls seine Unehrlichkeit vermuten würde. Aus diesem Grunde ist der Arbeitgeber zu verurteilen, ein Zeugnis mit der begehrten Formulierung zu erteilen.
(Quelle: Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 14.12..2012; 28 Ca 16143/12)
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