Einbürgerungsantrag bei der Stadt Bonn - Ausländeramt reagiert nicht - Untätigkeitsklage erheben?

  • 16 Minuten Lesezeit

Ausgangssituation in Bonn: Überlastung und lange Wartezeiten

Die Stadt Bonn verzeichnet seit geraumer Zeit ein sehr hohes Aufkommen an Einbürgerungsanträgen. Die zuständige Ausländerbehörde kommt mit der Bearbeitung kaum hinterher. In einem aktuellen Hinweis der Bundesstadt Bonn wird darauf aufmerksam gemacht, dass die Wartezeit bis zum Bearbeitungsbeginn eines Einbürgerungsantrags derzeit mindestens 15 Monate ab Antragsübersendung beträgt bonn.de. Mit anderen Worten: Wer heute in Bonn die deutsche Staatsbürgerschaft beantragt, muss damit rechnen, dass der Antrag erst nach über einem Jahr überhaupt in die Bearbeitung geht. Diese erhebliche Verzögerung ist auf ein außergewöhnlich hohes Antragsaufkommen und personelle Engpässe zurückzuführen. Die Stadt Bonn betont zwar, dass bereits organisatorische und personelle Maßnahmen ergriffen wurden, um die Verfahrensdauer bei der Ausländerbehörde künftig wieder deutlich zu verkürzen bonn.de. Dennoch bleibt die derzeitige Situation für Antragsteller auf Einbürgerung (also der Verleihung der deutschen Staatsangehörigkeit) frustrierend.



Wie lange dauert die Einbürgerung in Bonn? Keine Antworten auf Sachstandsanfragen durch das Ausländeramt

Als Reaktion auf die Überlastung beantwortet die Bonner Einbürgerungsstelle mittlerweile keine Sachstandsanfragen mehr. Die Stadt Bonn bittet ausdrücklich darum, von wiederholten Anfragen zum Stand des Einbürgerungsverfahrens abzusehen, da solche Nachfragen den Prozess weiter verlangsamen würden Quelle. Antragsteller werden stattdessen darauf verwiesen, dass „wir uns schnellstmöglich unaufgefordert bei Ihnen melden“ Quelle, sobald es Neuigkeiten gibt. Für die Betroffenen bedeutet dies faktisch, dass sie während der langen Wartezeit im Ungewissen bleiben. Weder telefonisch noch per E-Mail lässt sich der Bearbeitungsstand erfragen. Diese Informationssperre unterstreicht die angespannte Lage: Die Behörde ist derart ausgelastet, dass selbst Nachfragen nicht mehr bearbeitet werden können.

Für viele Antragsteller stellt sich daher die Frage, wie lange sie diese Wartezeit hinnehmen müssen. Ab welchem Punkt ist die Verzögerung rechtlich nicht mehr akzeptabel und welche Möglichkeiten haben Betroffene, den Prozess zu beschleunigen? Insbesondere rückt die Untätigkeitsklage in den Fokus – ein Rechtsinstrument, mit dem man die Behörde gerichtlich zur Entscheidung drängen kann.



Juristische Einordnung: Zulässige Bearbeitungsdauer und Rechtsprechung

Grundsätzlich gilt im Verwaltungsverfahren (dazu gehört das Einbürgerungsverfahren) der Grundsatz der zügigen Sachbearbeitung. Eine starre gesetzliche Frist, innerhalb der ein Einbürgerungsantrag entschieden sein muss, gibt es jedoch nicht. § 75 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) setzt allerdings einen wichtigen Maßstab: Wenn über einen Antrag ohne zureichenden Grund nicht innerhalb von drei Monaten entschieden wird, eröffnet dies die Möglichkeit einer Untätigkeitsklage. Diese Drei-Monats-Frist ist als Mindestfrist zu verstehen – sie gibt der Behörde einen gewissen Zeitraum, um überhaupt tätig zu werden. Ein längeres Zuwarten kann im Einzelfall zulässig sein, sofern sachliche Gründe eine Verzögerung rechtfertigen und das Interesse des Antragstellers an einer zeitnahen Entscheidung angemessen berücksichtigt wird.

Mit anderen Worten: Nicht jede Überschreitung der drei Monate ist automatisch rechtswidrig. Maßgeblich ist, ob ein „zureichender Grund“ für die Verzögerung vorliegt. Die Behörde muss darlegen können, welche konkreten Umstände die lange Bearbeitungsdauer erklären und rechtfertigen. In einfachen Fällen oder wenn alle Unterlagen vollständig vorliegen, dürfte eine Entscheidung innerhalb weniger Monate zumutbar sein. In komplexeren Fällen oder wenn z.B. Sicherheitsüberprüfungen oder Rückfragen an andere Stellen nötig sind, mag auch eine längere Bearbeitungszeit noch angemessen sein. Dauerhafte Überlastung oder Personalmangel allein reichen jedoch nicht als Entschuldigung aus, wie die Gerichte betonen.

Wie lange eine angemessene Wartezeit auf die Einbürgerung in Bonn ist, ist in der Folge also nicht pauschal zu bemessen, sondern stets eine Frage des Einzelfalles.



Rechtsprechung: Wie lange ist zu lange?

Die Verwaltungsgerichte haben in den letzten Jahren mehrfach über überlange Bearbeitungszeiten bei Einbürgerungen entschieden. Gerichtsurteile zeigen klar, dass Behörden die Verfahrensdauer nicht beliebig in die Länge ziehen dürfen, auch nicht mit Verweis auf hohe Arbeitsbelastung. Es darf also nicht eine beliebige Zeit dauern, bis Sie den deutschen Pass in den Händen halten. Einige Beispiele aus der Rechtsprechung:

  • OVG Sachsen (Beschluss vom 14.02.2023 – Az. 3 E 2/23) – In diesem Fall einer Untätigkeitsklage stellte das Oberverwaltungsgericht Sachsen unmissverständlich fest, dass eine bloße Arbeitsüberlastung der Behörde auf Dauer kein ausreichender Rechtfertigungsgrund für Verzögerungen ist. Wörtlich heißt es: „Ist eine Behörde generell überlastet oder steigert sich die Arbeitsbelastung kontinuierlich, ohne dass [organisatorisch] darauf reagiert wird, begründet dies keinen zureichenden Grund [für eine weitere Verzögerung]“. Eine längere Bearbeitungsdauer lässt sich allenfalls bei vorübergehenden Spitzenbelastungen rechtfertigen – etwa wenn es sich um eine kurzfristige, unvorhergesehene Zunahme an Anträgen handelt, die durch zumutbare organisatorische Maßnahmen (z.B. temporäre Personalaufstockung) nicht sofort aufzufangen ist. Liegt jedoch eine strukturelle Überlastung vor – also ein dauerhaftes, voraussehbares Missverhältnis zwischen Antragsaufkommen und Bearbeitungskapazität – dürfen Antragsteller nicht endlos warten. Im konkreten Fall hatte die Ausländerbehörde selbst eingeräumt, dass seit Ende 2020 die Antragszahlen stark gestiegen sind, ohne dass rechtzeitig genug Personal aufgestockt wurde. Die üblichen Ausreden (etwa Zusatzbelastungen durch die Ukraine-Flüchtlinge oder Corona-Nachwirkungen) ließ das Gericht nicht gelten, da diese allenfalls einen geringeren Einfluss hatten und keine außergewöhnliche, unvorhersehbare Situation mehr darstellten . Das OVG Sachsen gab dem Kläger Recht und stellte klar, dass die Behörde verpflichtet ist, zeitnah über den Einbürgerungsantrag zu entscheiden – die vorliegende Verzögerung von über einem Jahr war nicht mehr hinnehmbar. Dieses Urteil zeigt exemplarisch: Eine Behörde kann sich nicht unbegrenzt auf Arbeitsrückstände berufen, zumal wenn diese Rückstände absehbar waren und organisatorisch hätten angegangen werden können.

  • VG Bayreuth (Urteil vom 21.04.2021 – Az. B 6 K 20.558) – Auch erstinstanzliche Gerichte bestätigen die Rechte der Antragsteller bei überlangen Wartezeiten. In einem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Bayreuth hatte der Kläger Untätigkeitsklage erhoben, nachdem sein Einbürgerungsantrag monatelang unbearbeitet geblieben war. Noch bevor das Gericht in der Sache entschied, lenkte die Behörde ein: Sie erteilte dem Kläger nachträglich die Einbürgerungsurkunde, also die deutsche Staatsbürgerschaft, während das Gerichtsverfahren bereits lief. Damit war der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt – ein deutlicher Hinweis, dass die Klage Druck erzeugt hatte. Das Gericht musste nur noch über die Kosten entscheiden. In solchen Fällen trägt regelmäßig die Behörde die Verfahrenskosten, da sie die Klage durch ihr Zögern provoziert hat. Der Fall verdeutlicht einen praxisrelevanten Effekt: Die bloße Ankündigung oder Einreichung einer Untätigkeitsklage bewegt viele Behörden bereits zum Handeln, noch bevor es zu einem Urteil kommt. Kein Amt lässt sich gern vom Gericht bescheinigen, unzulässig getrödelt zu haben.

Diese Beispiele machen deutlich, dass eine Bearbeitungszeit von deutlich über einem Jahr in der Regel nicht mehr als angemessen gilt, sofern der Antragsteller seiner Mitwirkungspflicht nachgekommen ist (alle erforderlichen Unterlagen eingereicht, eventuelle Rückfragen beantwortet etc.). 

Bereits Verzögerungen ab etwa sechs bis neun Monaten ohne ersichtlichen besonderen Grund können kritisch sein. Spätestens wenn die Wartezeit die 12-Monats-Marke überschreitet, wächst das Risiko für die Behörde, vor Gericht den Kürzeren zu ziehen – zumal die Gerichte im Lichte des steigenden Antragsaufkommens die Behörden zu effizienter Organisationsplanung anhalten.

Wichtig ist: Jeder Fall ist individuell zu betrachten. Gibt es einen konkreten Sachgrund für die Verzögerung (z.B. ausstehende Sicherheitsüberprüfungen oder ungeklärte Identitätsfragen, die nicht der Behörde anzulasten sind), werden Gerichte mehr Geduld walten lassen. Ohne spezifischen Rechtfertigungsgrund hingegen müssen Behörden „in angemessener Frist“ entscheiden – was nach Auffassung der Rechtsprechung bedeutet, dass nach Ablauf der ersten drei Monate keine überlange Untätigkeit eintreten darf. 

Aus den Urteilen lässt sich folgern, dass Zeiträume von über einem Jahr ohne Bescheid regelmäßig unzulässig sind, wenn die Verzögerung allein auf allgemeinen Kapazitätsengpässen beruht.

Für Betroffene in Bonn, die bereits seit vielen Monaten auf ihre Einbürgerung warten, stellt sich somit die Frage, welche Schritte sie unternehmen können. 



Anwaltliches Vorgehen: Was tun bei Verzögerung des Einbürgerungsantrages?  - Von der außergerichtlichen Fristsetzung bis zur Untätigkeitsklage

Angesichts der frustrierenden Wartezeiten suchen viele Antragsteller Rat bei einem Rechtsanwalt. Ein anwaltliches Vorgehen kann in mehreren Stufen erfolgen. Zunächst wird oft versucht, ohne gerichtliche Auseinandersetzung eine Entscheidung der Behörde zu bewirken. Gelingt dies nicht, bleibt als letztes Mittel die Untätigkeitsklage vor dem Verwaltungsgericht. Beide Phasen – außergerichtlich und gerichtlich – sollen hier beleuchtet werden.



Außergerichtliche Schritte: Anschreiben und Fristsetzung

Bevor sofort der Klageweg beschritten wird, ist es in der Regel sinnvoll, der Behörde noch einmal formell anzustoßen. Gerne können wir in Ihrem Auftrag ein anwaltliches Aufforderungsschreiben an die Einbürgerungsbehörde richten. In einem solchen Schreiben wird der Sachstand geschildert (etwa: Antrag vor mehr als X Monaten gestellt, alle Unterlagen vollständig seit Datum Y, dennoch bislang keine Entscheidung) und die Behörde höflich, aber bestimmt zur Bearbeitung innerhalb einer bestimmten Frist aufgefordert. Üblich ist z.B. eine Fristsetzung von zwei bis vier Wochen zur Erteilung eines Bescheides oder zumindest zur Mitteilung eines Zwischenstands. Gleichzeitig wird in diesem Schreiben oft bereits die Möglichkeit einer Untätigkeitsklage angedroht, falls die Behörde weiter untätig bleibt.

Ein solches anwaltliches Schreiben soll der Behörde aufzeigen, dass der Antragsteller (also Sie!) seine Rechte ernsthaft verfolgt und im Zweifel nicht vor rechtlichen Schritten zurückschreckt. Nicht selten führt schon diese Intervention dazu, dass der Fall priorisiert wird. Die Behörde könnte etwa die noch fehlende Prüfung beschleunigen oder zumindest uns gegenüber eine Erklärung abgeben, warum und wo es klemmt und bis wann mit einer Entscheidung zu rechnen ist. 

Auch wenn die Bonner Ausländerbehörde offiziellen Sachstandsanfragen von Bürgern derzeit nicht nachkommt, reagiert sie auf formale Anwaltsschreiben oft eher – schon um eine gerichtliche Auseinandersetzung zu vermeiden. Für den Mandanten entstehen dabei zunächst nur geringe Kosten im Vergleich zu einem Gerichtsverfahren, und im besten Fall erledigt sich die Angelegenheit auf diesem Wege.

Wichtig ist, dass in dem Aufforderungsschreiben klar zum Ausdruck kommt, dass man alle Voraussetzungen erfüllt und zur Mitwirkung bereit ist. Sollte der Behörde z.B. noch ein Dokument fehlen oder ein Missverständnis bestehen, kann dies im Vorfeld geklärt werden. So nimmt man der Behörde etwaige „Trümpfe“ – sie soll sich nicht darauf berufen können, dass der Antrag vielleicht unvollständig war. Ziel des außergerichtlichen Anschreibens ist es, der Behörde eine letzte Chance zur Erledigung zu geben, bevor gerichtliche Schritte eingeleitet werden. Verstreicht die gesetzte Frist ergebnislos, hat man zumindest nach außen gezeigt, dass man der Behörde Gelegenheit gegeben hat, das Problem selbst zu lösen. Dies kann später – auch vor Gericht – positiv angesehen werden.

Häufig ist es jedoch so, dass das Ausländeramt einlenkt und bereits außergerichtlich zusagt, die Angelegenheit priorisiert zu behandeln. 

Dies haben wir bereits in diversen Fällen erreichen können, wie hier im exemplarisch geschwärzten Schriftverkehr:

Gerichtliches Vorgehen: Die Untätigkeitsklage

Wenn alle Stricke reißen und die Behörde trotz klarer Aufforderung weiterhin nicht entscheidet, bleibt als Durchsetzungsmittel die Untätigkeitsklage. Dies ist eine besondere Form der Verpflichtungsklage im Verwaltungsrecht, die zum Zug kommt, wenn ein Antrag auf Einbürgerung unbearbeitet liegen bleibt.



Was ist eine Untätigkeitsklage?

Die Untätigkeitsklage ist eine Klage vor dem Verwaltungsgericht, mit der der Kläger geltend macht, die Behörde „tue nichts“, obwohl sie über seinen Antrag entscheiden müsste. Ziel der Klage ist es, das Gericht um ein Einschreiten zu bitten, damit die Behörde endlich über den Antrag – hier also den Einbürgerungsantrag – entscheidet. Rechtliche Grundlage ist § 75 VwGO. Dieser besagt im Kern, dass eine Klage zulässig ist, wenn eine Behörde ohne ausreichenden Grund nicht innerhalb von drei Monaten über einen Antrag entschieden hat. Die Untätigkeitsklage richtet sich typischerweise auf Erlass eines Verwaltungsakts (hier: Einbürgerungszusicherung bzw. Aushändigung der Einbürgerungsurkunde). Sie kann zwei Formen haben: entweder der Kläger beantragt lediglich, die Behörde zur Entscheidung zu verpflichten (egal ob positiv oder negativ), oder – was häufig der Fall ist, wenn man sich seines Anspruchs sicher ist – der Kläger beantragt direkt die Verpflichtung der Behörde zur Einbürgerung. In letzterem Fall prüft das Gericht zugleich inhaltlich, ob die Voraussetzungen für die Einbürgerung vorliegen, und würde im Erfolgsfall die Behörde anweisen, die Einbürgerung auszusprechen.


Voraussetzungen und Ablauf der Untätigkeitsklage

Um eine Untätigkeitsklage erheben zu können, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Es muss ein ordnungsgemäßer Einbürgerungsantrag gestellt worden sein. Das heißt, der Antrag ist bei der zuständigen Stelle (in Bonn: der Einbürgerungsbehörde der Stadt Bonn) eingereicht und sämtliche erforderlichen Unterlagen sind beigefügt bzw. nachgereicht worden.

  • Drei Monate müssen seit Antragstellung vergangen sein, ohne dass ein Bescheid ergangen ist (§ 75 VwGO). Diese sogenannte Sperrfrist soll der Behörde initial Zeit zur Bearbeitung geben. In manchen Konstellationen kann auch eine kürzere Frist in Betracht kommen, wenn die Behörde zwar reagiert hat, aber beispielsweise eine Zwischennachricht gegeben wurde, die weitere Wartezeit begründet – in der Praxis spielt das aber selten eine Rolle. Im Regelfall wartet man die vollen drei Monate ab. In Bonn überschreiten die Wartezeiten diese Schwelle derzeit ohnehin bei Weitem.

  • Wichtig: Kein zureichender Grund für die Verzögerung. Zwar ist das formal keine Zulässigkeitsvoraussetzung, aber für den Erfolg der Klage zentral. Wenn die Behörde einen triftigen sachlichen Grund darlegen kann, weshalb noch nicht entschieden wurde (z.B. es läuft noch eine Hintergrundüberprüfung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz, oder der Antragsteller hat Unterlagen lange nicht nachgereicht), dann könnte die Klage als unbegründet abgewiesen werden. Die Darlegungs- und Beweislast für solche Gründe liegt bei der Behörde. In der Praxis argumentieren Behörden oft mit Arbeitsüberlastung – wie oben gezeigt, lassen Gerichte dieses Argument aber nur begrenzt gelten. Andere mögliche Gründe könnten sein: anhängige Strafverfahren gegen den Antragsteller, ungeklärte Identität, fehlende Nachweise zur Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit, etc. Fehlen solche Besonderheiten, stehen die Chancen einer Untätigkeitsklage deutlich besser.

  • Zuständigkeit und Verfahren: Die Untätigkeitsklage ist beim zuständigen Verwaltungsgericht einzureichen. Für Bonn ist das regelmäßig das Verwaltungsgericht Köln (denn Bonn gehört zum Gerichtsbezirk Köln). In der Klageschrift wird der gesamte Sachverhalt dargelegt, und es wird beantragt, die Behörde zur Entscheidung bzw. zur Einbürgerung zu verpflichten. Das Gericht stellt der Behörde die Klage zu und gibt ihr Gelegenheit zur Stellungnahme. Spätestens jetzt muss die Behörde ihre Gründe auf den Tisch legen. Häufig wird das Gericht auch einen frühen Hinweis geben oder eine Gütetermin anberaumen, um zu klären, ob die Behörde nicht doch inzwischen entscheiden will.


Erfolgsaussichten einer Untätigkeitsklage wegen Nichtbescheidung eines Einbürgerungsantrages nach aktueller Rechtsprechung 

Die Erfolgsaussichten einer Untätigkeitsklage bei überlanger Bearbeitungszeit eines Einbürgerungsantrags sind – sofern der Antragsteller alle Voraussetzungen erfüllt – als gut einzuschätzen. Die oben genannten Urteile (OVG Sachsen 2023, VG Bayreuth 2021 u.a.) zeigen, dass Gerichte geneigt sind, den Bürger vor übermäßiger Verzögerung zu schützen. Insbesondere wenn die Wartezeit weit über einem Jahr liegt (wie in Bonn derzeit üblich) und keine besonderen Hinderungsgründe vorgetragen werden können, stehen die Chancen für den Kläger sehr günstig. Die Behörde wird in solchen Fällen vor Gericht kaum rechtfertigen können, warum sie trotz einer gesetzlichen Anspruchsgrundlage (z.B. § 10 StAG bei Anspruchseinbürgerungen) so lange untätig geblieben ist. Selbst wenn die Behörde eine hohe Arbeitsbelastung anführt, gilt: Chronischer Personalmangel ist kein ausreichender Rechtfertigungsgrund. Die Gerichte verlangen von den Behörden, dass sie ihre Organisationsprobleme nicht auf dem Rücken der Bürger abladen.

In vielen Fällen kommt es jedoch gar nicht zu einem förmlichen Urteil, weil die Behörde vorher einlenkt– wie im Beispiel des VG Bayreuth, wo die Einbürgerung noch während des laufenden Verfahrens durchgeführt wurde. Sobald die Klage zugestellt ist, erhöht sich der Druck auf die Behörde erheblich. Oftmals wird die Bearbeitung dann plötzlich beschleunigt, um eine gerichtliche Niederlage abzuwenden. Für den Kläger bedeutet dies: Er erhält entweder noch während des Verfahrens seinen Einbürgerungsbescheid (und kann dann die Klage für erledigt erklären) oder aber er bekommt vom Gericht Recht und die Behörde muss in absehbarer Zeit entscheiden.


Zuständiges Gericht

Wie erwähnt, wäre für Bonn das Verwaltungsgericht Köln zuständig. In anderen Städten entsprechend das jeweils örtliche Verwaltungsgericht, in dessen Bezirk die Behörde liegt. Für die Klage ist kein spezielles „Einbürgerungsgericht“ vorgesehen – es handelt sich um allgemeines Verwaltungsrecht. Die Gerichtsverfahren in Verwaltungssachen sind in erster Instanz gerichtskostenpflichtig, d.h. es fallen Gerichtskosten an, die sich nach dem Streitwert richten (der bei Einbürgerungssachen häufig pauschal festgelegt wird, beispielsweise auf einen Wert, der die Bedeutung der Sache für den Kläger widerspiegelt – oft einige tausend Euro). Hinzu kommen ggf. Anwaltskosten. Allerdings: Gewinnt der Kläger die Untätigkeitsklage, trägt die Behörde die Kosten des Verfahrens. Sollte die Behörde während des Verfahrens einlenken und der Kläger die Klage daher für erledigt erklärt, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen über die Kosten – in der Regel werden sie der Behörde auferlegt, wenn diese durch ihre Verzögerung die Klage provoziert hat. Für den Kläger besteht also ein überschaubares Kostenrisiko, sofern die Klage Aussicht auf Erfolg hat. Ein Anwalt wird dies im Vorfeld einschätzen und den Mandanten beraten, ob die zu erwartenden Vorteile den Aufwand lohnen.


Was passiert bei Obsiegen (Erfolg der Untätigkeitsklage)?

Wenn die Untätigkeitsklage erfolgreich ist, gibt es zwei mögliche Konstellationen, abhängig vom Klageantrag:

  1. Verurteilung zur Entscheidung: Hat der Kläger nur beantragt, die Behörde zur Bescheidung zu verpflichten, wird das Gericht die Behörde dazu verurteilen, innerhalb einer bestimmten Frist über den Einbürgerungsantrag zu entscheiden. Die Entscheidung selbst (ob Einbürgerung gewährt oder abgelehnt wird) bleibt der Behörde überlassen, allerdings unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Praktisch bedeutet dies, dass die Behörde nun zügig – meist innerhalb weniger Monate – einen Bescheid erlassen muss. In aller Regel führt schon die gerichtliche Verurteilung dazu, dass die Behörde geneigt ist, positiv zu entscheiden, sofern der Antragsteller die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, um nicht gleich die nächste Klage (gegen eine Ablehnung) zu provozieren.

  2. Verurteilung zur Einbürgerung: Hat der Kläger direkt die Verpflichtung zur Einbürgerung beantragt (weil er meint, einen Rechtsanspruch zu haben, z.B. nach § 10 StAG), prüft das Gericht die Voraussetzungen für den Anspruch. Kommt es zu dem Ergebnis, dass alle Kriterien erfüllt sind (z.B. ausreichende Deutschkenntnisse, geklärte Identität, Lebensunterhalt gesichert, loyale Haltung, keine erheblichen Vorstrafen, etc.), dann verurteilt das Gericht die Behörde, den Kläger einzubürgern. In diesem Fall wird das Urteil praktisch zum Einbürgerungszusicherungs-Bescheid: Die Behörde muss die Einbürgerungsurkunde ausstellen. Für den Kläger ist dies der Idealfall, denn er erreicht direkt sein Ziel – die deutsche Staatsangehörigkeit – per Gerichtsbeschluss.

In beiden Fällen gilt: Bei Obsiegen trägt die Behörde die Kosten. Zudem hat der Kläger endlich Gewissheit und muss nicht weiter auf unbestimmte Zeit warten. Die Erfahrung zeigt, dass Behörden nach verlorener Untätigkeitsklage ihre internen Abläufe oftmals überprüfen, um künftige Verzögerungen zu vermeiden – es besteht also auch ein gewisser „Lerneffekt“ zugunsten der Allgemeinheit.

Natürlich kann es auch vorkommen, dass eine Untätigkeitsklage abgewiesen wird. Das wäre z.B. der Fall, wenn die Wartezeit noch nicht so außergewöhnlich lang ist oder wenn die Behörde dem Gericht doch einen ausreichenden Grund darlegen kann (etwa laufende umfangreiche Sicherheitsprüfungen). Dann müsste der Kläger die Kosten tragen und weiter abwarten – unter Umständen kann aber nach einiger weiterer Zeit erneut geklagt werden. 



Fazit: Rechte durchsetzen – Anwaltliche Hilfe nutzen

Für Betroffene, die in Bonn oder anderswo seit vielen Monaten auf die Einbürgerung warten, kann eine Untätigkeitsklage ein wirkungsvolles Mittel sein, um Bewegung in die Sache zu bringen. Die derzeitige Situation in Bonn – mit Wartezeiten von über einem Jahr und der Einstellung der Beantwortung von Sachstandsanfragen – ist für Antragsteller frustrierend und in der Regel unzumutbar. 

Rechtlich gesehen muss niemand endlos auf die Behördenentscheidung warten, zumal nicht, wenn alle Voraussetzungen erfüllt und keine besonderen Hinderungsgründe ersichtlich sind. Die Gerichte haben wiederholt klargestellt, dass überlange Verzögerungen unzulässig sind und Bürger ihre Ansprüche notfalls gerichtlich durchsetzen können.

Bevor man jedoch diesen Schritt geht, sollte man die Lage strategisch angehen. Oftmals lässt sich mit einem gut formulierten anwaltlichen Schreiben bereits eine Beschleunigung erreichen, ohne gleich klagen zu müssen. Zeigt dies keinen Erfolg, steht mit der Untätigkeitsklage ein erprobtes Instrument zur Verfügung, um den Rechtsanspruch auf Entscheidung – und bei Vorliegen aller Kriterien den Anspruch auf Einbürgerung – durchzusetzen. Die Erfolgsaussichten sind gerade in Fällen struktureller Überlastung der Behörde ausgesprochen positiv, wie aktuelle Urteile zeigen. Viele Verfahren erledigen sich zugunsten der Antragsteller, teils schon vor einem Urteil, weil die Behörde einwilligt und die Einbürgerung nachholt.


Letztlich geht es um nicht weniger als den Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft – ein Meilenstein im Leben vieler Migranten. Diesen Schritt möchte man nicht unnötig lange hinauszögern. Wenn die Behörde verzögert, sollte man aktiv werden. Fachkundige juristische Hilfe, die wir Ihnen gerne bieten, kann dabei den entscheidenden Unterschied machen. Zögern Sie also nicht, bei unerklärlich langer Bearbeitungszeit auf uns zuzukommen. Die Erfahrung zeigt: Mit dem richtigen Vorgehen lässt sich der Weg zum deutschen Pass deutlich beschleunigen.



Wir beraten Sie gerne, sofern das Ausländeramt in Bonn Ihren Einbürgerungsantrag nicht bearbeitet. 

Kontaktieren Sie uns für eine kostenlose, unverbindliche Ersteinschätzung - gerne über das Kontaktformular bei anwalt.de oder über die Internetpräsenz unserer Kanzlei.


Rechtlicher Hinweis: Dieser Artikel stellt keine vollständige rechtliche Beratung dar und ersetzt nicht das persönliche Gespräch mit einem  Anwalt.



Philip Bafteh
Rechtsanwalt

Kanzlei Bafteh Schönbrunn van Hattem
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