Einfach die Direktversicherung oder Pensionskasse des früheren Arbeitgebers übernehmen?

  • 3 Minuten Lesezeit

1. Ist eine Übernahme eines Direktversicherungsvertrags vom bisherigen Arbeitgeber unproblematisch?

Bei vielen Arbeitgebern besteht die Praxis, einen bestehenden Versicherungsvertrag - unabhängig ob Direktversicherung oder Pensionskasse - einfach bei Neueinstellung vom bisherigen Arbeitgeber zu übernehmen. Genauso wie manche Arbeitgeber auch alle Neuverträge akzeptieren, die die Arbeitnehmer für ihre Entgeltumwandlung vorschlagen, genauso akzeptieren sie auch mitgebrachte Verträge häufig unkritisch.
Grundsätzlich ein großer Fehler, den man auf jeden Fall vermeiden sollte.

Zu der Problematik der Arbeitgeberhaftung bei fehlendem Regelwerk haben wir hierzu mit einem Beispiel Stellung genommen:
https://www.anwalt.de/rechtstipps/arbeitgeberhaftung-bei-direktversicherung-mit-berufsunfaehigkeit-in-der-bav_186565.html

Dahinter steht häufig die Idee, dass man dem Arbeitnehmer einen Gefallen tun möchte und einen alten Vertrag erhalten möchte, mit BU-Absicherung, höherem Garantiezins, Vermeidung neuer Abschlusskosten und Provisionen etc.
Die vielfältigen Risiken, die man dadurch eingeht, werden nicht hinterfragt.
Die verbreiteten Irrtümer und Fehler, die mit der bAV zusammenhängen können, werden ohne Not ins Unternehmen geholt und zum Problem.

Mehr dazu in meinen Rechtstipps:

https://www.anwalt.de/rechtstipps/die-20-groessten-irrtuemer-der-arbeitgeber-in-der-betrieblichen-altersversorgung_185244.html

https://www.anwalt.de/rechtstipps/die-25-groessten-bav-fehler-und-maengel-der-betrieblichen-altersversorgung-in-versorgungswerken_185712.html

2. Rechtlicher Hintergrund der Vertragsübernahme

Die Übernahme eines bestehenden alten Vertrags ist durch das Betriebsrentenrecht geregelt. § 4 BetrAVG bestimmt dazu, dass in diesem Fall auch die gesamte Zusage übernommen wird. Mit einfachen Worten, der Arbeitgeber tritt mit allen Rechten und Pflichten in die alte Zusage ein. Es ist ein Automatismus ohne weiteres Zutun, wenn ein Versicherungsvertrag übernommen wird, geht die Zusage auch mit über.

Hat der alte Arbeitgeber eine Berufsunfähigkeitsleistung zugesagt, übernimmt auch der neue Arbeitgeber diese Zusage und Verpflichtung, mit allen Problemen, die wir in diesen Rechtstipps (Link Arbeitgeberhaftung) und (link BU) dargestellt haben:

https://www.anwalt.de/rechtstipps/arbeitgeberhaftung-bei-direktversicherung-mit-berufsunfaehigkeit-in-der-bav_186565.html

https://www.anwalt.de/rechtstipps/haftung-des-arbeitgebers-in-der-betrieblichen-altersversorgung-und-minimierungsstrategien_185184.html

Hat der Arbeitgeber eine fixe Leistung zugesagt, unabhängig ob Rente oder Kapital, hat er auch diese zu erfüllen. Dies wird umso risikoreicher sein, je schwächer die Versicherungsgesellschaft ist und je höher die Garantiezinsen noch sind.

Kurz und gut, alle typischen Fehler, die in der bAV häufig gemacht werden, werden mit einer derartigen Übernahme zum Problem des neuen Arbeitgebers.
Der bisherige, frühere Arbeitgeber ist durch die Übernahme von seinen Verpflichtungen frei.

3. Empfehlung und Lösungsmöglichkeit

Soweit es sich um Verträge ab 2005 handelt, haben Sie die Möglichkeit, lediglich das vorhandene Kapital zu übernehmen, nicht jedoch den Vertrag. Der Rechtsanspruch auf Portabilität gewährleistet, dass keine neuen Abschlusskosten oder Kosten durch die Übertragung erfolgen. Für den Mitarbeiter gelten die neuen Modalitäten der von Ihnen gewählten Rahmenbedingungen und Verträge. Zum Beispiel keine Leistung bei Berufsunfähigkeit mehr, niedrigerer Garantiezins etc.

Bei Altverträgen verweigern Sie die Übertragung eines Vertrags und bieten stattdessen einen neuen Vertrag an.

Sie können auch die Möglichkeit eines internen, versicherungsfreien Systems anbieten, bei der der Mitarbeiter durch keinerlei Kosten belastet wird und die Liquidität bei Ihnen im Haus bleibt. (seihe auch: https://www.anwalt.de/rechtstipps/die-pauschaldotierte-unterstuetzungskasse-ein-derzeit-wieder-stark-nachgefragter-durchfuehrungsweg_180957.html)

Der Mitarbeiter kann seinen Vertrag privat weiterführen. Die Haftung bleibt dann beim bisherigen Arbeitgeber.

Bei einem attraktiven neuen System wird der Wunsch nach Übertragung und Fortführung eines alten Vertrags automatisch zurückgehen.
Klare Richtlinien, eine Versorgungsordnung die alles Relevante regelt, schafft auch für diese Situation eine Grundlage, nach der sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer verbindlich zu richten haben.


Foto(s): AUTHENT

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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