Einführung von Mitarbeitergesprächen – Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates
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Einführung von Mitarbeitergesprächen - nach einem formalisierten Beurteilungskatalog hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Ein Beitrag zum Urteil des Hessisches Landesarbeitsgerichts vom 06. Februar 2012 (16 Sa 1134/11 -, juris) von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht Berlin und Essen
Ausgangslage:
Wenn ein Arbeitgeber regelmäßige Mitarbeitergespräche einführen will, kommt grundsätzlich ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in Betracht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG bei solchen Maßnahmen mitzubestimmen, die das Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer im Betrieb betreffen. Mitbestimmungsfrei nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG sind lediglich Maßnahmen, die das Arbeitsverhalten regeln sollen. Unter welche Rubrik fallen nun solche Mitarbeitergespräche?
Die Entscheidung:
Das Hessische Landesarbeitsgericht hält ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats für gegeben. Das Mitbestimmungsrecht sei deshalb berührt, weil der Arbeitgeber kraft seiner Organisations- und Leitungsmacht näher bestimme, welche Arbeiten auszuführen sind und in welcher Weise das geschehen soll.
Es handelt sich gerade nicht lediglich um eine Anordnung, die nur die Arbeitspflicht unmittelbar konkretisiert. Nur eine solche Anordnung wäre mitbestimmungsfrei.
In den geplanten Mitarbeitergesprächen sollte nach einem vorgegebenen Beurteilungskatalog wechselseitig vom Mitarbeiter - beziehungsweise seinem Vorgesetzten - dessen Leistung und Verhalten einschließlich des Führungsverhaltens in einem offenen Dialog bewertet werden.
Das Hessische Landesarbeitsgericht beruft sich zur weiteren Begründung auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts: Anordnungen, die dazu dienen, das sonstige Verhalten der Arbeitnehmer zu koordinieren, betreffen die Ordnung des Betriebs. Über deren Einführung und über deren Inhalt hat der Betriebsrat mitzubestimmen (BAG 19. Januar 1999 - 1 AZR 499/98; 8. Juni 1999 -1 ABR 67/98; 25. Januar 2000 - 1 ABR 3/99 - BAGE 93, 276).
Auseinandersetzung mit möglichen grundrechtlichen Beeinträchtigungen der Arbeitnehmer durch eine abzuschließende Betriebsvereinbarung:
Im weiteren setzt sich das Gericht noch mit möglichen Beeinträchtigungen der betroffenen Arbeitnehmer durch eine abzuschließende Betriebsvereinbarung über das Führen von Mitarbeiterjahresgesprächen auseinander und kommt zu dem Ergebnis, dass Grundrechte hier nicht in unzulässiger Weise tangiert sind.
Das Gericht: Die in dem Mitarbeiterjahresgespräch abzugebenden Beurteilungen (Blatt 50 bis 59 der Akten) sind für die erfolgreiche weitere Durchführung des Arbeitsverhältnisses geboten. Die Fragen beziehen sich ausschließlich auf die arbeitsvertragliche Tätigkeit. Zu einem Gespräch über ihre Arbeitsleistung ist die Klägerin bereits aufgrund arbeitsvertraglicher Nebenpflicht verpflichtet. Ohne eine Kommunikation und die (selbst-) kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Arbeitsleistung und dem eigenen Arbeitsverhalten im Betrieb sowie dem Führungsverhalten des Vorgesetzten ist eine dauerhafte erfolgreiche Zusammenarbeit kaum vorstellbar. Auf diese Weise lassen sich Missverständnisse und Meinungsverschiedenheiten frühzeitig erkennen und abstellen. Zudem ist durch Nr. 5 Betriebsvereinbarung die Vertraulichkeit des Mitarbeitergesprächs gewährleistet.
Fachanwaltstipp Arbeitgeber:
Wenn Sie im Betrieb einen Betriebsrat haben, beachten Sie dessen Mitbestimmungsrecht. Auch bei der Abfassung der Betriebsvereinbarung muss sorgfältig vorgegangen werden, da hier Grundrechte der Mitarbeiter tangiert werden können. Im entschiedenen Fall kam das Hessische Landesarbeitsgericht zwar zu keiner unzulässigen Beeinträchtigung der Grundrechte, dies kann von Fall zu Fall aber auch anders sein.
Fachanwaltstipp Betriebsrat:
Wenn der Arbeitgeber regelmäßige Mitarbeitergespräche nach einem schematisierten Verfahren einführen will, besteht ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht. Achten Sie auf die Formulierungen und die Ausgestaltung des Verfahrens insbesondere auch mit Blick auf mögliche Grundrechtsbeeinträchtigungen. Hieran sollte auch der Arbeitgeber ein Interesse haben, da andernfalls unter Umständen keine Verpflichtung der Mitarbeiter besteht, an dem Gespräch teilzunehmen.
Fachanwaltstipp Arbeitnehmer:
Wenn im Betrieb eine Betriebsvereinbarung über die regelmäßige Durchführung von Mitarbeitergesprächen besteht, sind Sie grundsätzlich zur Teilnahme verpflichtet. Je nach Formulierung können Einzelelemente oder auch die gesamte Betriebsvereinbarung unwirksam sein, wenn diese zu sehr in Ihre Grundrechte eingreifen.
Bevor man ein Mitarbeitergespräch aus derartigen Gründen verweigert, sollte man sich allerdings genau informieren. Die unzulässige Verweigerung eines zulässigerweise angeordnet Mitarbeitergesprächs kann zur Abmahnung und im Wiederholungsfall zur Kündigung führen.
Ein Beitrag von Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck, Berlin
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