Veröffentlicht von:

Einzahlungslimit für Online-Glücksspiele

  • 5 Minuten Lesezeit

Mit dem Glücksspielstaatsvertrag 2021 ist das Glücksspielrecht in weiten Teilen neu geregelt worden.

Aufgrund des weiter wachsenden Schwarzmarktes im Internet sah sich der Gesetzgeber gezwungen, dem Verbraucher eine Ausweichmöglichkeit hin zu legalen Angeboten zu ermöglichen. Durch die neuen Regelungen werden bislang verbotene Glückspiele im Internet zulässig (z.B. Online-Casinospiele). Der Gesetzgeber erhofft sich einen Kanalisierungseffekt hin zu den nunmehr legalen Angeboten, die einer strikten Regulierung unterliegen. Auf diese Weise will der Gesetzgeber für den Spieler ein Schutzniveau vor den besonderen Gefahren des Online-Glücksspiels schaffen.

Die Regelung des § 6c (Selbstlimitierung; Limitdatei für Glücksspiele im Internet) GlüStV 2021 ist dabei eine der wesentlichen Regelungen, die den Spieler vor der Entstehung und Vertiefung von Spielsucht bewahren soll.

  •  6c Selbstlimitierung; Limitdatei für Glücksspiele im Internet

(1) 1Bei der Registrierung sind die Spieler dazu aufzufordern, ein individuelles monatliches anbieterübergreifendes Einzahlungslimit festzulegen oder anzugeben, dass ein bereits festgelegtes individuelles monatliches anbieterübergreifendes Einzahlungslimit unverändert beibehalten werden soll. 2Das anbieterübergreifende Einzahlungslimit darf grundsätzlich 1000 Euro im Monat nicht übersteigen. 3In der Erlaubnis kann zur Erreichung der Ziele des § 1 festgelegt werden, dass und unter welchen Voraussetzungen der Erlaubnisinhaber im Einzelfall mit anbieterübergreifender Wirkung einen abweichenden Betrag festsetzen kann. […]

Der Spieler muss bei der Registrierung ein monatliches Limit für Einzahlungen festlegen. Das Limit darf 1.000,- € in der Regel nicht übersteigen. Das Limit gilt anbieterübergreifend. Der Verlust eines Spielers soll so auf 1.000,- € im Monat begrenzt werden.

Auf den ersten Blick erscheint die Regelung verständlich und mit einem Limit von 1.000,- € pro Monat den Belangen der Anbieter und den angestrebten Spielerschutz in einem ausgewogenen Maße Rechnung zu tragen.

Es muss wiederholt werden: Das Limit darf grundsätzlich 1.000,- € betragen!

Besondere Voraussetzungen oder Prüfungen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Spielers finden bis zu diesem Limit nicht statt.
Jeder Spieler kann jederzeit und von jedem Ort aus bis zu 1.000,- € pro Monat für Online-Sportwetten oder Online-Casinospiele bei einem oder mehreren Anbietern einzahlen.

Der absoluten Mehrzahl der deutschen Haushalte dürften keine 1.000,- € pro Monat zur reinen Freizeitgestaltung zur Verfügung stehen. Für eine Vielzahl von Spielern und deren Familien dürfte ein Verlust von 1.000,- € pro Monat vielmehr den finanziellen Ruin bedeuten.

In den Jahren 2019 bis 2021 soll laut verschiedenen Statistiken das durchschnittliche Netto-Monatsgehalt ca. 2.000,- € betragen haben. Nach einer der wesentlichen Spielerschutzregelungen des Glücksspielstaatsvertrages 2021 soll es also grundsätzlich in Ordnung sein, wenn der durchschnittliche Spieler die Hälfte seines Einkommens verspielt.

Mit dem Online-Glücksspiel sind unkontrollierte Gefahren für Verbraucher verbunden, die die Entwicklung von Spielsucht und übermäßige Ausgaben für das Spielen begünstigen und deshalb die damit verbundenen negativen sozialen und moralischen Folgen vergrößern können (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.10.2017 - 8 C 18.16 - Rn. 31). Spielsucht und übermäßige Ausgaben können zu schwerwiegenden Folgen nicht nur für die Betroffenen selbst, sondern auch für ihre Familien und für die Gemeinschaft führen (vgl. BVerfG Beschluss v. 14.10.2008 - 1 BvR 928/18 - Rn. 29).

Der Gedanke einer Verlustbegrenzung durch Schaffung eines anbieterübergreifenden Einzahlungslimits ist sicherlich zu begrüßen.
Der von dem Gesetzgeber gewählte Betrag von 1.000,- € erscheint jedoch angesichts der Realität der Einkommenslage eines Großteils der Bevölkerung zu hoch gegriffen.

Sicherlich darf nicht verkannt werden, dass ein zu geringes Limit die Annahme der Selbstlimitierung durch die Spieler verhindern und ein Abwandern hin zu illegalen Angeboten zur Folge haben könnte.

Der Gesetzgeber hat dieses Problem erkannt und aus diesem Grund auch eine abweichende und höhere Selbstlimitierung ermöglicht. In den Erläuterungen des Gesetzgerbers zum Glücksspielstaatsvertrag ist ausgeführt:

„Zur Erreichung der Ziele des § 1 kann die jeweilige Erlaubnisbehörde Anbietern ermöglichen, dass bei ihnen mit anbieterübergreifender Wirkung einzelne Spieler einen abweichenden Betrag, welcher durch den Staatsvertrag betragsmäßig nicht festgelegt ist, festsetzen können (Absatz 1 Satz 3). 

[…] 

Die Möglichkeit zur Erhöhung des grundsätzlichen gesetzlichen Höchstbetrages dient unter Berücksichtigung der übrigen Ziele des § 1 der Lenkung des natürlichen Spieltriebes im Einzelfall von Personen, die jedenfalls nicht spielsuchtgefährdet und finanziell hinreichend leistungsfähig sind, in geordnete und überwachte Bahnen und der Zurückdrängung des vorhandenen sowie der Verhinderung der Ausbreitung des Schwarzmarktes.“ (Erläuterungen zum Glücksspielstaatsvertrag 2021, Hervorhebung durch uns) 

Der Gesetzgeber führt weiter aus:

„Sofern einem Anbieter die Festlegung eines erhöhten Einzahlungslimits erlaubt wurde, soll die Behörde in der Erlaubnis festlegen, dass durch geeignete Maßnahmen zu prüfen und festzustellen ist, dass der jeweilige Spieler, bevor er sein individuelles Limit höher festsetzen darf, kein auffälliges Spielverhalten gezeigt hat und sich dies auch nach Erhöhung des Limits nicht ändert sowie eine hinreichende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit beim Spieler gegeben ist.“ (Erläuterungen zum Glücksspielstaatsvertrag 2021, Hervorhebung durch uns) 

Da bei einem höheren Limit ohnehin eine Prüfung des Spielverhaltens und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Spielers erforderlich ist, hätte eine geringere gesetzliche Festlegung des „grundsätzlichen“ monatlichen Einzahlungslimits einen wesentlich effektiveren Spielerschutz bedeutet.

Bedenklich ist, dass der Anbieter des Online-Glücksspiels, also gerade derjenige, der die Gelder erhalten will, überprüfen soll, ob der Spieler sich einen höheren Verlust im Monat tatsächlich erlauben kann.

In unserem Hause sind bereits erste Fälle bekannt, in denen lizenzierte Online-Sportwettenanbieter weitaus mehr als 1.000,- € pro Monat von einem Spieler entgegengenommen haben. So wurden hier bereits Fälle bekannt, in denen Spieler innerhalb von 2 Monaten bis zu 30.000,- € und mehr verloren haben.
Eine Prüfung des Spielverhaltens oder der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Spieler fand vor den Einzahlungen nicht statt.

Ohne eine eigene Selbstlimitierung des Spielers über das gesetzlich angeordnete Einzahlungslimit hinaus sowie Überprüfung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Spielers und Überprüfung des Spielverhaltens, haben die Online-Sportwettenanbieter diese Beträge unserer Ansicht nach zu Unrecht vereinnahmt.

Wir meinen, dass die Online-Sportwettenanbieter diese Beträge zu erstatten haben. Wenn auch von Ihnen Einzahlungen über das gesetzlich angeordnete Einzahlungslimit hinaus angenommen wurden, beraten wir Sie gerne, ob auch in Ihrem Fall mögliche Erstattungsansprüche in Betracht kommen.

Rechtsanwalt Lenné:

„Ebenso wie bei dem bisherigen Online-Casinoverbot, werden sich die Anbieter nicht an die Regelungen halten, wenn über die deutschen Zivilgerichte kein Druck ausgeübt wird. Wir werden weiter für den Spielerschutz kämpfen!“

 Bereits bei den Klagen gegen die bis Mitte 2021 noch verbotenen Online-Casinos war die Kanzlei Lenné als eine der ersten tätig und konnte wegweisende Präzedenzurteile gegen die illegalen Anbieter erstreiten. Wir verfügen daher über Erfahrung aus einer Vielzahl von Fällen in der Verfahrensführung auch gegen im Ausland ansässige Online-Glücksspielanbieter.

Ein Erstgespräch ist bei uns kostenlos.



Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Guido Lenné

Beiträge zum Thema