Einziehung von Taterträgen gem. §§ 73 ff. StGB - Verschlechterungsverbot § 331 StPO bei Einziehung erst in der Berufung

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Die Einziehung von Taterträgen wurde 2017 reformiert. Ungeklärt war die Frage, ob nach der Reform eine Einziehung auch noch in der Berufungsinstanz erfolgen kann, wenn in der ersten Instanz unterblieben war. Die Frage hat der Bundesgerichtshof (BGH) im Jahr 2019 geklärt.


Zum Sachverhalt:

Ein Jugendlicher hatte über eine OnlineVerkaufsplattform einen PKW der Oberklasse für 30.000,00 € zum Kauf angeboten. Tatsächlich war er weder willens noch in der Lage das Auto zu übergeben. Der getäuschte Käufer überwies den Kaufpreis. Den PKW erhielt er nicht. Entsprechend erfolgte eine Verurteilung wegen Betruges. Vermögensabschöpfende Maßnahmen, wie die Einziehung des Tatertrages von 30.000,00 €, erfolgte nicht.

Gegen die Verurteilung legte nur der Angeklagte Berufung ein. Im weiteren Verlauf wurde die Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt. Erst in der Berufungshauptverhandlung beantragte die Staatsanwaltschaft erstmals die Einziehung der aus der Tat erlangten 30.000,00 €. Die Jugendkammer beim Landgericht verwarf die Berufung. Die von der Staatsanwaltschaft beantragte Einziehung lehnte das Landgericht unter verweis auf das in § 331 StPO geregelte Verschlechterungsverbot ab.

Gegen die Entscheidung des Landgerichts legte die Staatsanwaltschaft Revision zum Oberlandesgericht ein. Dabei bereits ein anderes Oberlandesgericht im November 2017 die Rechtsansicht des Landgerichts vertreten hatte, wonach das Verbot der Schlechterstellung der nachträglichen Einziehung in der Berufungsinstanz entgegensteht, wurde die Rechtsfrage dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt. 


Die zu klärende Rechtsfrage:

Die dem BGH zur Klärung vorgelegte Frage lautete: „Schließt das Verbot der Verschlechterung die erstmalige Anordnung einer Einziehung von Taterträgen oder des Wertes von Taterträgen durch das Berufungsgericht auf die allein vom Angeklagten geführte Berufung auch dann aus, wenn eine selbstständige Anordnung gemäß § 76 a StGB möglich ist?".


Rechtliche Bewertung durch den BGH:

Der Generalbundesanwalt hat in seiner Stellungnahme die Ansicht vertreten, dass die Rechtsfrage auch die Fälle der Revision und Wiederaufnahme betrifft, sich gleichzeitig aber auf in seiner Argumentation auf die Seite des Landgerichts und der Verteidigung gestellt. Auch aus Sicht des Generalbundesanwalt ist ist eine nachträgliche Einziehung ausgeschlossen.

Der BGH hat sich klar positioniert und der Rechtsansicht des Oberlandesgerichts eine Absage erteilt. Nach Auffassung des BGH ist die durch das Oberlandesgericht "vertretene Rechtsauffassung mit der eindeutigen, einer anderweitigen Beurteilung nicht zugänglichen Gesetzeslage unvereinbar". Das Verbot der Schlechterstellung soll gewährleisten, dass der Angeklagte bei seiner Entscheidung, ob er von einem ihm zustehenden Rechtsmittel bzw. einem Wiederaufnahmeantrag Gebrauch machen will, nicht durch die Besorgnis beeinträchtigt wird, es könne ihm durch die Einlegung ein Nachteil entstehen. Im Gesetz seien lediglich Ausnahmen für die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt vorgesehen. Weitere Ausnahmen vom Verschlechterungsverbot gäbe es nicht. Hieran hätte sich auch im Zusammenhang mit der Reform der Farbschöpfung nichts geändert.


Auswirkungen für die Praxis:

Da zwischenzeitlich in einer Vielzahl von Strafverfahren die Frage der Einziehung von Taterträgen oder Wertersatz im Raum steht, sollte von Beginn an ein wirr basierte Strafverteidiger zugezogen werden. Nur so läuft man nicht Gefahr, dass unter Umständen fehlerhaft vorgenommene Anträge auf Einziehung von Wertersatz seitens der Staatsanwaltschaft oder Entscheidungen durch die Gerichte rechtskräftig werden. Da das neue rechts der Vermögensabschöpfung auch einige Fälle vorsieht, in welchen eine selbstständige Einziehung erfolgen kann – was nach altem Recht nicht möglich war –, war die vom BGH entschiedene Frage sehr entscheidend.


RA Hamm hat sich u.a. auf die Verteidigung in Wirtschafts- und Steuerstrafverfahren spezialisiert und ist deutschlandweit tätig. In diesem Zusammenhang setzt er sich regelmäßig mit der Einziehung von Tatmitteln / Taterträgen auseinander. Am besten melden Sie sich gleich, wenn Ihnen der Vorwurf einer Straftat gemacht wird. Gleiches gilt, wenn Ihnen ein Arrestbeschluss zugestellt wird - egal, ob Sie Beschuldigter oder Dritter sind. Machen Sie bitte gegenüber den Ermittlungsbehörden bzw. dem Gericht keine Angaben, ohne mit einem spezialisierten Anwalt gesprochen zu haben. Melden Sie sich gleich. Nur so kann RA Hamm frühzeitig für Sie tätig werden und alle Möglichkeiten im Strafverfahren für Sie geltend machen.


Rechtsanwalt Werner Hamm

Fachanwalt für Strafrecht
Fachanwalt für Steuerrecht
Zertifizierter Berater für Steuerstrafrecht (DAA)

Bogdahn & Partner mbB Rechtsanwälte



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