"Eltern haften für ihre Kinder" - stimmt das?

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„Eltern haften für ihre Kinder“ heißt es häufig auf Baustellen und an anderen Gefahrenstellen. Doch müssen Eltern tatsächlich für alle Schäden aufkommen, die ihre Kinder verursachen?

In Wahrheit ist die Haftung von Eltern differenzierter zu betrachten, als es die Warnschilder am Baustellenzaun vermitteln.

Haftung nur für eigene Verstöße gegen Aufsichtspflicht

Denn Eltern haften streng genommen nur für eigene Verstöße gegen ihre Aufsichtspflicht, nicht aber für das Fehlverhalten ihres Kindes selbst. Haben die Eltern ihr Kind hinreichend beaufsichtigt und entwischt es trotzdem auf die Baustelle, haften die Eltern für dort angerichtete Schäden grundsätzlich nicht.

Wann Eltern ihrer Aufsichtspflicht gerecht werden, hängt stets vom Einzelfall ab. Bei der Bemessung der Aufsichtspflicht sind unter anderem das Alter des Kindes, sein Charakter und sein bisheriges Verhalten sowie die Gefahrenquellen vor Ort zu berücksichtigen. Je jünger und unruhiger das Kind, desto höhere Anforderungen sind an die Aufsichtspflicht zu stellen.

Anforderungen an Aufsichtspflicht hängen vom Alter des Kindes ab

Der Bundesgerichtshof hat diesen Grundsatz weiter konkretisiert. Fünfjährige können demnach in der Regel 30 Minuten an verhältnismäßig ungefährlichen Stellen wie zum Beispiel einfachen Spielplätzen unbeaufsichtigt spielen, ohne dass die Aufsichtspflicht der Eltern verletzt ist. Bei Siebenjährigen sind auch zwei Stunden in der Regel unproblematisch. Diese Zeitwerte sind selbstverständlich nur als grobe Richtwerte zu verstehen und den konkreten Situationen anzupassen.

Werden die Eltern ihrer Aufsichtspflicht gerecht und kommt es trotzdem zu einem vom Kind verursachten Schaden, haftet das Kind unter Umständen selbst. Dies ist jedoch grundsätzlich erst ab einem Alter von sieben Jahren möglich. Denn vorher sind Kinder erst gar nicht schuldfähig. Für Schäden im Straßenverkehr haften Kinder (soweit sie nicht vorsätzlich handeln) erst ab einem Altern von zehn Jahren.

Für ältere Kinder gilt bis zum Erreichen der Volljährigkeit, dass sie abhängig von ihrer Einsichtsfähigkeit haften. Ist für sie die Gefahr ihres Handelns erkennbar, haben sie die daraus entstandenen Schäden grundsätzlich zu begleichen. Die erforderliche Einsichtsfähigkeit kann bei einem Siebenjährigen zum Beispiel vorliegen, wenn er trotz Warnung mit einer Schleuder das Auge eines Dritten verletzt. Gleiches kann für einen Zehnjährigen gelten, der eine Scheune in Brand setzt.

Die Schadensersatzforderung des Minderjährigen kann bis zu 30 Jahre vollstreckt werden. Ist der Minderjährige also bei Schadenseintritt mittellos und ist auch keine Versicherung zur Leistung verpflichtet, muss er seine Schadensersatzpflicht womöglich aus seinem später folgendem Einkommen begleichen.


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