Erbschaftsteuer-Reform: Handlungsbedarf bei Satzungen von Familiengesellschaften

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Der Bundesrat hat am 14.10.2016 einem neuen Erbschaftsteuer-Schenkungsteuerrecht zugestimmt. Erforderlich wurde das neue Gesetz bekanntlich aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 17.12.2014, mit dem die bisherige Regelung aus den Jahren 2009/2013 für verfassungswidrig erklärt wurde. Die neuen Regelungen sollten vor allem Familienunternehmer, welche ihr Unternehmen mittelfristig auf die nächste Generation übertragen wollen, dazu anhalten, ihre gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen zu überprüfen und an die neue Rechtslage anzupassen.

Im Einzelnen:

1. Inkrafttreten

Das neue Gesetz tritt rückwirkend zum 01.07.2016 in Kraft. Das bedeutet, dass sämtliche Übertragungsvorgänge ab der zweiten Jahreshälfte 2016 am Maßstab des neuen Gesetzes zu messen sind. Diese Rückwirkung dürfte verfassungsrechtlich unproblematisch sein.

2. Die Einzelheiten der Reform

Mit der Zustimmung des Bundesrats findet ein längeres parlamentarisches Verfahren seinen Abschluss. Die Karlsruher Richter hatten dem Gesetzgeber aufgegeben, bis 30.06.2016 eine Neuregelung zu finden. Quasi „in letzter Sekunde“ wurde ein Kompromiss erzielt, der folgende Eckpunkte enthält.

2.1. „Verschonungsregime“

Die bekannte Systematik des Verschonungsregimes aus Abschlägen vom Übertragungswert bleibt erhalten, wird aber modifiziert. Die „Regelverschonung“ (85 % auf Betriebsvermögen) wird vorgenommen, wenn die kumulierte Lohnsumme nach fünf Jahren nicht 400 % der Ausgangslohnsumme unterschreitet. Zudem muss das erworbene Vermögen mindestens fünf Jahre im Unternehmen erhalten bleiben. Alternativ hierzu ist eine „Optionsverschonung“ (100%-iger Bewertungsabschlag) möglich, sofern die Lohnsumme nach sieben Jahren nicht bei weniger als 700 % der Ausgangslohnsumme liegt. Für die Optionsverschonung beträgt die Behaltensfrist sieben Jahre.

2.2. Verwaltungsvermögensquote

Voraussetzung für die Gewährung des 100%-igen Abschlags im Rahmen der „Optionsverschonung“ ist der – aus dem bisherigen Recht bereits bekannte – Verwaltungsvermögenstest. Das begünstigungsfähige Vermögen darf zu maximal 20 % aus Verwaltungsvermögen bestehen.

Nicht zum Verwaltungsvermögen gehören die Teile des begünstigungsfähigen Vermögens, die ausschließlich aus der Erfüllung von Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen bestehen.

Die Möglichkeit, privat genutzte Wertgegenstände in das Betriebsvermögen zu verlagern und hierfür die Erbschaftsteuerbegünstigung zu erlangen, wird erschwert.

2.3. Finanzmitteltest

Der Abzug von 15 % findet nur Anwendung, wenn das begünstigungsfähige Vermögen nach seinem Hauptzweck einer (originär) gewerblichen Tätigkeit dient.

2.4. Abschlag bei Familienunternehmen

Bei Vorliegen von drei Voraussetzungen wird ein (zusätzlicher) Abschlag von maximal 30 % auf das begünstigte Vermögen gewährt: Der Gesellschaftsvertrag muss Regelungen zur Gewinnentnahme, zur Übertragbarkeit der Anteile und zur Beschränkung der Abfindung enthalten; diese müssen auch den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen.

So dürfen maximal 37,5 % des Nachsteuergewinns ausgeschüttet/entnommen werden (Entnahmen für Zwecke der Einkommensteuerzahlungen werden nicht angerechnet).

Die Gewährung des Verschonungsabschlags von 30 % setzt außerdem voraus, dass über die Anteile an der Gesellschaft nicht frei verfügt werden kann. Eine Verfügung über eine Beteiligung an einer Personengesellschaft oder einer Kapitalgesellschaft auf Angehörige, über eine Familienstiftung oder auf Mitgesellschafter soll aber wohl zulässig sein.

Der Abschlag von 30 % kann außerdem nur gewährt werden, wenn der Gesellschaftsvertrag Beschränkungen der Abfindung im Fall des Ausscheidens aus der Gesellschaft vorsieht. Gerade hier kann es zu Konflikten mit Vorgaben aus dem Gesellschafts- bzw. allgemeinen Zivilrecht kommen, insbesondere, weil eine Beschränkung der Abfindung – u. a. wegen Sittenwidrigkeit – unwirksam sein kann.

3. Fazit/Handlungsempfehlungen

Teile der Literatur gehen davon aus, dass auch das neue Erbschaftsteuergesetz zur Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht gestellt wird; in der Tat wirken die Regelungen noch komplizierter als bisher und weisen partiell Begünstigungslücken auf. Bis auf weiteres wird man aber mit dem neuen Gesetz arbeiten müssen.

Gerade im Hinblick auf den 30%-igen Abschlag für Familienunternehmen ist dringend zu raten, die aktuellen gesellschaftsrechtlichen Regelungen anzupassen. So werden etwa die meisten Satzungen keine Beschränkung der Entnahmen auf maximal 37,5 % enthalten.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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