Ersatzfähige Schadenspositionen nach Verkehrsunfall - Nutzungsausfallentschädigung bei fiktiver Abrechnung

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Das Oberlandesgericht (OLG) München musste sich mit der Frage beschäftigen, ob bzw. in welchem Umfang ein Unfallgeschädigter von dem Unfallverursacher bzw. dessen Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer -bei fiktiver Abrechnung seines Schadens mittels Sachverständigengutachten- die Zahlung von Nutzungsausfallentschädigung verlangen kann.

Mit Urteil vom 24.03.2021, Az.: 10 U 6761/19, stellte das OLG München die nachfolgenden Grundsätze auf:

Im Ausgangspunkt gelangte das OLG zunächst zu dem Ergebnis, dass Nutzungsausfallentschädigung auch bei fiktiver Schadensabrechnung für die Dauer einer fühlbaren Gebrauchsbeeinträchtigung des Geschädigten zu erstatteten ist. Die Vorlage einer Reparaturrechnung ist mithin keine Zahlungsvoraussetzung.

Auch bei fiktiver Schadensabrechnung, so dass OLG München, ist der Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung selbst jedoch nicht fiktiv, sondern der Ausgleich eines tatsächlich entstandenen fühlbaren Nutzungsausfalls. Folglich ist es dem Geschädigten – im Rahmen der Erforderlichkeit einerseits und der Verhältnismäßigkeit andererseits – auch bei fiktiver Abrechnung des Sachschadens unbenommen, dem Schädiger alle Zeiträume in Rechnung zu stellen, die der eigentlichen Wiederbeschaffung bzw. Reparatur vorausgehen und binnen derer er unfallbedingt auf sein Fahrzeug verzichten musste. Somit steht dem Geschädigten regelmäßig neben der kalkulierten Reparatur- bzw. Wiederbeschaffungsdauer eine Nutzungsausfallsentschädigung auch für den Zeitraum zu, der bis zur Vorlage des Gutachtens vergangen ist; ebenso hat er danach noch Anspruch auf Ausgleich eines eingetretenen Nutzungsausfalls für die Dauer einer angemessenen Überlegungsfrist.

Das OLG München zieht insofern Parallelen zu einer konkreten Schadensregulierung, d.h. einer Regulierung unter Vorlage einer Werkstattrechnung und Nachweis der tatsächlichen Reparaturdauer. Dies wird auch aus den weiteren Urteilsgründen heraus deutlich. In diesen weißt das OLG darauf hin, dass ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung über die gewöhnliche Reparatur- oder Wiederbeschaffungszeit hinaus im Hinblick auf die Schadensminderungspflicht nach § 254 II BGB voraussetzt, dass der Geschädigte nicht in der Lage ist, ohne Erhalt der Entschädigung die Reparatur oder den Erwerb eines Ersatzfahrzeugs vorzufinanzieren.

Schließlich ist ein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung auch im Rahmen fiktiver Abrechnung auch dann nicht gegeben, wenn der Geschädigte ein Zweitfahrzeug nutzen kann. Aufgrund dessen muss der Geschädigte im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast darlegen, ob und inwieweit ihm für den Zeitraum, für den er eine Nutzungsentschädigung beansprucht, ein Zweitfahrzeug zur Nutzung zur Verfügung stand.

Fazit: Der Unfallgeschädigte ist Herr des Verfahrens. Er hat es selbst in der Hand, auf welcher Basis (konkret oder fiktiv) er eine Regulierung seines Schadens begehrt. Dabei spielen naturgemäß auch die finanziellen Folgen eine tragende Rolle. Es ist legitim, wenn ein Unfallgeschädigter versucht, die für ihn günstigste/lohnenswerteste Variante zu wählen. Hierzu kann/sollte sich ein Unfallgeschädigter eine(n) versierte(n) Fachanwalt/Fachanwältin für Verkehrsrecht hinzuziehen. Die damit verbundenen Kosten hat im Falle eines unverschuldeten Unfalls im Übrigen auch der Schädiger bzw. dessen Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer zu tragen.

Martin Volkmann

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Fachanwalt für Versicherungsrecht

Foto(s): volkmann@bskp.de

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