EuGH: Vor Scharia-Gericht erfolgte Scheidung muss in Deutschland nicht anerkannt werden

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Der Europäische Gerichtshof entschied auf eine Vorlagefrage des Oberlandesgerichtes München, dass die Rom-III-Verordnung auf Privatscheidungen nicht anwendbar sei. 

Im Ausgangsverfahren schlossen die Beteiligten im Jahr 1999 die Ehe in Homs, Syrien. Am 19.05.2013 erklärte der Ehemann die Scheidung von seiner Ehefrau vor dem geistlichen Scheidungsgericht in Syrien, woraufhin das Gericht die Scheidung feststellte. Die Ehefrau unterschrieb anschließend eine Erklärung, wonach sie alle Leistungen erhalten habe, die ihr nach religiösen Vorschriften aus dem Ehevertrag und der auf einseitigen Wunsch vorgenommenen Scheidung zustehen. 

Der Europäische Gerichtshof entschied auf eine Vorlagefrage des Oberlandesgerichtes München, dass die Rom-III-Verordnung auf Privatscheidungen nicht anwendbar sei.

Im Ausgangsverfahren schlossen die Beteiligten im Jahr 1999 die Ehe in Homs, Syrien. Am 19.05.2013 erklärte der Ehemann die Scheidung von seiner Ehefrau vor dem geistlichen Scheidungsgericht in Syrien, woraufhin das Gericht die Scheidung feststellte. Die Ehefrau unterschrieb anschließend eine Erklärung, wonach sie alle Leistungen erhalten habe, die ihr nach religiösen Vorschriften aus dem Ehevertrag und der auf einseitigen Wunsch vorgenommenen Scheidung zustehen.

Der Ehemann beantrage am 30.10.2013 die Anerkennung der in Syrien ausgesprochenen Ehescheidung, welcher der Präsident des Oberlandesgerichtes München stattgab. Er stellte fest, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Ehescheidung vorlägen. Am 18.02.2014 beantragte die Ehefrau diese Entscheidung aufzuheben und auszusprechen, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung der Ehescheidung nicht erfüllt seien. Dieser Beschwerde wurde vom Präsident des Oberlandesgerichtes nicht abgeholfen, mit der Begründung, die Verordnung Nr. 1259/2010 (Rom-III-Verordnung) sei auch auf Privatscheidungen anwendbar. Unter Privatscheidungen sind solche Ehescheidungen zu verstehen, die nicht unter konstitutiver Mitwirkung eines Gerichts oder einer Behörde ausgesprochen werden, sondern durch eine geistliche Stelle. Das Oberlandesgericht München setzte daraufhin das Verfahren aus und legte dem Europäischen Gerichtshof die Frage nach der Auslegung der Verordnung vor.

Daraufhin stellte der Europäische Gerichtshof zunächst fest, dass eine Anwendbarkeit der Verordnung grundsätzlich für die Anerkennung einer im Drittstaat ergangenen Ehescheidung nicht gelte. Die Auslegung des Unionsrechts sei aber deshalb relevant, weil nach deutschem Recht die materiellen Voraussetzungen, die eine im Drittstaat ausgesprochene Privatscheidung erfüllen muss, anhand der Rom-III-Verordnung geprüft werden.

Der Europäische Gerichtshof verneinte eine Anwendbarkeit der Rom-III-Verordnung auf Privatscheidungen. Der Begriff der "Ehescheidung" in der Verordnung erfasse nur Ehescheidungen, die entweder von einem staatlichen Gericht oder von einer öffentlichen Behörde bzw. unter deren Kontrolle ausgesprochen werde. Die vor einem geistlichen Gericht bewirkte Ehescheidung sei nicht vom sachlichen Anwendungsbereich der Verordnung erfasst.

EuGH, Urteil vom 20.12.2017, AZ C-372/16


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