Fiktive Reparaturkosten nach Unfall – Verweis auf günstige Reparaturwerkstatt zumeist unzulässig

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Welcher Unfallgeschädigte hat derartige Schreiben nicht selbst schon gesehen, in denen geschrieben steht: „Wir haben das von Ihnen eingereichte Gutachten prüfen lassen. Die Reparatur Ihres Fahrzeugs kann für 1.978,56 EUR in der Werkstatt „Bastelstube Buxtehude“ durchgeführt werden. Die von Ihnen bezifferten Reparaturkosten von 3.145,37 EUR sind nicht erforderlich. Bei der von uns benannten Werkstatt handelt es sich um eine überregional bekannte, bestens ausgerüstete Werkstatt…“

Das liest sich beeindruckend. Zudem birgt dieses Vorgehen ein kaum vorstellbares Einsparpotential für alle Versicherer. Doch sind solche Kürzungen in den allermeisten Fällen unwirksam.

Spätestens seit der als sog. Porsche-Urteil bekannt gewordenen Entscheidung des BGH (Az.: VI ZR 398/02) wurde im Grundsatz die Möglichkeit des Geschädigten bejaht, die fiktive Reparaturkostenabrechnung auf Basis der von seinem Sachverständigen in das Schadensgutachten aufgenommenen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt vornehmen zu können. Allerdings müsse sich der Geschädigte auf eine mühelose, ihm ohne Weiteres zugängliche günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit verweisen lassen.

In seiner Folgeentscheidung VI ZR 53/09, dem sog. VW-Urteil, konkretisierte der BGH diese Vorgaben.

Geklagt hatte ein Kläger, dessen Fahrzeug ein zum Unfallzeitpunkt ca. 9 ½ Jahre alter VW Golf mit einer Laufleistung von über 190.000 km war und bei dem Unfall beschädigt wurde. Der Kläger begehrte Reparaturkostenersatz auf Basis eines von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens und unter Zugrundelegung von Stundenverrechnungssätzen einer markengebundenen Fachwerkstatt.

Die Parteien stritten um die Frage, ob sich der Kläger im Rahmen der fiktiven Abrechnung seines Fahrzeugschadens auf niedrigere Stundenverrechnungssätze einer ihm vom Haftpflichtversicherer des Schädigers benannten „freien Karosseriefachwerkstatt“ verweisen lassen muss oder ob er auf der Grundlage des von ihm vorgelegten Sachverständigengutachtens die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen VW-Fachwerkstatt erstattet verlangen kann.

Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung zwar im Grundsatz daran festgehalten, dass der Versicherer in geeigneten Fällen den Geschädigten im Rahmen der fiktiven Reparaturkostenabrechnung auf eine günstigere Werkstatt verweisen kann. Doch sind die Anforderungen an eine solche Verweisung sehr hoch.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht Lars Ullmann aus Zwickau fasst zusammen: „Eine Verweisung ist stets dann unzulässig, wenn das Fahrzeug des Geschädigten zum Unfallzeitpunkt nicht älter ist als 3 Jahre. Verwiesen werden darf ferner nicht, wenn das Geschädigtenfahrzeug zwar älter ist, jedoch regelmäßig markengebunden gewartet und gepflegt wurde.“

Doch selbst dann, wenn das Fahrzeug älter als 3 Jahre ist und eine durchgängige markengebundene Wartung und Pflege nicht nachgewiesen werden kann, ist die Verweisung des Versicherers häufig unwirksam. Vielfach handelt es sich bei den Verweisungswerkstätten um sog. Vertragswerkstätten des Versicherers. Den in den Prüfberichten angegebenen Preisen liegen Preisabsprachen zugrunde zwischen Versicherer und Werkstatt. Auf solche Vereinbarungspreise aber darf nicht verwiesen werden.

In der Region um Zwickau, Glauchau, Auerbach, Reichenbach und Aue beispielsweise ist häufig festzustellen, dass Werkstätten aus benachbarten Gemeinden als sog. Verweisungswerkstatt benannt werden. Es soll, so der Versicherer, dem Geschädigten zugemutet werden, wegen ein paar hundert Euro in eine 25 km entfernte und nur „über die Dörfer“ erreichbare Werkstatt zu fahren, um sein Fahrzeug dort reparieren zu lassen.

Fachanwalt Lars Ullmann aus Zwickau weiß: „Findet sich am Wohnort des Geschädigten eine markengebundene Fachwerkstatt, so dürfte eine Verweisung selbst in eine mehr als 10 Kilometer entfernte Verweisungswerkstatt kaum mehr als zumutbar anzusehen sein.“

Auch hierzu hat sich der BGH in seinem Urteil vom 23.02.2010, Az.: VI ZR 91/09, bereits geäußert und dort eine Entfernung von 21 km nur deshalb als unschädlich angesehen, weil der dortige Geschädigte vergessen hatte vorzutragen, dass eine markengebundene Werkstatt wesentlich näher liegt als die Verweisungswerkstatt.

Rechtsanwalt Lars Ullmann: „Die meisten Kürzungen bei den Reparaturkosten sind rechtswidrig. Lassen Sie Ihre „Kürzungsschreiben“ deshalb in jedem Falle rechtlich prüfen.“

Rechtsanwalt Ullmann vertritt eine Vielzahl von Mandanten in Schadensersatzfällen nach Verkehrsunfällen. Gerade in der Region Zwickau und Umgebung wird die BGH-Rechtsprechung angewandt, sodass Geschädigte im Ergebnis zu ihrem berechtigten Schadenersatz kommen werden.

Rechtsanwalt Lars Ullmann aus Zwickau steht Unfallgeschädigten gern als juristischer Ansprechpartner für eine kostenlose Erstberatung und Anspruchsprüfung zur Verfügung. Vereinbaren Sie gerne einen Termin.



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