Formen des Erbverzichts

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Der Erbverzicht ist nicht mit der Erbausschlagung zu verwechseln. Die Erbausschlagung erfolgt immer nach Tod des Erblassers. Der Erbverzicht hingegen findet in den meisten Fällen zu Lebzeiten des Erblassers statt. Es handelt sich um einen Vertrag zwischen dem Erblasser und einer erbberechtigten Person, in dem Letztere erklärt, auf ihr gesetzliches Erbrecht zu verzichten. Solche Personen sind i. d. R. Ehegatten und Abkömmlinge (Kinder, Enkel) des Erblassers.

Welchen Sinn hat ein Erbverzicht?

Ziel einer solchen Vereinbarung ist meist, das Vermögen damit besser zusammenzuhalten. Insbesondere lohnt sich das deshalb z. B. bei einem Familienunternehmen. Häufig wird etwa auch eine Immobilie bereits zu Lebzeiten von den Eltern auf das Kind übertragen, um steuerrechtliche Freibeträge auszunutzen und Erbschaftssteuer zu sparen. Im Gegenzug wird ein Erbverzicht vereinbart, damit das bereits bedachte Kind keine weiteren Ansprüche mehr geltend machen kann.

Worauf wird genau verzichtet?

Der Erbverzicht kann sich erstrecken auf:

  • das gesetzliche Erbrecht
  • das Pflichtteilsrecht
  • das gesetzliche Erbrecht und das Pflichtteilsrecht
  • einen Teil des Pflichtteilsrechts (z. B. nur den Pflichtteilsergänzungsanspruch oder einen Bruchteil des Pflichtteils)

Welche Formen des Erbverzichts gibt es?

Erbverzicht der Abkömmlinge

Verzichtet ein Kind des Erblassers auf seinen gesetzlichen Erbteil, wird es bei Eintritt des Erbfalls so behandelt, als habe es nie existiert. Deshalb erstreckt sich dessen Erbverzicht gemäß § 2349 Bürgerliches Gesetzbuch auch auf seine eigenen Kinder – der gesamte Stamm wird von der Erbfolge ausgeschlossen. Im Erbverzichtsvertrag kann jedoch eine abweichende Regelung getroffen werden.

Erbverzicht des Ehegatten

Verzichtet der Ehegatte des Erblassers, z. B. zugunsten der gemeinsamen Kinder, auf seinen Erbteil, schließt das nicht automatisch auch den Anspruch auf Zugewinnausgleich aus. Dieser kann nur im Rahmen eines Ehevertrags ausgeschlossen werden. Nach dem Tod des Erblassers hat der hinterbliebene Ehepartner deshalb einen Ausgleichsanspruch gegenüber den Erben.

Reiner Verzicht auf das Pflichtteilsrecht

Der Verzicht auf das Pflichtteilsrecht ist nicht gleichzusetzen mit dem Verzicht auf den Pflichtteil. Letzterer wird einseitig nach dem Erbfall erklärt, während es sich bei Ersterem um eine beidseitige Vereinbarung zwischen Pflichtteilsberechtigtem und Erblasser handelt. Vorteil des Verzichts nur auf das Pflichtteilsrecht ist, dass die Kinder des Verzichtenden ihr eigenes Erbrecht nicht verlieren. Eine weitere Folge ist, dass der Verzichtende weiterhin bei der gesetzlichen Erbfolge einberechnet werden muss – der Erblasser kann ihn aber durch ein Testament oder einen Erbvertrag dann gänzlich enterben.

Ist auch ein Erbverzicht nach Tod des Erblassers möglich?

Ist der Erblasser bereits verstorben, ist ein regulärer Erbverzicht nicht mehr möglich, da dieser immer von beiden Seiten vereinbart werden muss. Möglich ist jedoch eine Vereinbarung unter den Erben. In diesem Fall handelt es sich jedoch nicht um einen Erbverzichtsvertrag, sondern um einen Erlassvertrag gemäß § 397 Bürgerliches Gesetzbuch. Des Weiteren kann ein Verzicht nach Eintritt des Erbfalls auch als Ausschlagung oder Übertragung des Erbteils ausgelegt werden. Eine Übertragung würde einer Schenkung gleichkommen und Schenkungssteuer nach sich ziehen. 

Vertrag und Abfindung

Vertragspartner sind der Erblasser und der Verzichtende. Laut § 2348 Bürgerliches Gesetzbuch ist die notarielle Beurkundung verpflichtend, sonst ist der Vertrag unwirksam. Der Erbverzichtsvertrag kann nicht widerrufen, sondern nur durch einen erneuten Vertrag, der ebenfalls notariell beurkundet werden muss, aufgehoben werden.

Der Erbverzicht findet meist im Zuge einer Gegenleistung statt – in der Regel handelt es sich dabei um eine Abfindung. Zwingend ist eine solche aber nicht. Ist im Vertrag nichts Dahingehendes geregelt, gilt der Verzicht auch ohne Abfindung. Eine Abfindung entfällt häufig dann, wenn bereits eine andere Gegenleistung erfolgt ist, z. B. eine frühere Geldschenkung oder eine Immobilienübertragung. Gibt es hingegen eine Abfindung, muss darauf Schenkungssteuer gezahlt werden.


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