Gefahren für Arbeitnehmer in sozialen Medien?
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Kaum jemand wird heutzutage behaupten können ganz auf soziale Medien wie „Facebook“ oder „Instagram“ zu verzichten. Schnell ist unter einem Beitrag der „Gefällt-mir-Button“ geklickt oder ein Kommentar unter einem Bild hinterlassen.
Doch welche Gefahren bergen die private Nutzung von Facebook und Co. in Bezug auf das Arbeitsverhältnis?
Grundsätzlich ist das Verhalten in der Freizeit und somit auch die Nutzung von sozialen Medien außerhalb des Arbeitsverhältnisses privat. Es wird unter dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und der Meinungsfreiheit geschützt, sodass der Arbeitgeber in der Regel aus privaten Verhaltensweisen noch keine arbeitsrechtlichen Schlussfolgerunen ziehen darf.
Es gibt allerdings auch Fälle, in denen das private Verhalten des Arbeitnehmers den Betriebsfrieden oder berechtigte Interessen des Arbeitsgebers beeinträchtigt und gegebenenfalls eine Abmahnung oder gar Kündigung rechtfertigen kann. Der Betriebsfrieden ist besonders gefährdet, wenn das Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und -geber auf persönlicher Ebene betroffen ist, etwa aufgrund beleidigender Äußerungen. Zudem werden durch rechtswidrige außerdienstliche Verhaltensweisen des Arbeitnehmers berechtigte Interessen des Arbeitgebers beeinträchtigt, wenn es negative Auswirkungen auf den Betrieb oder einen Bezug zu seinen/ihren arbeitsvertraglichen Verpflichtungen verletzt werden.
Ein Auszubildender aus Bochum betitelte seinen Arbeitgeber beispielsweise bei „Facebook“ als einen „Menschenschinder und Ausbeuter“ und wurde daraufhin fristlos gekündigt. Das Landesarbeitsgericht Hamm (Urteil vom 10. Oktober 2012, 3 Sa 644/12) bestätigte die Wirksamkeit der Kündigung schließlich in der zweiten Instanz.
Grundsätzlich hat zwar jede Person ein Recht auf freie Meinungsäußerung im Internet, jedoch findet diese ihre Grenzen, wenn die Äußerung beleidigen ist oder keine sachliche Auseinandersetzung mit der Person/einem Unternehmen mehr im Vordergrund steht, sondern es allein um die Herabwürdigung einer Person/eines Unternehmens geht, sogenannte „unzulässige Schmähkritik“. Gerade bei Äußerungen über den Arbeitgeber muss die Loyalitätspflicht gegenüber dem eigenen Arbeitgeber einschränkend berücksichtigt werden.
Ein weiterer Fall beschäftigte das Arbeitsgericht Braunschweig (Urteil vom 16.03.2018, Ca 295/17) und in zweiter Instanz das Landesarbeitsgericht Niedersachsen (Urteil vom 21.03.2019, 13 Sa 371/18). Ein angestellter Maschinenschlosser wurde in (sozialen) Medien während des Urlaubs auf Mallorca in einer Großraumdiskothek bei einer Gruppe junger Männer gezeigt, welche eine Fahne ausrollten, die weitgehend der zu Nazizeiten verwendeten Reichskriegsflagge ähnelte. Nach ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats wurde dem Betroffenen außerordentlich und hilfsweise ordentlich gekündigt.
Der Vorfall im Juni 2017 war in verschiedenen sozialen Medien Gegenstand der Berichterstattung, wobei teilweise auch der Name der Arbeitgeberin des Angestellten erwähnt wurde. Diese Verbindung zur Arbeitgeberin fanden die Medien u. a. über das private Facebook Profil des Arbeitnehmers heraus.
Die Gerichte hielten die Kündigung der Arbeitgeberin für unwirksam, da es sich um außerdienstliches Verhalten handele, und keine Nebenpflichten aus dem Arbeitsvertrag betroffen seien. Der Standpunkt der Arbeitgeberin mag sehr gut nachvollziehbar sein. Der Fall verdeutlicht jedoch, dass nicht jede öffentliche Äußerung eines Arbeitnehmer Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis haben kann, sondern dass der arbeitsvertragliche Bezug in jedem Einzelfall sehr genau geprüft werden muss.
Die Arbeitgeberin berief sich darauf, dass die Berichterstattungen das rechtsradikale Verhalten des Arbeitnehmers und seine Zugehörigkeit zur rechtsradikalen Szene zum Gegenstand haben und daher der Ruf des Unternehmens schwer geschädigt sei. Aufgrund der bekannt gewordenen Verbindung zur Arbeitgeberin und der medialen Brisanz des Themas liegt es nicht fern, dass der Ruf der Arbeitgeberin beschädigt wurde. Der Fall zeigt auf, wie schnell Arbeitgeber durch private Verhaltensweisen des Arbeitnehmers und der umfangreichen Verbreitung der Berichte in sozialen Netzwerken betroffen sein können.
Noch deutlicher wird dieser Zusammenhang bei einer Angestellten der Sparkasse, dessen Ehemann bei Facebook eine Fischdarstellung veröffentlichte, bei der das Mittelstück des Fisches durch das Sparkassensymbol ersetzt wurde. Neben der Darstellung befand sich die Anmerkung „Unser Fisch stinkt vom Kopf“. Unter dem Fischpiktogramm befand sich mit dem „Gefällt mir-Button“ auch der Name der Angestellten, die in der Folgezeit wegen des „Gefällt-mir Kommentars“ unter dem Beitrag die Kündigung erhielt.
Das Arbeitsgericht hält die Kündigung im vorliegenden Fall für unwirksam, da ein einziger „Klick“ noch keine fristlose Kündigung rechtfertige und die Angestellte grundsätzlich keine Verantwortung für die von ihrem Ehemann abgegebene Stellungnahmen trägt (ArbG Dessau-Roßlau, Urteil vom 21.03.2013- 1 Ca 148/11). Gleichzeitig zeigt das Urteil aber auch, dass die Meinungsäußerung auf sozialen Netzwerken (bloß durch Anklicken des Gefällt-mir-Buttons) durchaus eine rechtliche Verantwortlichkeit und entsprechenden arbeitsrechtlichen Konsequenzen mit sich bringen kann.
Damit man es gar nicht erst zu einer Kündigung wegen eines Verhaltens in sozialen Netzwerken kommen lässt, gilt es im Grundsatz stets sehr genau darauf zu achten, wer die eigenen Beträge und Kommentare in sozialen Netzwerken zu sehen bekommt. Auch gilt die Faustregel, dass das Verhalten im Netz kein privates Gespräch unter Freunden und Kritik über den Arbeitgeber oder Arbeitsbedingungen auf Plattformen wie „Facebook“ und Co. nichts zu suchen hat.
Klemm & Murczak Rechtsanwälte
Pascal Murczak
Rechtsanwalt
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