Geschäftsraum-Miete: Anerkenntnis der Abrechnung durch vorbehaltlose Zahlung?

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Bis zu Beginn des 21. Jahrhunderts machte die vorbehaltlose Rückzahlung des Vermieters oder Nachzahlung des Mieters auf eine Betriebskostenabrechnung „den Sack zu". Die Rechtsprechung sah solche Zahlungen als Schuldanerkenntnis an. Eine Korrektur war nicht mehr möglich. Ein Rechtstipp von Anton Bernhard Hilbert, Waldshut-Tiengen.

Für das Wohnraummietrecht hat der Bundesgerichtshof diese Rechtsprechung Anfang des Jahres 2011 verworfen. Das höchste deutsche Zivilgericht hat entschieden, dass eine vorbehaltlose Guthabenzahlung weder als deklaratorisches Schuldanerkenntnis noch als Verzicht des Vermieters auf weiter gehende Ansprüche zu werten ist (Urteil vom 12.1.2011 - VIII ZR 269/09). Auch der Mieter kann noch eine Korrektur der Betriebskostenabrechnung zu seinen Gunsten fordern, wenn er nach seiner Zahlung Fehler in der Abrechnung feststellt.

Während damit für das Wohnraummietrecht die Frage geklärt war, blieb sie im Bereich der Gewerbe- und Geschäftsraummiete umstritten. Denn für das Wohnraummietrecht hatte der Bundesgerichtshof mit einer Rechtsvorschrift argumentiert, die nur im Bereich der Wohnraummiete gilt.

Der Bundesgerichtshof hatte jetzt Gelegenheit, die Frage auch für die Geschäftsraummiete zu klären.

Der Vermieter eines Ladengeschäfts in Hamburg rechnet September 2010 über die Nebenkosten 2009 ab. Die Abrechnung endet mit einem Guthaben zu Gunsten des Mieters in Höhe von rund 50 €. Diesen kleinen Betrag überweist der Vermieter sofort. Anschließend reklamiert der Mieter die Abrechnung. Bei der Überprüfung stellt der Vermieter fest, dass die Reklamation nicht begründet hat und erkennt darüber hinaus, dass er bei seiner Abrechnung die Grundsteuer vergessen hat. Er übersendet dem Mieter im Oktober 2010 eine korrigierte Abrechnung, die mit einer Nachzahlung von rund 375 € endet. Diesen Betrag und die zu Unrecht gezahlten 50 € verlangt der Vermieter zurück. Der Mieter wehrt sich. Sowohl das Amtsgericht Hamburg als auch das Landgericht Hamburg geben dem Mieter Recht. Der Vermieter gibt sich nicht geschlagen und sieht den Fall vor dem Bundesgerichtshof.

Dort hat der Vermieter Erfolg.

Der Bundesgerichtshof (Urteil vom 10.7.2013 - XII ZR 62 / 12) hält fest, dass weder eine vorbehaltlose Nachzahlung des Mieters noch eine vorbehaltlose Guthaben-Auszahlung durch den Vermieter für sich genommen zu einem Schuldanerkenntnis führe, das einer späteren Korrektur der Betriebskostenabrechnung entgegenstünde. Es fehle bereits an einer entsprechenden Willenserklärung. Die Abrechnung sei eine reine Wissenserklärung ohne rechtsgeschäftlichen Bindungswillen. Auch die Zahlungsvorgänge seien reine Erfüllungshandlungen ohne einen Erklärungswert des Inhalts, den Abrechnungszeitraum unstreitig stellen zu wollen.

Nur bei besonderen Umständen, etwa bei einer vertraglichen Regelung oder sich bei vertraglichen Erklärungen über den Abrechnungssaldo, etwa in Form von Stundung oder Ratenzahlungsregelung, könne eine verbindliche Vereinbarung über den geschuldeten Betrag vorliegen, aber auch dann etwa, wenn die Mietvertragsparteien nach einem längeren Streit sich über einzelne Abrechnungspositionen einigen.

Der Bundesgerichtshof folgt damit auch für den Bereich der Geschäfts- um Gewerberaummiete einer Tendenz, wonach die bloße Zahlung kein Anerkenntnis der Schuld bedeutet. Die damit gewonnene Einzelfallgerechtigkeit wird erkauft mit einer gewissen Unsicherheit. Denn mit der Zahlung muss die Betriebskostenabrechnung nicht erledigt sein; jede Vertragspartei muss bis zum Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist noch damit rechnen, dass die jeweilige Gegenseite die Abrechnung prüft und, unter Korrektur der Abrechnung, Zahlung für sich reklamiert.

Abzuwarten bleibt, ob die neue Tendenz auch auf die Abnahme des Mietobjekts bei Rückgabe der Mietsache durchschlägt. Bisher sieht es die Rechtsprechung als Verzicht an, wenn der Vermieter Mängel nicht reklamiert - auch wenn er sie nur übersehen hat. Im Lichte der neuen Rechtsprechung dürfte sich diese Auffassung nicht mehr lange halten.

Nur die Sache ist verloren, die man aufgibt.



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