Große Dynamik beim Schmerzensgeld

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Die von deutschen Gerichten zugesprochenen Schmerzensgelder sind in den letzten Jahren stark gestiegen. Waren die Gerichte früher hinsichtlich der Höhe der Schmerzensgelder zurückhaltend, so scheint diese Zurückhaltung heute nach und nach zu Gunsten der Geschädigten aufgegeben zu werden.

Sinn und Zweck des Schmerzensgeldes sind Ausgleich und Genugtuung für erlittene Schmerzen und Leiden. Da körperliche und / oder psychische Beeinträchtigungen nicht materiell messbar sind, spricht man auch vom Nichtvermögensschaden bzw. immateriellen Schaden. Seit Inkrafttreten des Schadensrechtsänderungsgesetzes 2002 kann jeder, der einen Schadenersatzanspruch hat, auch Schmerzensgeld verlangen, wenn er eine Verletzung seines Körpers, seiner Gesundheit, seiner Freiheit oder sexuellen Selbstbestimmung zu beklagen hat.

Das Gesetz selbst gibt die konkrete Höhe des Schmerzensgeldes nicht vor. Diese ist immer abhängig von den Umständen des Einzelfalls. Bei der Bemessung der Anspruchshöhe sind z.B. das Ausmaß und die Schwere der Verletzungen und Schmerzen maßgeblich sowie die Dauer einer eventuell notwendigen stationären Behandlung, Unsicherheiten über den weiteren Krankheitsverlauf und ob der Schädiger vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat. Dabei gilt der Gedanke, dass trotz der Vielzahl unterschiedlicher Fallgestaltungen für vergleichbare Verletzungen auch ein annähernd gleiches Schmerzensgeld zu gewähren ist. Schmerzensgeldtabellen (wie die von Hacks/ Ring/ Böhm vom ADAC-Verlag) sind daher ein wichtiges Hilfsmittel für die Bemessung der Anspruchshöhe.

Die Dynamik in der Entwicklung der zugesprochenen Summen lässt sich am Besten anhand von Beispielen aufzeigen:

In einer Entscheidung aus dem Jahr 1984 (Oberlandesgericht Hamm, Az. 13 U 262/83) wurde dem 24-jährigen Kläger wegen des Verlustes von zwei oberen Schneidezähnen, Absplitterungen an den unteren Schneidezähnen sowie einer blutenden Gesichtswunde im Mundbereich aufgrund eines Arbeitsunfalls rund 1.500,- Euro (3.000,- DM) zugesprochen. 2006 erhielt ein 9-jähriger, der im Rahmen einer Prügelei zwei Schneidezähne verloren hatte, hingegen 6.000,- Euro (Oberlandesgericht Köln, Az. 19 U 37/06).
1982 wurden einem 71 Jahre alten Mann wegen einer aufgrund eines Unfalls notwendigen Amputation des rechten Unterschenkels noch rund 4.500,- Euro (9.000,- DM) zugesprochen (Oberlandesgericht Nürnberg, Az. 1 U 3405/81), während 2003 ein 61-jähriger in einem ähnlich gelagerten Fall bereits rund 50.000,- Euro erhielt (Oberlandesgericht Düsseldorf, Az. I-1 U 35/03).

Die bemerkenswerteste Entwicklung hat jedoch im Bereich der Schwerstschädigungen stattgefunden. 1982 vertrat der Bundesgerichtshof noch die Auffassung, ein Schmerzensgeld von rund 50.000,- Euro (100.000,- DM) für ein Kleinkind, welches unfallbedingt an einer schweren Hirnschädigung litt, sei zu hoch bemessen (Entscheidung vom 22.6.1982, Az. VI ZR 247/80) . 1992 (Entscheidung vom 13.10.1992) VI ZR 201/91) änderte er seine Rechtsprechung und vertrat nunmehr die Ansicht, bei Beeinträchtigungen, die zum Verlust der Wahrnehmungs- und Empfindungsfähigkeit führen, verbiete sich eine rein symbolhafte Wiedergutmachung. Im Jahr 1993 ließ der BGH dann auch erkennen, dass rund 50.000,- Euro (100.000,- DM) Schmerzensgeld rechtlich nicht zu beanstanden seien. Die damalige „Schallgrenze“ von 50.000,- Euro haben die Gerichte im Bereich der Schwerstschädigungen mittlerweile weit hinter sich gelassen. So hat im Anschluss an das Oberlandesgericht Hamm, das im Fall eines aufgrund eines Behandlungsfehlers bei der Geburt hirngeschädigten und schwerstbehinderten Kindes eine Summe von rund 500.000,- Euro (1.000.000,- DM) zusprach, auch das Oberlandesgericht Köln in einem
ähnlichen Fall 500.000,- Euro als angemessen betrachtet.

Die Kasuistik im Bereich des Schmerzensgeldes ist äußerst umfangreich und die Bestimmung der Höhe eines angemessenen Schmerzensgeldes im Einzelfall schwierig. Lassen Sie sich deshalb von einem auf Schadensrecht spezialisierten Rechtsanwalt beraten.

Laux Rechtsanwälte

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