Haftbefehl - Was ist das? Was passiert da? Wie kann man sich wehren?
- 3 Minuten Lesezeit
Haftbefehl - Was ist das? Was passiert da? Wie kann man sich wehren?
Dies erfahrt ihr in diesem Rechtstipp und in meinen Videos.
Ein Haftbefehl ist die offizielle Anordnung eines Richters, jemanden in Untersuchungshaft, auch U-Haft genannt, zu nehmen.
Mit einem Haftbefehl will der Staat erreichen, dass eine ordnungsgemäße Durchführung eines Strafverfahrens durch die Staatsanwaltschaft und Polizei möglich wird.
Meist erfolgt eine vorläufige Festnahme durch die Polizei und man verbringt eine Nacht in einer Zelle auf der Polizeistation. Falls dann der Staatsanwalt einen Haftbefehl beantragt, wird man am nächsten Tag zum Ermittlungsrichter gebracht, der über diesen Antrag auf Untersuchungshaft entscheidet.
Wann wird ein Haftbefehl erlassen?
Der Haftbefehl für die Untersuchungshaft muss von einem Ermittlungsrichter oder Haftrichter angeordnet werden. Nur der darf dies.
Der Haftbefehl erfolgt in schriftlicher Form und wird an den Beschuldigten ausgehändigt. Im Haftbefehl muss dann auch stehen, welche Tat einem zur Last gelegt wird.
Danach wird man in Untersuchungshaft genommen und in ein Gefängnis gebracht.
Voraussetzung für einen Haftbefehl ist immer das Vorliegen eines dringenden Tatverdachts. Der liegt dann vor, wenn eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Beschuldigte eine Straftat begangen hat.
Weitere Voraussetzung ist ein Haftgrund und die Verhältnismäßigkeit der Untersuchungshaft.
Haftgründe können sein:
- Flucht oder Fluchtgefahr gemäß § 112 Abs. 2 Nr. 1, 2 StPO.
Falls die Gefahr besteht, dass der Verdächtige flüchten will, oder er schon auf der Flucht ist. In 95 % der Fälle wird der Haftbefehl mit Fluchtgefahr begründet.
Untersuchungen zeigen aber, dass in weit 90 % der Anordnung der Untersuchungshaft, der Haftgrund Fluchtgefahr vom Ermittlungsrichter fehlerhaft bejaht wurde, weil tatsächlich keine Fluchtgefahr vorlag.
Ein weiterer Haftgrund kann sein: - Die Verdunkelungsgefahr gemäß § 112 Abs. 2 Nr. 3 StPO
Wenn eine Gefahr besteht, dass der Beschuldigte Beweismittel für das Ermittlungsverfahren vernichtet oder verändert oder Zeugen und sonstigen Personen mit Gewalt droht oder anders auf sie einwirkt, kann die U-Haft ebenfalls angeordnet werden.
Der dritte Haftgrund ist:
- Der Verdacht eines Schwerverbrechens
Letzter Haftgrund ist:
- Die Wiederholungsgefahr gemäß § 112a StPO
Dieser liegt dann vor, wenn der Beschuldigte die Tat oder ähnlich schlimme Taten erneut begeht. Meist wird dieser Haftgrund bei Sexualstraftaten oder Mord und Totschlag genannt.
Verhältnismäßigkeit
Die Untersuchungshaft muss aber auch verhältnismäßig sein. Was heißt hier verhältnismäßig?
Droht zum Beispiel für die angeblich begangene Tat maximal eine Geldstrafe, darf monatelange Untersuchungshaft eigentlich nicht verhängt werden. Die maximal drohende Strafe bei einer Verurteilung darf im Verhältnis zur Untersuchungshaft nicht unverhältnismäßig sein.
Gegen diese Voraussetzung wird leider bei Erlass von Haftbefehlen häufig verstoßen. In rund 50 % der Haftbefehle und Anordnung einer Untersuchungshaft steht am Ende des Strafverfahrens ein Freispruch, eine Verurteilung zur Bewährung oder eine Haftstrafe, die kürzer ist als die Dauer der Untersuchungshaft.
Ohne die verhängte Untersuchungshaft hätte der Beschuldigte keinen einzigen Tag in Haft verbracht oder einen kürzeren Zeitraum.
Was muss bei Erlass eines Haftbefehls noch beachtet werden?
Untersuchungshaft stellt immer einen brutalen und massiven Eingriff in das Leben und die Freiheit des Betroffenen dar. Es erfolgt eine Inhaftierung, ohne dass ein Strafgericht eine Verhandlung durchgeführt hat oder eine Verurteilung erfolgt ist. Untersuchungshaft ist daher immer staatliche Freiheitsberaubung eines (bis dahin) Unschuldigen.
In Deutschland waren im Jahr 2021 rund 30.000 Menschen in Untersuchungshaft. In vielen Fällen erfolgte die Inhaftierung leider zu Unrecht. Oft wurden von Haftrichtern gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen oder es wurde fehlerhaft ein Haftgrund angenommen.
Kann man sich gegen einen Haftbefehl wehren und falls ja, wie?
Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten sich zu wehren.
Zum einen besteht die Möglichkeit, einen Antrag auf mündliche oder schriftliche Haftprüfung zu stellen. Hier entscheidet meist der Richter der den Haftbefehl erlassen hat, ob er seine eigene Entscheidung ändert.
Strafrichter tun sich grundsätzlich schwer ihre eigenen Entscheidungen zu ändern und z.B. ihren Haftbefehl aufzuheben. Will man diesen Weg gehen, empfehlen wir unbedingt diesen Antrag durch einen erfahrenen Strafverteidiger stellen zu lassen. Nur der weiß, welche Argumente vorgetragen werden müssen, damit der Haftbefehl aufgehoben wird.
Man kann aber auch eine Haftbeschwerde erheben. Der Haftbefehl wird dann von der nächsten Instanz über dem Haftrichter geprüft.
Auch hier gilt. Man braucht gute Argumente oder Angebote wie Kautionszahlung, Entlastungszeugen oder auch Abgabe der Ausweise, damit Strafrichter einen erlassenen Haftbefehl aufheben bzw. außer Vollzug setzen.
Mit diesen Anträgen oder Beschwerden Erfolg zu haben, gelingt meistens nur mit einem erfahrenen Strafverteidiger.
Weitere Infos finden Sie unter:
GLÜCK - Kanzlei für Strafrecht
Artikel teilen: