Handy am Ohr, Lenkrad in der Hand. Wie ist das rechtlich?
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Wer beim Autofahren ein Handy benutzt, den erwartet nicht nur ein Punkt im Fahreignungsregister in Flensburg, sondern auch ein Bußgeld in Höhe von 60 Euro. Wie wir aber alle wissen: Es gibt viele Menschen, die dieses Risiko gern in Kauf nehmen. Bußgeldverfahren in diesem Bereich gehören deshalb zum kleinen Einmaleins des Verkehrsrechtsspezialisten. Das sogenannte Handyverbot wird allerdings noch durch die Rechtsprechung in vielen Bereichen eingeschränkt. In diesem Beitrag zeigt Rechtsanwalt Alexander Held auf, in welchen Konstellationen Gerichte keinen Verstoß gesehen haben und welche Änderungen zu erwarten sind.
Da es sich bei den folgenden Fällen um Einzelfälle handelt, gibt es keine Garantie dafür, dass andere Obergerichte ähnlich entscheiden werden.
Dies ist keine Gebrauchsanweisung!
Dieser Beitrag soll dabei nicht als Gebrauchsanleitung verstanden werden: Es ist ausdrücklich nicht zu empfehlen, während der Fahrt SMS oder E-Mails zu schreiben, das Handy als Navigationshilfe zu bedienen oder fröhlich im Internet zu surfen. Wer etwa bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h nur eine Sekunde seinen Blick von der Straße abwendet, legt in dieser Zeit 14 Meter zurück – 14 Meter, in denen er auf Gefahrsituationen oder das Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer unmöglich reagieren kann. Kommt es dann noch zu einem Unfall und ist der Verstoß gegen das Handyverbot nachweisbar, muss man damit rechnen, dass selbst die eigene Kaskoversicherung aufgrund grober Fahrlässigkeit die Regulierung verweigert. Im schlimmsten Fall drohen auch strafrechtliche Konsequenzen: Wer infolge der Handynutzung einen Unfall mit Personenschaden verursacht, der kann sich wegen fahrlässiger Körperverletzung oder gar wegen fahrlässiger Tötung strafbar machen. Die Folge könnte dann sogar eine Haftstrafe sein.
Weitere Risiken!
Gerade junge Verkehrsteilnehmer wollen häufig während der Fahrt nicht auf die Funktionen ihres Smartphones verzichten. Wenn man sich aber noch in der Probezeit befindet, kann dies sehr unangenehm werden: Denn wer innerhalb der Probezeit (mindestens) zweimal dabei erwischt wird, mit dem Smartphone am Steuer zu spielen, muss nicht nur an einem Aufbauseminar teilnehmen, sondern auch eine Verlängerung der Probezeit um 2 weitere Jahre akzeptieren. Allein für das Seminar kommen zu den Bußgeldern noch ca. 300 Euro hinzu.
Die Vorschrift
In der Straßenverkehrsordnung (StVO) heißt es: „Wer ein Fahrzeug führt, darf ein Mobil- oder Autotelefon nicht benutzen, wenn hierfür das Mobiltelefon oder der Hörer des Autotelefons aufgenommen oder gehalten werden muss. Dies gilt nicht, wenn das Fahrzeug steht und bei Kraftfahrzeugen der Motor ausgeschaltet ist.“ – § 23 Abs. 1a StVO.
Handynutzung bei abgeschaltetem Motor
Für eine erlaubte Handynutzung spricht, dass man am Straßenrand gehalten und den Motor abgeschaltet hat. Das Oberlandesgericht Hamm sieht das jedoch anders: Wer an einer roten Ampel hält und ein Fahrzeug mit Start-Stopp-Funktion nutzt, dessen Fahrzeug steht mit abgeschaltetem Motor. Konsequenz: Das Handy darf benutzt werden (OLG Hamm, Beschluss vom 09. September 2014 – III-1 RBs 1/14, 1 RBs 1/14). Diese Rechtsprechung lässt sich aber auch auf andere Konstellationen anwenden, in denen man das Fahrzeug verkehrsbedingt hält und den Motor abschaltet, etwa im Stau, oder bei längeren Stopps an einem Bahnübergang. Die oben genannte Ansicht greift natürlich auch dann, wenn man kein Auto mit Start-Stopp-Funktion hat, aber dennoch immer den Motor eigenhändig bei einem verkehrsbedingten Halt ausschaltet. Auch in einem solchen Fall steht der Handynutzung dann nichts entgegen.
Möglicherweise muss man hier aber die Gesetzgebung der nächsten Monate beachten. Bereits im Juli 2017 sollte eine Änderung der StVO beraten werden, welche zur Folge gehabt hätte, dass dann auch die von einem Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung zu sprechen sei, wenn das Fahrzeug über eine Start-Stopp-Automatik verfügt. Zwar ist eine solche Änderung aktuell vom Tisch, aber es gilt wohl „aufgeschoben ist nicht aufgehoben“.
Ab wann „benutzt“ man überhaupt ein Handy?
Das Oberlandesgericht Stuttgart hat im folgenden Fall eine Benutzung verneint: Ein Mann hatte mit dem Handy telefoniert, bevor er in das Auto eingestiegen war. Sodann hatte er das Telefonat mit der Freisprecheinrichtung des Autos fortgesetzt, das Handy dabei aber weiter in der Hand gehalten. Das Gericht befand: Wer während der Fahrt ein mit einer Freisprechanlage verbundenes Handy in der Hand hält und über die Freisprechanlage telefoniert, verstößt nicht gegen das Verbot der Benutzung von Mobiltelefonen, solange er keine weiteren Funktionen des in der Hand gehaltenen Gerätes nutzt (OLG Stuttgart, Beschluss vom 25. April 2016 – 4 Ss 212/16).
Ähnlich sah das auch das Oberlandesgericht Zweibrücken: Wer ein Handy nur in die Hand nimmt, um es von einer Stelle an eine andere zu legen (Beispiel: aus der Tasche in eine Halterung im Fahrzeug), der nutzt damit keine Funktionen des Geräts (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 27. Januar 2014 – 1 SsRs 1/14, 1 Ss Rs 1/14). Gleiches gilt, wenn ein heruntergefallenes Handy aus dem Fußraum des Beifahrers aufgehoben und auf den Beifahrersitz gelegt wird (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05. Oktober 2006 – IV-2 Ss (OWi) 134/06 – (OWi) 70/06 III, 2 Ss (OWi) 134/06 – (OWi) 70/06 III). Doch auch hier ist Vorsicht geboten: Wer beim sog. „Umlagern“ der Neuigkeiten vom Display nicht widerstehen kann, oder dort auch nur kurz die Uhrzeit ablesen möchte, nutzt damit eine Funktion des Handys. Das wiederum verstößt dann gegen das Handyverbot!
Darf ich die Diktierfunktion nutzen?
Auch wenn viele Automobilclubs eine Empfehlung aussprechen, man möge doch während der Fahrt Smartphones mit den inzwischen weitverbreiteten Diktierfunktionen benutzen, verbleibt immer ein Restrisiko. Die Erfahrung hat gezeigt: Wer mittels Diktierfunktion bei WhatsApp und Co. Nachrichten erstellt, der liest oft zur Sicherheit den diktierten Text Korrektur. Und das ist sicher gefährlicher als die Nachricht beim Fahren „blind“ zu verfassen, während es in einer Halterung verwahrt ist. Denn auch dabei wird das Handy nicht vom Fahrzeugführer in der Hand gehalten. Ein Verstoß gegen das Handyverbot liegt somit nicht vor. Wenn es allerdings dabei zu einem Unfall kommt, kann gleichwohl der Versicherungsschutz eingebüßt werden. Auch die oben bereits beschriebene Strafbarkeit kommt sodann wieder in Betracht.
iPod oder iPhone?
Zum Abschluss noch ein Hinweis auf die Nutzung eines iPod Touch am Steuer. Das Amtsgericht Waldbröl hat hierzu festgehalten, dass es sich bei einem iPod Touch nicht um ein Mobiltelefon handelt, auch wenn es möglich wäre über das Internet Sprachtelefonie zu betreiben. Wörtlich heißt es: „Damit fallen Geräte wie das iPod, mit denen man nur über eine Internetverbindung ggf. telefonieren kann, nicht unter den Begriff des Mobiltelefons.“ (AG Waldbröl, Urt. v. 31.10.2014 – 44 OWI-225 Js 1055/14-121/14).
Fazit
Zum Telefonieren im Auto sollte eine Freisprecheinrichtung oder ein Headset genutzt werden. Gerade Bluetooth-Headsets können ab ca. 10 Euro erstanden werde und erfüllen ihren Zweck ohne große Hindernisse. Zur Benutzung aller anderen Funktionen des Mobiltelefons sollte angehalten und der Motor abgestellt werden. Wer dennoch mit einem Handy erwischt wurde und über eine Verkehrsrechtsschutzversicherung verfügt oder zwingend den drohenden Punkt vermeiden muss, sollte einen Verkehrsrechtspezialisten wie Herrn Alexander Held kontaktieren. Keinesfalls sollte man allerdings versuchen die Polizei vor Ort selbst zu überzeugen, dass es sich nicht um einen Verstoß handele.
Sie haben weitere Fragen zu diesem Thema oder sind Betroffener der beschriebenen Konstellation? Rechtsanwalt Alexander Held hilft Ihnen jederzeit gern weiter. Die Kanzlei ist montags bis donnerstags 8.00 Uhr bis 17.00 Uhr und freitags von 8.00 bis 15.00 Uhr telefonisch erreichbar.
Rechtsanwalt Alexander Held – Schmalkalden
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