Hartz IV: Gebuchter Urlaub abgelehnt. Was tun?

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Kerstin K. ist vor zweieinhalb Jahren in die Hartz-IV-Falle gerutscht. Sie hatte eine Ausbildung als Köchin absolviert, wurde noch in dieser Zeit schwanger, konnte deshalb keinerlei Berufserfahrung sammeln. Ausgerechnet im Gastronomiegewerbe scheinen Kinder und Küche für viele Arbeitgeber offenbar nicht zusammenpassen.

K. kam direkt nach einem Termin im Jobcenter zu mir, war sehr frustriert. Am Morgen hatte sie damit begonnen, die Koffer zu packen, in drei Tagen sollte es losgehen, der erste Urlaub überhaupt, zehn Tage auf die Sonneninsel Korfu. Mit dem kleinen Elias und dessen Vater, der die Reise ermöglicht hatte, damit Kerstin endlich ihr schönes Lächeln wiederfindet, wie er auf einer Karte geschrieben hatte, die K. mir mit zitternder Hand zeigte. 

Ordnungsgemäß hatte sie den Urlaub beim Jobcenter beantragt, der dort dann „in Aussicht gestellt“ worden war. Doch kurz bevor es losgehen sollte, fand Kerstin in ihren Briefkasten einen Vorsprechtermin. Bei dem teilte ihr die zuständige Beraterin mit, dass man Angebote von offenen Stellen erwarte, Saisonverstärkungen für Restaurants mit Garten, und es mit der Reise leider nichts werde. Auch Kerstins Tränen würden an dieser Sachlage nichts ändern.

Wie aber sieht die Sachlage überhaupt aus? Das Jobcenter beruft sich in solchen Fällen auf den § 7 Abs. 4a SGB II. Demnach muss ein Urlaub, maximal drei Wochen im Jahr, genehmigt werden, wenn „ein wichtiger Grund vorliegt und die Eingliederung in Arbeit nicht beeinträchtigt wird“. 

Unter einem wichtigen Grund versteht der Gesetzgeber „die Teilnahme an einer ärztlich verordneten Maßnahme (...), die Teilnahme an einer Veranstaltung, die staatspolitischen, kirchlichen oder gewerkschaftliche Zwecken dient (…), oder die Ausübung einer ehrenamtlichen Tätigkeit“. 

Dass auch Leistungsempfänger nach Hartz IV ihren Kopf einmal frei von Sorgen bekommen, sprich Urlaub machen müssen, ist kein wichtiger Grund? 

Das wird vom Jobcenter gern so gesagt, ja, ist aber falsch. Für den Erhalt der Gesundheit und der Arbeitskraft ist Urlaub nämlich von zentraler Bedeutung, weshalb er jedem zusteht, auch Hartz-IV-Empfängern.

Ich beantragte einstweiligen Rechtsschutz im Eilverfahren bei zuständigen Sozialgericht. Das war nicht überrascht, es kannte die Vorgehensweise des besagten Jobcenters, Urlaube werden dort grundsätzlich erst einmal abgelehnt. 

Das Sozialgericht kippte die Entscheidung und K. konnte doch noch ans Meer. Eine Woche später erhielt ich ein Foto von ihr aufs Handy. Die Sonne und sie strahlen um die Wette. Ganz sicher wird diese fröhliche Frau bald einen würdigen Arbeitsplatz finden. Ich drücke ihr kräftig die Daumen! 

Herzlichst, Ihr Fachanwalt für Sozialrecht Gerhard Rahn


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