Jameda und der Wahrheitsgehalt - Darf Jameda sich weigern, Bewertungen zu löschen?

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Immer häufiger erlebe ich, dass Jameda sich weigert, Tatsachenbehauptungen zu löschen. Dies selbst dann, wenn der Verfasser der Bewertung für deren Wahrheit keine Beweise vorlegen kann. Statt der Löschung versieht Jameda die Bewertung schlicht mit der folgenden Anmerkung: „Trotz der Überprüfung der Bewertung kann jameda den Wahrheitsgehalt der tatsächlichen Angaben nicht abschließend beurteilen.“

Was hat es damit auf sich und was kann man tun?

Unterscheidung zwischen Meinungsäußerung und Tatsachenbehauptung

Bei der Frage, ob eine negative Bewertung hingenommen werden muss, geht es u.a. um die Frage der Abgrenzung zwischen Meinungsäußerung und Tatsachenbehauptung. Eine Meinungsäußerung ist vom Grundrecht der Meinungsfreiheit gedeckt und daher nur dann nicht erlaubt, wenn sie entweder einen Straftatbestand verwirklicht (also z.B. eine Beleidung darstellt) oder die Grenze zur sog. Schmähkritik überschreitet. Beides wird von der Rechtsprechung eher selten anerkannt. Bei einer Tatsachenbehauptung hingegen kommt es für die Zulässigkeit darauf an, ob ihr Inhalt wahr ist oder nicht. Eine Tatsachenbehauptung erkennt man daran, dass sie sich auf objektive Umstände, die dem Beweis zugänglich sind.  

Auf den Leser einer Bewertung wirkt eine Tatsachenbehauptung häufig stärker als eine Meinungsäußerung. Umso wichtiger ist es, sich gegen falsche Behauptungen zur Wehr zu setzen.

Wer trägt die Beweislast für eine Tatsachenbehauptung?

Grundsätzlich ist die Unwahrheit einer Behauptung von demjenigen zu beweisen, der sich gegen die Behauptung wendet, also von den bewerteten Ärzten. Genau das Gegenteil gilt aber, wenn die Behauptung eine sog. üble Nachrede (§ 186 StGB) darstellt. In diesem Fall kehrt sich die Beweislast um und der Wahrheitsbeweis obliegt demjenigen, der die Behauptung aufstellt, also dem Verfasser der Bewertung. Diese "Beweislastumkehr" kommt in der Praxis so häufig vor, dass sie genau genommen die Regel darstellt.

Wie lief das Verfahren bei Jameda bisher?

Basierend auf der vorgenannten Beweislastumkehr war es für Ärzte bisher gut möglich, gegen unwahre Tatsachenbehauptungen bei Jameda vorzugehen. Denn für solche konnte der Verfasser einer Bewertung logischerweise keine Beweise vorlegen. Die Bewertung konnte dann meist vollständig gelöscht werden.

Was hat sich nun geändert?

Unter Verweis auf untergerichtliche (d.h. keine für alle deutschen Gerichte verbindliche) Rechtsprechung, insbesondere auf einen Beschluss des LG Berlin vom 02.12.2021 - Az.: 27 O 394/21, meint Jameda nun immer häufiger, nicht zwingend der Richtigkeit einer Behauptung auf den Grund gehen müssen. Als Plattformbetreiber sei Jameda lediglich zur gewissenhaften Prüfung verpflichtet. Dem komme man durch die Anmerkung unter der Bewertung nach, dass der Wahrheitsgehalt der tatsächlichen Angaben nicht abschließend beurteilt werden könne.

Fazit

Im vorgenannten Beschluss des LG Berlin ging um einen Spezialfall, der so in der Praxis wohl selten vorkommt: Hier hatten sowohl der Arzt als auch der Verfasser jeweils eidesstattlich versichert, dass die eigene Version des Behandlungsablaufs wahr sei. Die Entscheidung des Gerichts, dass Jameda sich in diesem Fall nicht für eine „Wahrheit“ entscheiden muss, mag nachvollziehbar sein. Dass Jameda aber daraus nun offenbar ableitet, man müsse künftig überhaupt nicht mehr auf den Beweis des Verfassers für eine in der Bewertung getätigte Tatsachenbehauptung bestehen, halte ich für falsch.

Diese Vorgehensweise stellt aus meiner Sicht eine unangemessene Benachteiligung der bewerteten Ärzte dar. Denn trotz der Anmerkung von Jameda findet sich die unwahre Behauptung weiterhin im Netz und wird verbreitet. Wäre es nicht viel sachgerechter, wenn Jameda in solchen Fällen die Unschuldsvermutung anwenden und die umstrittene Tatsachenbehauptung löschen würde? Der Verfasser kann ja trotzdem immer noch seine (subjektive) Meinung äußern.

Was Sie tun können

Ich hoffe und erwarte, dass diese Vorgehensweise über kurz oder lang vor Gericht landen und die Rechtsprechung dem einen Riegel vorschieben wird. Wer nun aber nicht gegen eine Bewertung klagen will (oder kann), der muss leider vorerst diese Handhabung von Jameda akzeptieren und damit umgehen.

Für ein erfolgreiches rechtliches Vorgehen gegen eine Bewertung mit unwahren Tatsachenbehauptungen bedeutet dies, dass man zukünftig (noch) genauer herausarbeiten muss, warum die Behauptung des Verfassers nicht der Wahrheit entsprechen kann, so dass Jameda gar keine Möglichkeit bleibt, sich auf die vorgenannte Anmerkung zurückzuziehen.

Alternativ kann man auch an eine Abmahnung des Verfassers denken, in der dann Unterlassung der rechtswidrigen Bewertung und (wenn man will) Schadensersatz geltend gemacht werden kann. Dafür muss der Verfasser aber bekannt sein.

Kontaktieren Sie mich gerne, wenn Sie zu diesem Rechtstipp Fragen haben oder an einer kostenlosen Ersteinschätzung Ihrer Bewertung interessiert sind. 


Ein kostenloses Musterschreiben an Jameda zum Nachweis der Patienteneigenschaft finden Sie hier: Jameda-Bewertung löschen ohne Rechtsanwalt – Musterschreiben 2022



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