Kann ein Beschuldigter oder Angeklagter seinem Pflichtverteidiger das Mandat kündigen?

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In den Fällen der sogenannten notwendigen Verteidigung bestellt das zuständige Gericht dem Beschuldigten oder Angeklagten einen Pflichtverteidiger, wenn dieser keinen anderen Verteidiger beauftragt hat. Vor der Bestellung eines Pflichtverteidigers hat der Beschuldigte oder Angeklagte ein Vorschlagsrecht für einen gewünschten Verteidiger, welchem bis auf wenige Ausnahmen das Gericht auch folgen muss.

Wenn man aber später mit dem Pflichtverteidiger unzufrieden ist, ist es nicht einfach, diesen wieder loszuwerden. Da der Pflichtverteidiger vom Gericht bestellt wurde, kann dem Pflichtverteidiger das Mandat nicht gekündigt werden. Vielmehr muss die Aufhebung der Bestellung des Pflichtverteidigers versucht werden. Jedoch ist es in der Regel nicht so einfach möglich, den Pflichtverteidiger zu wechseln. Dies ist nur möglich, wenn das Vertrauensverhältnis nachhaltig gestört ist oder bei der Bestellung bestimmte Fristen bzw. Formalia nicht eingehalten wurden. 

Ein anderer Weg, die Aufhebung der Pflichtverteidigerbestellung des nunmehr ungeliebten Verteidigers zu erreichen, ist die Beauftragung eines sogenannten Wahlverteidigers. Einen Wahlverteidiger muss jedoch der Auftraggeber – also der Beschuldigte bzw. Angeklagte oder dessen Angehöriger – selber bezahlen. Vor Aufhebung der Pflichtverteidigerbestellung fordert jedoch das Gericht den gewählten Verteidiger auf, zu erklären, dass die Wahlverteidigung gesichert ist und keine Pflichtverteidigerbestellung beantragt wird. 

In manchen Fällen - insbesondere nach Beginn der Hauptverhandlung – heben die Gerichte in der Regel eine Pflichtverteidigerbestellung auch bei Wahl oder Beauftragung eines anderer Verteidigers nicht mehr auf. In diesen Fällen muss es der Angeklagte ertragen, dass der Pflichtverteidiger weiterhin auf der Verteidigerbank im Sitzungssaal sitzt.

Vor dem beabsichtigten Wechsel des Pflichtverteidigers sollte das genaue Procedere mit einem erfahrenen Strafverteiger besprochen werden.

Ulli H. Boldt

Diplom-Betriebswirt(FH)

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht


Zur besseren Lesbarkeit verzichte ich auf das Gendern; gemeint sind immer alle Geschlechter.

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