Kann ein Harz IV Empfänger oder Sozialhilfeempfänger eingebürgert werden?

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Instanzgerichtliche Entscheidungen prüfen die Frage, ob Sozialhilfebezug von Einbürgerungsbewerber zu vertreten ist, unter Berücksichtigung von im Einzelfall auch durch informatorische Befragung des Einbürgerungsbewerbers in der mündlichen Verhandlung ermittelter Umstände wie das Alter des Bewerbers, ferner der Fragestellung, ob der Einbürgerungsbewerber aus eigenen Kräften etwas zur Verbesserung seiner Chancen auf dem Arbeitsmarkt getan hat, ob er Vermittlungsvorschläge der Arbeitsverwaltung erhalten hat und ob ihm angesonnen werden kann, eine Tätigkeit zur Lebensunterhaltssicherung etwa in der Gastronomie oder im Reinigungsbereich anzunehmen (siehe VG Karlsruhe, Urteil vom 09.12.2004 - 2 K 913/04 -, juris ; VG Göttingen, Urteil vom 07.09.2004 - 4 A 4184/0 - juris).

Nach einer Entscheidung des VGH Kassel vom 08.05.2006 kann von dem Erfordernis der Lebensuntersicherung (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG) gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 2. Alternative StAG abgesehen werden, wenn der Einbürgerungsbewerber aus einem von ihm nicht zu vertretenden Grund den Lebensunterhalt nicht ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem 2. oder 12. Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann.

Die vertretene Auffassung, wonach die gesetzliche Ausnahme gem.  § 10 Abs. 1 Satz 3 StAG ausschließlich - ,,Fälle einer grundsätzlich abgeschlossenen Integration (mehrjährige Berufstätigkeit) mit späterer unverschuldeter vorübergehender Arbeitslosigkeit'' betreffen soll, ist weder mit dem Wortlaut des § 10 Abs. 1 Satz3 StAG vereinbar noch entspricht sie der Rechtsprechung des VGH Kassel (vgl. Beschluss vom 10.10.2005 - 12 TP 1398/05 -) noch der Kommentarliteratur und wird auch nicht in den allgemeinen Verwaltungsvorschriften zu Grunde gelegt.

Zum Abschluss des Bezugs von Sozialhilfeleistungen heißt es in den nach inhaltlich unveränderter Überleitung der §§ 85 ff. AuslG in die §§ 10 bis 12b StAG weiterhin anwendbaren Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zu § 85 AuslG (Ziffer 85.1.2) vielmehr, der Bezug von Sozial- oder Arbeitslosenhilfe sei vom Einbürgerungsbewerber das Fehlen der wirtschaftlichen Vorraussetzungen für eine Sperrzeit nach § 144 SGB III erfüllt habe oder aus anderen Gründe Hinweise auf Arbeitsunwilligkeit bestünden.

Nicht zu vertreten habe es der Einbürgerungsbewerber hingegen insbesondere, wenn ein Leistungsbezug wegen Verlust des Arbeitsplatzes durch gesundheitliche, betriebsbedingte oder konjunkturelle Ursachen begründet ist und er sich hinreichend intensiv um eine Beschäftigung bemüht habe.

Diese Hinweise zur Rechtsanwendung werden in der staatsangehörigkeitsrechtlichen Kommentierung aufgegriffen (siehe Hailbronner in Hailbronner/Renner, Staatsangehörigkeitsrecht, 4. Aufl., § 10 StAG Rdnr. 24 ; GK-Berlit, § 10 StAG Rdnr. 239 ff.) und es wird angenommen, dem Ausschlussgrund des Sozialhilfebezugs kommen wegen der Ausnahme bei nicht zu vertretendem Leistungsbezug nur geringe Bedeutung zu, da die Behörde den Nachweis der verschuldeten Sozialhilfeabhängigkeit führen müssen (Hailbronner, a. a. O., Rdnr. 23).

Während der Gesetzgeber die Erlangung eines Aufenthaltstitels im Ausländerrecht bei Sozialhilfebezug an mehreren Stellen ausnahmslos ausschließt (siehe die Aufzählung bei Sozialhilfebezug an mehreren Stellen ausnahmslos ausschließt (siehe die Aufzählung bei GK-Berlit, a. a. O., Rdnr. 23909) lässt er im Einbürgerungsrecht eine Ausnahme bei nicht zu vertretendem Sozialhilfebezug zu und gewichtet somit fiskalische Interessen bei der Einbürgerung geringer als im Ausländerrecht.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 27.10.1995 - 1 B 34/95 - InfAuslR 1996, 54 unter Hinweis aus BT-Drs- 11/6321, S. 47) liegt der Unterschied für diese unterschiedliche Regelung darin, dass die Einbürgerung nicht auf Erleichterung der Integration gerichtet ist, sondern eine Konsequenz daraus zieht, dass die Integration als Folge eines langjährigen rechtmäßigen Aufenthalts bereits stattgefunden hat und abgeschlossen ist. Bei der Einbürgerung kommt daher nach geltender Rechtslage der eigenen Lebensunterhaltssicherung ein weniger entscheidendes Gewicht zu.

Dr. phil. Dr. jur. Seyed Shahram Iranbomy

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