Kein Anspruch auf isolierte Klärung der Abstammung außerhalb der rechtlichen Familie
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Sachverhalt
Die 1950 nichtehelich geborene Beschwerdeführerin meint, dass der Antragsgegner ihr leiblicher Vater sei. Im Jahr 1954 nahm sie den Beschwerdeführer das erste Mal in Anspruch – nach dem damaligen Recht auf „Feststellung blutsmäßiger Abstammung“.
Damals wurde ihre Klage im Jahr 1955 durch das Landgericht rechtskräftig abgewiesen. 2009 forderte die Beschwerdeführerin den Antragsgegner zur Einwilligung in die Durchführung eines DNA-Tests auf, um die Vaterschaft „abschließend zu klären“. Der Antragsgegner lehnte dies ab.
Die Beschwerdeführerin beantragte daraufhin bei Gericht unter Berufung auf § 1598a BGB die Einwilligung vom Antragsgegner in eine genetische Abstammungsuntersuchung und die Duldung der Entnahme einer – für die Untersuchung geeigneten – genetischen Probe.
Zur Erklärung
§ 1598a BGB gibt dem Vater, der Mutter und dem Kind innerhalb der rechtlichen Familie gegenüber den jeweils anderen beiden Familienmitgliedern einen solchen Anspruch.
Die Beschwerdeführerin meinte, dass diese Norm im vorliegenden Fall verfassungs- und menschenrechtskonform dahingehend auszulegen sei, sodass auch der Antragsgegner als mutmaßlich leiblicher, aber nicht rechtlicher Vater auf Teilnahme an einer rechtsfolgenlosen Abstammungserklärung in Anspruch genommen werden könne.
Das Amtsgericht wies den Antrag der Beschwerdeführerin zurück. Ihre Beschwerde beim Oberlandesgericht blieb erfolglos. Daraufhin hat die Beschwerdeführerin Verfassungsbeschwerde erhoben. Sie meint, sie sei in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Artikel 2 Abs. 1 GG i. V. m. Artikel 1 Abs. 1 GG verletzt.
Leitsatz des Bundesverfassungsgerichts
Ein Kind hat gegen einen Mann, den es für seinen leiblichen Vater hält, der aber nicht sein rechtlicher Vater ist, keinen Anspruch auf eine isolierte Abstammungserklärung.
Deshalb hat das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde zurückgewiesen. Die Beschwerdeführerin sei nicht in ihren Grundrechten verletzt, denn die Auslegung des § 1598a BGB durch das Amtsgericht und das Oberlandesgericht sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Es komme nicht in Betracht, die Norm erweiternd verfassungskonform auszulegen. Denn das Bundesverfassungsgericht erachtet das Fehlen eines isolierten Abstammungserklärungsanspruchs gegenüber dem mutmaßlich leiblichen, aber nicht rechtlichen Vater für verfassungskonform. Insbesondere verstoße es nicht gegen das allgemeine Persönlichkeitsrechts eines Kindes, dass es seine Abstammung gegen den Willen des vermuteten biologischen, aber nicht rechtlichen Vaters nur im Wege der Feststellung der rechtlichen Vaterschaft nach § 1600d BGB klären kann.
Das Bundesverfassungsgericht führte aus, dass die Frage der Aufklärbarkeit der eigenen Abstammung vom vermeintlich leiblichen Vater zwar das allgemeine Persönlichkeitsrecht betreffe, das Bundesverfassungsgericht unterstrich aber auch die Gefahr von Abstammungsuntersuchungen „ins Blaue“ hinein. Das wäre nämlich dann möglich, wenn eine isolierte Abstammungserklärung zwischen Personen, die nicht durch ein rechtliches Eltern-Kind-Verhältnis verbunden sind, ermöglicht würde.
Würde man sich gegen die vom Gesetzgeber gewählte Lösung entscheiden, würde zwar die Abstammungsuntersuchung auf der einen Seite dem Kind nicht die gewünschte Gewissheit über seine leibliche Abstammung verschaffen (weil das Abstammungserklärungsverfahren zu einem negativen Ergebnis führen könne), sie beeinträchtige aber auf der anderen Seite die Grundrechte des anderen Betroffenen, also des behaupteten Kindsvaters.
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