Kein Handyverstoß beim bloßen in der Hand Halten

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In den letzten beiden Wochen habe ich mehrere Handyverstöße verteidigt. Es gibt beim Thema Handyverstoß eigentlich nur zwei Konstellationen. Der Handyverstoß wurde nachweislich begangen oder er wurde nachweislich nicht begangen. Und dann wurde ich doch tatsächlich von einer dritten Konstellationen überrascht, in der nach Aktenlage alles so aussah, als wäre kein Handyverstoß begangen worden und dann kam der Zeuge und hatte plötzlich die absolute Erinnerung an den Tattag. Dies nehme ich zum Anlass, um mich mit diesem Thema mal genauer zu beschäftigen.


Konstellation 1: Der Handyverstoß wurde nachweislich begangen 

Der Handyverstoß wurde nachweislich begangen, wenn dieser von Polizeibeamten gesehen und entsprechend protokolliert wurde. Im Protokoll wird dann vermerkt, in welcher Hand und auf welcher Höhe das Mobiltelefon gehalten wurde. Sofern die Farbe des Mobiltelefons erkannt wurde, wird auch diese notiert. Weiterhin wird notiert, dass Tippbewegungen oder Sprechbewegungen wahrgenommen wurden.

Und im schlimmsten Fall enthält das Protokoll, dann noch die Einlassung des Betroffenen, in der er den Verstoß zugibt.

Und daher meine dringliche Bitte, reden Sie nicht mit der Polizei, wenn diese Ihnen einen konkreten Vorwurf macht. Machen Sie von Ihrem Recht zu Schweigen Gebrauch.

Selbst, wenn die Polizeibeamten im Zeitpunkt der Gerichtsverhandlung keine konkrete Erinnerung mehr an den Vorfall haben und ihre Erinnerung mithilfe des Protokolls auffrischen, ist dies nach der Rechtsprechung zulässig, wenn sie während ihrer Aussage angeben, auf welchem Wege die Erinnerung aufgefrischt wurde.


Konstellation 2: Der Handyverstoß wurde nachweislich nicht begangen 

Der Handyverstoß wurde nachweislich nicht begangen, wenn die Polizeibeamten lediglich gesehen und protokolliert haben, dass Sie Ihr Handy zwar in der Hand gehalten haben, aber weder getippt noch gesprochen wurde. Der Handyverstoß setzt immer eine aktive Benutzung des Mobiltelefons voraus. Nur durch eine aktive Benutzung des Handys sind Sie vom Straßenverkehr abgelenkt und nur dann kann die die mit dem Handyverstoß sanktionierte Gefahrenlage eintreten.

In der Regel wird dann auch im Gerichtstermin der Polizeibeamte vor Gericht aussagen, dass er weder Tipp- noch Sprechbewegungen wahrgenommen hat oder dass er sich nicht erinnern kann. Das Verfahren wird dann eingestellt.


Konstellation 3: Die überraschend gute Erinnerung an einen Vorfall der schon Monate zurückliegt

Und dann kommen wir zu einer Konstellation, die mir bis dato noch nicht begegnet war. Nach Aktenlage lag lediglich ein Halten des Mobiltelefons vor und damit kein Verstoß. Der Betroffene hatte generell bestritten sein Handy benutzt zu haben. Es konnte auch keines bei ihm gefunden werden.

Die Zeugen wurden vernommen. Der anzeigende Zeuge hatte keinerlei Erinnerung mehr an den Tattag. Damit wäre die Angelegenheit eigentlich erledigt gewesen und das Verfahren hätte eingestellt werden müssen.

Aber dann kam der zweite Zeuge. Dieser hatte eine überraschend gute Erinnerung an den Vorfall der bereits ein gutes halbes Jahr zurücklag. Er gab an, dass alle drei anwesenden Beamten Sprechbewegungen gesehen hätten. Hätte er sich zuvor die Anzeige durchgelesen, wäre ihm aufgefallen, dass darin weder Sprech- noch Tippbewegungen vermerkt wurden.

Als Verteidigerin schrillten bei mir alle Alarmglocken und so fragte ich den Zeugen, wie es denn sein kann, dass er eine derart gute Erinnerung an den Vorfall und die Sprechbewegungen hatte, diese in der Anzeige jedoch überhaupt nicht angegeben wurden. Der Zeuge könne dazu keine Angaben machen, er habe die Anzeige ja nicht gefertigt. Die Widersprüchlichkeit der Aussage war offensichtlich. Hätte der anzeigende Polizeibeamte die Sprechbewegungen wahrgenommen, dann hätte er diese ja auch notiert. Das Gericht sah darin jedoch keine Widersprüchlichkeit gegeben und verurteilte den Betroffenen.

Gegen das Urteil wurden Rechtsmittel eingelegt. Jetzt wird sich zeigen, ob das Oberlandesgericht die Sache anders bewerten wird.


Fazit:

Ein Handyverstoß liegt nur vor, wenn das Handy tatsächlich benutzt wurde. Die Benutzung muss in der Ermittlungsakte auch angegeben werden. In der Regel haben Polizeibeamte im Gerichtstermin keine Erinnerung mehr an den konkreten Vorfall und können daher auch nichts mehr zu dem Verstoß sagen, außer sie frischen ihre Erinnerung mithilfe des Protokolls auf. Machen Sie gegenüber der Polizei bitte niemals Angaben, wenn man Ihnen etwas vorwirft. Ich möchte ungern in einer Ermittlungsakte lesen: „Ja das stimmt“ oder ähnliches.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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