KFZ Leasingvertrag wegen Fehlern jederzeit widerrufen und alle Raten erstattet bekommen

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Widerruf von Leasingverträgen wegen fehlerhafter Widerrufsbelehrung

KFZ Leasingverträge enthalten in den AGB oft Fehler, die den Leasingnehmer zur Auflösung des Vertrages berechtigten, auch noch kurz vor der Leasingrückgabe. 

Die Rechtsfolge ist, dass das Leasingauto zurückgegeben wird und der Leasingnehmer alle Leasingraten erstattet bekommt. Da eine Kilometerentschädigung nicht gezahlt werden muss, nutzt der Leasingnehmer das Auto umsonst.

Glauben Sie nicht? Hier ein Fall aus München:

Das Oberlandesgericht München hat am 18.06.2020 entschieden (Az. 32 U 7119/19), dass ein Verbraucher seinen Sixt-Leasingvertrag nach mehr als einem Jahr nach Vertragsschluss wirksam widerrufen kann. Grund dafür ist, Sixt habe seinen Kunden nicht ordnungsgemäß über das Verbrauchswiderrufrecht belehrt. Für Sixt doppelt hart: der Kunde muss sich nicht mal eine Entschädigung für die rund 40.000 Kilometer anrechnen lassen, die er mit dem Wagen gefahren ist. Er haftet auch nicht für Schäden, Verschleiß oder einen sonstigen Wertverlust am Fahrzeug.

Der Entscheidung lag folgender Fall zugrunde:

Der Kläger schloss im März 2017 einen privaten Leasingvertrag mit Sixt über einen BMW M140i unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln, also Telefon oder Internet, ab. Die Laufzeit betrug 48 Monate. Die beigefügten Widerrufsinformationen enthielten folgenden Passus:

„Widerrufsfolgen 

Soweit das Leasingobjekt bereits übergeben wurde, hat ihn der Vertragsnehmer spätestens innerhalb von 30 Tagen zurückzugeben und für den Zeitraum zwischen der Übergabe und der Rückgabe des Leasingobjektes anteilig die vereinbarte Gesamtrate zu entrichten.“

Weiter im Text fand sich folgende widersprüchliche Information:

Der Vertragsnehmer hat das Leasingobjekt unverzüglich und in jedem Fall spätestens binnen 14 Tagen ab dem Tag, ab dem er den Vertragsgeber über den Widerruf des Vertrages unterrichtet, an uns oder den ausliefernden Händler zurückzusenden oder zu übergeben. Die Frist ist gewahrt, wenn der Vertragsnehmer das Leasingobjekt vor Ablauf der Frist von 14 Tagen absendet. […]“

Somit wird der Kunde aufgefordert, den Gegenstand einmal innerhalb von 14 Tagen und –widersprüchlich- von 30 Tagen zurückzugeben.

Nachdem der Kunde im Juli 2018 den Vertrag widerrief und vergeblich auf Rückabwicklung pochte, zog er vor Gericht. Das Gericht zweiter Instanz entschied zu seinen Gunsten und verurteilte Sixt entsprechend. Es stellte fest, dass dem Verbraucher ein unbefristetes Widerrufsrecht nach den Regeln des Fernabsatzrechts zustehe, da der Vertragsschluss unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln zustande gekommen war. Dem Argument der Gegenseite, ein Widerruf sei nach spätestens zwölf Monaten und 14 Tagen verfristet, folgte das Gericht demgegenüber nicht, da es den Verbraucher-Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung als Finanzdienstleistung einordnete und das Gesetzt ausdrücklich dieses von der Verfristungsregelung ausnimmt. 

Sodann stellte das Gericht fest, dass die Widerrufsfrist nicht zu laufen begann, weil Sixt seiner Informationsunterrichtung nach Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB nicht ausreichend nachkam. Nach dieser Norm hat der Unternehmer den Verbraucher klar und verständlich über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufsrechts sowie die Bedingungen, Einzelheiten der Ausübung, sowie über die Rechtsfolgen des Widerrufs zu informieren. Durch den oben genannten widersprüchlichen Hinweis, sei dem Leasingnehmer aber weder klar noch verständlich gewesen, wann für ihn die Rückgabe des Leasingfahrzeugs an den Leasinggeber bzw. den Lieferanten spätestens vorgenommen werden muss. 

Folge der Falschunterrichtung ist, dass die Widerrufsfrist nicht zu laufen begann und der Kläger noch wirksam widerrufen konnte. 

Nach der Sondervorschrift § 357a Abs. 2 S.1 BGB schuldete der Kläger auch keinen Ersatz für den Wertverlust noch eine Nutzungsentschädigung für die gefahrenen 40.000 km, da er diesbezüglich nicht informiert worden ist – wie dies von der entsprechenden Sondervorschrift verlangt wird.

Untermauert wird diese Rechtsprechung zudem vom europäischen Gerichtshof. Dieser hat am 26.03.200, Az.: C-66/19 geurteilt, dass die von 14. Juni 2010 an gültigen deutschen Regeln über die Informationen zum Widerrufsrecht bei Verbraucherkrediten (dazu zählen Autobank-Kreditverträge und Leasingverträge) unzureichend sind.

Folgen des Urteils für den Verbraucher:

In zahlreichen Leasingverträgen unterschiedlichster Anbieter sind Mängel enthalten, die zu einem unbefristeten Widerruf des Leasingvertrages ermächtigen. Mit einem Widerruf des Leasingvertrages, können Verbraucher Streitigkeiten über angebliche Schäden und Nachzahlungen für zu viel gefahrene Kilometer vermeiden.

Wer kann dieses Urteil für sich nutzen?

Praktisch jeder Verbraucher, der sein Alt- bzw. Neufahrzeug ab dem 13. Juni 2014, egal ob Benziner oder Diesel, finanziert oder geleast hat und der Vertrag noch nicht vollständig abgewickelt ist, kann den Vertrag widerrufen, mit dem erfreulichen Resultat, dass er neben seinen Raten, auch die komplette Anzahlung ohne Abschläge für Nutzungen oder Wertverluste gegen Rückgabe des Fahrzeugs erstattet bekommt. Leider sehen das viele Leasinggesellschaften anders und lehnen einen Widerruf kategorisch ab.

Was tun?

In diesem Fall raten wir den Verbrauchern einen spezialisierten Anwalt einzuschalten.

Gerne kümmern wir uns um Ihren Fall.

Wir haben schon zahlreiche Urteile und Vergleiche erstritten, wonach unsere Mandanten Ihre Autos nach einem Widerruf zurückgeben konnten.

Im Folgenden einige verbraucherfreundliche Entscheidungen gegen verschiedene Leasinggeber oder Autobanken:

Landgericht Wuppertal, Urteil vom 21.10.2019, Az. 17 O 62/19 (gegen AKF Leasing GmbH); Landgericht Ravensburg, Urteil vom 30.07.2019, Az. 2 O 90/19 (gegen BMW Bank GmbH); Landgericht Stuttgart, Urteil vom 22.03.2018, Az. 14 O 340/17 (gegen Commerz Finanz GmbH); Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 10.07.2020, Az. 2-21 O 75/20 (gegen Glienicke British Cars Frankfurt am Main); Landgericht Wuppertal, Urteil vom 31.07.2019, Az. 3 O 22/19 (gegen Hyundai Capital Bank Europe GmbH; Landgericht Berlin, Urteil vom 14.12.2018, Az. 38 O 62/18 und Landgericht Bochum, Urteil vom 05.03.2020, Az. I-1 O 374/19 (gegen Mercedes-Benz AG); Landgericht Ravensburg, Urteil vom 18.02.2020, Az. 2 O 299/19 (gegen die Opel Bank GmbH); Landgericht Düsseldorf, Urteil vom 04.05.2018, Az. 8 O 376/16 (gegen die Renault Bank); Landgericht Heilbronn, Urteil vom 25.03.2019, Az. Bi 6 O 3/19 (gegen Santander Consumer Bank AG); Landgericht Arnsberg, Urteil vom 17.11.2017, Az. 2 O 45/17 (gegen Volkswagen Bank GmbH).

Unsere Anwälte prüfen Ihren Leasingvertrag kostenfrei für Sie und teilen Ihnen mit, ob Sie diese Rechtsprechung für sich nutzen können.


Foto(s): Balduin & Partner Rechtsanwälte


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