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Müssen Anwohner Kinderlärm in jedem Fall hinnehmen?

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Müssen Anwohner Kinderlärm in jedem Fall hinnehmen?

Kinderlärm ist etwas Alltägliches. Wer aber am Wochenende ein Mittagsschläfchen machen möchte oder sich nach einem anstrengenden Arbeitstag auf einen erholsamen Feierabend freut, wird sich an Kindergeschrei und lauter Toberei eher stören. Das gilt vor allem, wenn die Nachbarskinder ihr Tennismatch in die Wohnung verlegen oder das Fußballturnier auf dem Bolzplatz neben dem Haus austragen. Doch darf man den Kindern einfach das Spielen verbieten oder gegenüber seinem Vermieter die Miete mindern? 

Lärm gehört zur natürlichen Entwicklung eines Kindes

Von Kindern kann man nicht erwarten, dass sie leise spielen. Lärm gehört vielmehr zur normalen Entwicklung von Kindern und stellt eine eigene Ausdrucksform ihres Spiel- und Mitteilungsdrangs dar. Soweit es sich um alterstypisches Verhalten handelt, muss der Nachbar den Kinderlärm also dulden und darf deswegen nicht die Miete mindern. Schließlich gelten bei Kindern andere Maßstäbe als bei Erwachsenen (Landgericht Bad Kreuznach, Urteil v. 03.07.2001, Az.: 1 S 21/01). So steht die gesunde Entwicklung von Kindern „unter dem besonderen Schutz und im besonderen Interesse des Staates“ (AG München, Urteil v. 29.03.2017, Az.: 171 C 14312/16, n. rkr.). 

Kinderlärm zu Ruhezeiten soweit wie möglich minimieren

Zwar sind Eltern verpflichtet, die Lärmbelästigung durch ihre Kinder möglichst gering zu halten. Dazu gehört unter anderem, dafür zu sorgen, dass die gesetzlichen Ruhezeiten eingehalten werden. Andererseits kann man aber vor allem Babys oder Kleinkinder nicht davon abhalten, zu schreien oder zu quengeln. Schließlich können sie sich noch nicht anders ausdrücken. Daher müssen Nachbarn selbst in den Ruhezeiten mit Kindergeschrei rechnen. Schließlich sind Kinder keine technischen Geräte, die man einfach abstellen kann (Amtsgericht Hamburg-Altona, Urteil v. 18.12.2001, Az.: 316 C 510/01). 

Mutwilligen Kinderlärm müssen Nachbarn nicht dulden

Während üblicher Lärm, der beim normalen Bewegungs- und Spieltrieb von Kindern entsteht, grundsätzlich vom Nachbarn hinzunehmen ist, muss mutwilliges und rücksichtsloses Lärmen nicht geduldet werden. Dieses Verhalten haben Eltern zu verbieten; schließlich muss auch auf das Ruhebedürfnis der Nachbarn Rücksicht genommen werden. Unerträglicher Lärm wie das ständige Aufprellen eines Balles auf den Boden oder gegen die Wand muss daher nicht ertragen werden. 

Lärmbelästigung durch musizierende Kinder

Lernt ein Kind ein Instrument, so mag dem Nachbarn die Hausmusik manchmal zwar wortwörtlich in den Ohren wehtun, die Miete mindern darf der unfreiwillige Konzertteilnehmer aber trotzdem nicht. Doch auch hier gilt: Die gesetzlichen Ruhezeiten, eine erträgliche Lautstärke und die zulässige Übungsdauer sind einzuhalten. Beim Schlagzeug beispielsweise beträgt die zulässige Übungsdauer von Montag bis Samstag jeweils 45 bis 90 Minuten. 

Allerdings stellen wenige Ausreißer – also seltene Übungen während der Ruhezeiten – noch keinen erheblichen Rechtsverstoß dar. Hier ist nämlich zu bedenken, dass der Lärmverursacher ein Kind ist. Im Gegensatz zu Erwachsenen kann von Kindern aber noch nicht das ausnahmslose Einhalten von Regeln erwartet werden. Es gehört schließlich zum Erwachsenwerden dazu, Regeln zu brechen und daraus bzw. aus den Folgen ihres Verhaltens zu lernen (AG München, Urteil v. 29.03.2017, Az.: 171 C 14312/16, n. rkr.).  

Anderes gilt – wie bereits erläutert –, wenn das Musikinstrument „missbraucht“ wird, um einfach nur laute Geräusche zu produzieren und andere Personen zu nerven. 

Kinderlärm auf Spiel- oder Bolzplätzen

In den Sommermonaten erfreuen sich nicht nur Kinderspielplätze besonderer Beliebtheit. Dasselbe gilt für Grünflächen, die Kinder und Jugendliche zur sportlichen Betätigung einladen. Der damit verbundene Lärmpegel schmeckt allerdings nicht jedem. 

Auch der Bundesgerichtshof (BGH) musste schon über die Zulässigkeit von Kinderlärm entscheiden. Grund für den Rechtsstreit waren angeblich Jugendliche, die regelmäßig auf dem Bolzplatz einer Schule Fußball spielten. Das Besondere an diesem Fall war, dass der Bolzplatz nur innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens betreten werden durfte, der jedoch von den Balljägern nicht eingehalten wurde. Ferner durfte der Bolzplatz eigentlich nur von Kindern im Alter von bis zu 12 Jahren genutzt werden. Den bei den „außerplanmäßigen“ Fußballspielen entstehenden Lärm wollten Mieter einer nahe gelegenen Wohnung deshalb nicht mehr länger hinnehmen – sie minderten die Miete um 20 Prozent. Daraufhin wurden sie von ihrem Vermieter auf Zahlung der restlichen Miete verklagt. 

Der BGH wies darauf hin, dass sog. Umweltmängel – z. B. Lärmbelästigungen – grundsätzlich einen Mangel darstellen können. Das gilt vor allem dann, wenn die Mietvertragsparteien explizit vereinbart haben, dass sich diverse Umwelteinflüsse nicht negativ verändern dürfen. Dann nämlich muss der Vermieter z. B. versuchen, den Geräuschanstieg abzuwehren, oder – sollte dies nicht möglich sein – eine Mietminderung durch den Mieter akzeptieren. Fehlt eine derartige Vereinbarung, hängt es unter anderem vom Umfang der Lärmbelästigung ab, ob die Miete gemindert werden darf oder nicht. 

Hierbei muss allerdings berücksichtigt werden, dass eine Mietminderung keinesfalls infrage kommt, wenn der Vermieter den – seit Vertragsschluss angestiegenen – Geräuschpegel selbst ohne Abwehr- oder Entschädigungsansprüche dulden müsste. Das wäre etwa nach § 22 Ia Bundesimmissionsschutzgesetz der Fall, wonach Kinderlärm auf z. B. Ballspielplätzen hinzunehmen ist.  

Ob der Lärm vorliegend tatsächlich von Kindern oder aber von Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen hervorgerufen worden ist, hatte die Vorinstanz jedoch nicht geklärt, weshalb der Rechtsstreit an das Landgericht zurückverwiesen wurde (BGH, Urteil v. 29.04.2015, Az.: VIII ZR 197/14).  

Badelärm durch Kinder

Der eigene Swimmingpool wird immer erschwinglicher und für etliche ist der Traum vom Freibad-Feeling im eigenen Garten bereits Wirklichkeit geworden. Doch auch hier ist Rücksicht auf die Anwohner oberstes Gebot. Besteht der Nachbar trotzdem auch innerhalb der Ruhezeiten darauf, den Klangeindruck einer ausgewachsenen Beach-Party zu erzeugen, müssen Sie sich hiermit nicht abfinden. 

Dient der Badespaß nebenan hauptsächlich Kindern zur Erfrischung, gelten jedoch andere Vorzeichen. Auch hier muss dann die gesetzliche Vorschrift in § 22 Abs. 1a Bundesimmissionsschutzgesetz beachtet werden, dergemäß Kinderlärm aufgrund der Bedürfnisse von Heranwachsenden zu tolerieren ist. Wer versucht, hiergegen wegen Ruhestörung vorzugehen, darf sich daher vor Gericht kaum Chancen ausrechnen. 

(VOI)

Foto(s): ©Adobe Stock/cherryandbees

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