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Krankenversicherung: Die Kasse macht Kasse

  • 6 Minuten Lesezeit
Esther Wellhöfer anwalt.de-Redaktion

Seit dem 1. Februar verlangen die ersten gesetzlichen Krankenkassen von ihren Mitgliedern einen Zusatzbeitrag in Höhe von 8 Euro pro Monat oder mehr. Diese Möglichkeit hat der Gesetzgeber den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung eingeräumt, wenn ihnen die Mittel aus dem Gesundheitsfonds nicht ausreichen. Welche Rechte die Versicherten jetzt haben und wie sie Geld sparen können, erklärt die Redaktion von anwalt.de.

[image]Gesundheitsreform macht es möglich

2009 wurden die Beiträge zur gesetzlichen Krankenkasse vereinheitlicht und fließen seitdem alle in den Gesundheitsfonds, über den dann die Gelder auf die gesetzlichen Krankenkassen aufgeteilt werden. Mit Einführung des Gesundheitsfonds hat der Gesetzgeber die Kassen dazu ermächtigt, für den Fall, dass ihnen die Gelder aus dem Fonds nicht ausreichen, einen Zusatzbeitrag von ihren Mitgliedern zu erheben.

Der Zusatzbeitrag wird allein von den Versicherten erbracht, also Arbeitnehmer, Rentner etc. - Arbeitgeber sind nicht beteiligt. Er wird nicht automatisch mit dem normalen Krankenkassenbeitrag bezahlt, sondern muss vom Kassenmitglied extra überwiesen werden.

Für Sozialhilfeempfänger und Rentner in Grundsicherung wird der Beitrag vom Sozialamt und Grundsicherungsamt bezahlt. Alle anderen Bezieher von Sozialleistungen müssen den Zusatzbeitrag grundsätzlich selbst berappen, z.B. Hartz-IV-Empfänger. Ausnahmen gibt es nur für Härtefälle.

8-Euro-Pauschale oder 1 Prozent des Bruttoeinkommens

Die Krankenkassen können wählen, ob sie den Zusatzbeitrag als Pauschale in Höhe von 8 Euro oder einkommensbezogen bis zu maximal einem Prozent des monatlichen Bruttoeinkommens fordern. Aufgrund des verwaltungstechnischen Aufwands einer individuellen Einkommensermittlung für jedes Mitglied, greifen viele Träger der gesetzlichen Krankenversicherung eher auf die 8-Euro-Pauschale zurück.

Eine Preisgarantie ist das allerdings nicht. Denn inzwischen fordern einige gesetzliche Krankenkassen bereits deutlich höhere Beiträge. Möglich macht dies die 1-Prozent-Berechnung. Bis zu einer monatlichen Beitragsbemessungsgrenze von 3.750,- Euro kann daher monatlich ein Zusatzbeitrag sogar in Höhe von 37,50 Euro fällig werden.

Die 8-Euro-Pauschale gilt für alle Mitglieder gleichermaßen und zwar unabhängig von ihrem monatlichen Einkommen. Bei der 1-Prozent-Berechnung haben die Kassen dagegen einen gewissen Spielraum. Sie können also beispielsweise einen Zusatzbeitrag über 8 Euro verlangen, wenn die Summe insgesamt nicht die 1-Prozent-Hürde überschreitet. Allerdings muss die Berechnung dann zwingend einkommensbezogen erfolgen. Für Mitglieder mit geringem Einkommen kann dann ebenfalls eine Untergrenze vorgesehen sein, die bis zu maximal 8 Euro betragen kann.

Sonderkündigungsrecht wegen Zusatzbeiträgen

Verlangt die Krankenkasse einen solchen Zusatzbeitrag, hat der Versicherte ein Sonderkündigungsrecht. Es spielt für diejenigen eine wichtige Rolle, die nicht mehr als 18 Monate Mitglied bei der Krankenkasse sind. Das Sonderkündigungsrecht besteht gleichfalls bei einer Fusion zweier Kassen oder einer Senkung von Prämienzahlungen. Versicherte, die mehr als 18 Monate Mitglied bei derselben Krankenkasse sind, können ohnehin kündigen.

Die Kündigungsfrist beträgt stets zwei Monate, jeweils zum Monatsende. Wer sein Sonderkündigungsrecht wegen der Zusatzbeiträge ausübt, muss in diesen zwei Monaten keine Zusatzbeiträge bezahlen. Übrigens: Will der Krankenversicherungsträger einen Zusatzbeitrag einführen, muss er das zuvor seinen Mitgliedern schriftlich ankündigen und sie auf ihr Sonderkündigungsrecht hinweisen.

Für die Kündigung ist zwar keine bestimmte Form vorgeschrieben. Sie sollte jedoch auf alle Fälle zur Sicherheit schriftlich erfolgen, am besten entweder per Einschreiben oder durch persönliche Übergabe mit schriftlicher Empfangsbestätigung.

Die Kasse ist dann verpflichtet, innerhalb von 14 Tagen eine Kündigungsbestätigung auszustellen. Nur mit der Kündigungsbestätigung kann man eine Mitgliedschaft bei einer neuen Krankenkasse abschließen.

Vorsicht: Kein Sonderkündigungsrecht haben jedoch alle, die einen freiwilligen Wahltarif beziehen. Denn hier ist man an die Laufzeit von drei Jahren gebunden. Mehr dazu weiter unten.

Möglichkeiten für Patienten

Für dieses Jahr geht der GKV-Schätzerkreis von einer Finanzierungslücke bei der gesetzlichen Krankenversicherung von 7,8 Milliarden Euro aus. Es steht damit zu befürchten, dass immer mehr Krankenkassen Zusatzbeiträge von den Versicherten verlangen werden. Deshalb sollte man sich gut überlegen, ob man die Krankenkasse wechselt. Denn wahrscheinlich verlangt die neue Krankenversicherung in ein paar Monaten ebenfalls den Zusatzbeitrag.

Ein Kassenwechsel kann eventuell trotzdem Sinn machen. Zwar sind ca. 95 Prozent der Kassenleistungen als sog. Pflichtleistungen gesetzlich vorgegeben. Aber bei den freiwilligen Zusatzleistungen bieten die gesetzlichen Krankenkassen teilweise sehr unterschiedliche Modelle an, die auf bestimmte Personen zugeschnitten sind.

Wechsel der Krankenkasse

Daher sollte man sich bei einem Krankenkassenwechsel nicht nur den Preis, sondern auch das jeweilige Leistungsangebot ansehen, um für sich das passende Modell zu finden. Insgesamt gibt es derzeit ca. 200 gesetzliche Krankenkassen, die verschiedene Zusatzleistungen und Modelle anbieten.

Natürlich ist auch der Wechsel in eine private Krankenversicherung möglich. Allerdings sind hier Familienmitglieder nicht wie bei der gesetzlichen Krankenversicherung mitversichert. Darüber hinaus hat die Stiftung Warentest herausgefunden, dass nur selten wirklich kostengünstige Privatversicherungen angeboten werden, die sich zudem oft nur für junge Alleinstehende tatsächlich rechnen.

Achtung: Wer einmal in die private Krankenversicherung gewechselt hat, kann nur schwer wieder in die gesetzliche Krankenversicherung zurückkehren. Eine Wiederaufnahme ist nur bei einem Einkommen möglich, das dauerhaft unter der Versicherungspflichtgrenze liegt. Für einen Wechsel zurück zur gesetzlichen Krankenkasse muss das monatliche Einkommen mindestens ein Jahr lang weniger als 3.900 Euro betragen. Zusätzlich besteht eine Altergrenze: Mit Überschreitung des 55. Lebensjahres kann selbst bei Eintritt der Versicherungspflicht nur noch in die gesetzliche Krankenversicherung gewechselt werden, wenn für die vorangegangenen fünf Jahre eine Versicherungszeit in der gesetzlichen Krankenversicherung nachgewiesen werden kann.

Wichtige Kriterien für die Krankenkassenwahl

Auf einen persönlichen Ansprechpartner, kompetente und individuelle Beratung sollte man auf jeden Fall achten. Ebenfalls interessant sind die Zusatzleistungen, etwa ob im Krankheitsfall eine Haushaltshilfe übernommen wird oder ob alternative Heilmethoden von der Krankenkasse erstattet werden.

Die persönlichen Bedürfnisse sollten immer ausschlaggebend sein. Beispielsweise über spezielle Früherkennungsprogramme, Bonussysteme oder spezielle Angebote, etwa für chronisch Kranke, sollte man sich bei dem Träger der gesetzlichen Krankenkasse informieren. Wer sich für solche Modelle und Leistungen interessiert, die Kasse aber nicht wechseln möchte, kann sich auch bei seiner Kasse über das Angebot informieren. Eventuell übernimmt die Kasse die Zusatzleistung aus Kulanz.

Wo Versicherte sparen können

Über Bonusprogramme und Wahltarife kann man seine Krankenkassenbeiträge zumindest teilweise wieder zurückerstattet bekommen. Allerdings sollte man gerade für seine Gesundheit nicht zu sehr auf die Kosten achten. Solche Programme lohnen sich nur, wenn man auch körperlich die entsprechenden Voraussetzungen mitbringt.

Bei Bonusprogrammen erhalten Mitglieder eine Geldprämie, wenn sie beispielsweise regelmäßig an Vorsorgeuntersuchungen teilnehmen oder ins Fitnessstudio gehen. Auch für chronisch kranke Menschen werden entsprechende Angebote gemacht, etwa für Diabetiker oder Herzkranke.

Freiwillige Wahltarife

Darüber hinaus werden auch sog. Wahltarife mit jeweils unterschiedlichen Preisen angeboten. Sie sind auf bestimmte Einkommens- und Lebenssituationen ausgerichtet, an bestimmte Obergrenzen gebunden und werden über eine Laufzeit von drei Jahren abgeschlossen. Damit ist in dieser Zeit ein Wechsel der Krankenkasse nicht möglich, auch nicht aufgrund eines Sonderkündigungsrechts.

Bei dem freiwilligen Wahltarif entscheidet sich das Mitglied für eine bestimmte Form der Versorgung oder ein Behandlungsprogramm und erhält dafür von der Krankenkasse zum Beispiel eine Beitragsprämie ausgezahlt oder die Kasse verzichtet auf bestimmte Zuzahlungen.

Über eine Beitragsrückerstattung werden beispielsweise chronisch Kranke entlohnt, wenn sie an speziellen Programmen teilnehmen und sich z.B. nicht im Krankenhaus sondern vom Hausarzt beraten lassen oder selbst die Kosten bis zu einem gewissen Betrag übernehmen (Selbstbeteiligung).

Vorsicht: Solche Wahltarife sind nicht für jeden günstig und an bestimmte Regeln gebunden. Deshalb ist eine genaue Information und ausführliche Beratung zu empfehlen.

Ob man nun seine Krankenkasse wechseln, Zusatzleistungen beanspruchen oder freiwillige Wahltarife und Bonussysteme abschließen will - all dies muss gut bedacht werden. Trotz des Ärgers über die Zusatzbeiträge darf man nicht nur an den Geldbeutel denken. Man sollte für jede Situation gerüstet sein. Wichtig ist stets, dass es der Gesundheit gut tut.  

(WEL)

Foto(s): ©iStockphoto.com

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