Kreditverkauf: Hilfe, die „Haus-Schrecken“ kommen!
- 4 Minuten Lesezeit
Vielen Immobilienbesitzern bereiten die Nachrichten über Verkäufe von Immobilienkreditverträgen durch Banken an zwielichtige Finanzinvestoren schlaflose Nächte. Schließlich droht dann schnell die Zwangsvollstreckung von Haus und Grund. Die anwalt.de-Redaktion informiert über die aktuelle Rechtslage, welche rechtlichen Möglichkeiten Kreditnehmer zu ihrem Schutz ergreifen können und wie das Justizministerium die gesetzlichen Lücken schließen will.
[image] Grundproblematik
Wenn es um einen Kredit geht, verlassen sich viele Kunden auf die „Bank ihres Vertrauens“ und schließen Darlehensverträge ab, die mit einer Grundschuld abgesichert sind. Doch gerät man mit den Ratenzahlungen in Rückstand, setzt man sein Immobilieneigentum aufs Spiel. Denn inzwischen verkaufen die Kreditinstitute immer öfter die Darlehensforderungen ihrer Kunden an so genannte Hedge-Fonds, die einzig an einer Zwangsvollstreckung in die Immobilie interessiert sind, damit sie so möglichst schnell viel Gewinn erzielen. Mittlerweile sind sogar Fälle an die Öffentlichkeit gelangt, bei denen die Darlehensschuldner eine Vollstreckung in ihr Immobilieneigentum dulden mussten, obwohl sie alle Raten vertragsgemäß bezahlt hatten.
Die einzige Möglichkeit, die Bankkunden momentan haben, diese gefährliche Klippe zu umschiffen, bietet eine Sicherungsabrede, die zusätzlich zum Darlehensvertrag vereinbart wird. Hierin kann festgelegt werden, dass die Bank nicht die Zwangsvollstreckung in das Grundstück betreiben darf, wenn der Darlehensnehmer die Raten ordentlich leistet. Diese Sicherungsabrede gilt im Fall des Forderungsverkaufs nicht direkt gegenüber dem neuen Investor, allerdings kann sich der Kreditnehmer ihm gegenüber darauf berufen und so die Vollstreckung in die Immobilie verhindern.
Teilsieg vor Gericht
Bereits letztes Jahr hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass der Verkauf von Darlehensverträgen an Finanzinvestoren ohne Zustimmung des Kreditnehmers grundsätzlich zulässig ist (Az: XI ZR 195/05). Wird der Schuldner nicht informiert, so stehen ihm allenfalls Schadensersatzansprüche gegenüber seinem Kreditinstitut zu, die sich aus der Verletzung des Bankgeheimnisses oder des Bundesdatenschutzgesetzes ergeben können. Die Forderungsabtretung bleibt jedoch wirksam. Soll diese Rechtswirkung verhindert werden, müssen Bank und Kunde ein Abtretungsverbot ausdrücklich oder stillschweigend vereinbaren.
Damit stehen Schuldner einer Darlehensforderung nach derzeitiger Rechtslage schlecht da, wenn ihr Kredit von Sparkasse oder Bank weiterveräußert wird. Doch es ist ein kleinwenig Licht am Horizont auszumachen. Denn das Oberlandesgericht München hat jetzt mit einem Urteil in einem solchen Fall die Zwangsvollstreckung für Finanzinvestoren erheblich erschwert. Konkret ging es um eine Darlehensforderung in Höhe von insgesamt 290.000 Euro, die samt dazu gehörender Grundschuld zunächst an die Hypo Real Estate Bank, dann an die Lone-Star-Gruppe und schließlich an die Westend Olympic GmbH verkauft wurde. Als der Schuldner mit einigen Ratenzahlungen in Verzug geriet, kündigte die Westend Olympic den Darlehensvertrag und wollte ihn dazu zwingen, ihr eine Vollmacht für den Verkauf der Immobilie zu einem beliebigen Preis zu erteilen. Der Schuldner wollte stattdessen den Kredit auflösen und verlangte Informationen über die Höhe seiner Restschuld. Die Westend Olympic verweigerte darüber jede Auskunft und leitete umgehend die Zwangsvollstreckung ein. Dagegen erhob der Kreditnehmer eine Vollstreckungsabwehrklage – mit Erfolg. Denn die Münchner Richter sahen in der Verweigerung von Auskünften zur Restschuld eine grobe Pflichtverletzung der Westend Olympic (Az.: 5 U 5102/06). Allerdings stellt das Urteil des OLG München nur einen Teilerfolg dar. Denn die Westend Olympic hat bereits angekündigt, nach Vorlage einer Abrechung über die Restschulden, erneut die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner zu betreiben.
Neu: Risikobegrenzungsgesetz
Doch wie können sich Kreditnehmer vor solchen „feindlichen Übernahmen“ ihrer Immobilien wehren? Das Justizministerium plant inzwischen mit dem so genannten Risikobegrenzungsgesetz, die Möglichkeiten für Hedge-Fonds und Banken einzuschränken, um Kreditnehmer besser vor der Veräußerung ihrer Darlehensforderungen zu schützen.
Der Vorschlag des Ministeriums sieht zunächst vor, dass Kreditinstitute ihren Kunden zukünftig auch nicht abtretbare Darlehensverträge anbieten und auf diese Möglichkeit den Kunden auch hinweisen müssen. Allerdings dürfen die Banken dann für solche Verträge einen höheren Zinssatz verlangen. Zukünftig soll es auch Unternehmern ermöglicht werden, nicht abtretbare Darlehensverträge abzuschließen.
Damit der Kreditnehmer rechtzeitig auf Änderungen des Darlehensvertrages reagieren kann, soll das Kreditinstitut dazu verpflichtet werden, den Kunden rechtzeitig über Änderungen zu unterrichten, voraussichtlich spätestens drei Monate vor Ablauf oder Änderung des Vertrags. Außerdem muss die Bank dem Kunden rechtzeitig die Abtretung der Darlehensforderung und einen Wechsel des Darlehensgläubigers anzeigen, damit er sich über den neuen Gläubiger informieren und notfalls Maßnahmen gegen eine längere Vertragsbeziehung mit ihm ergreifen kann.
Der derzeit nur für Verbraucherdarlehen geltende Kündigungsschutz, dass geringe Störungen bei der Ratenzahlung nicht sofort einen Forderungsverkauf rechtfertigen, soll nach Ansicht von Justizministerin Zypries auf Grundstücksdarlehen ausgedehnt werden. Weiter sind Änderungen bei der Zwangsvollstreckung vorgesehen, die es dem Darlehensnehmer erleichtern sollen, Schadensersatzansprüche gegenüber seiner Bank wegen einer unberechtigten Zwangsversteigerung durchzusetzen.
Die aktuell geltende Rechtslage schützt den redlichen Darlehensnehmer nur unzureichend. Aus diesem Grund bleibt zu hoffen, dass die Neuregelungen zum Risikobegrenzungsgesetz möglichst zügig verabschiedet werden.
(WEL)
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