Kündigung wegen Eigenbedarfs - bauordnungsrechtliche Unzulässigkeit der Wohnung

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Das Landgericht Mainz hatte sich mit einer Räumungsklage wegen Eigenbedarfs auseinander zu setzen (Az.: 3 S 26/10).

Nachdem ein Mehrparteienhaus neue Eigentümer bekommen hatte, wurde allen Mietparteien die Eigenbedarfskündigung ausgesprochen und schließlich auf Räumung geklagt.

Eine der Mietparteien legte Berufung gegen das Urteil I. Instanz ein (AG Mainz Az. 81 C 445/09). Die mündliche Verhandlung in der II. Instanz fand einen Tag nach dem Auszug der Partei am 01.06.2010 statt, so dass der Kläger einseitig die Erledigung in der Hauptsache erklärte.

Es war daraufhin über die Erledigung zu entscheiden.

Bereits während des Verfahrens in der I. Instanz hatte sich zufällig herausgestellt, dass die streitgegenständlichen Räume den bauordnungsrechtlichen Vorgaben nicht entsprachen und nicht zu Wohnzwecken genutzt werden durften. Dem Vortrag der beklagten Partei, an bauordnungsrechtlich unzulässigen Räumen könne kein Eigenbedarf geltend gemacht werden, folgte das Amtsgericht jedoch nicht (so aber das LG Hamburg, Urteil vom 12.04.1993 - Az.: 316 S 135/93).

Während des Berufungsverfahrens erging am 30.04.2010 seitens des zuständigen Bauaufsichtsamts eine Nutzungsuntersagung an die Eigentümer. Die Räumungsfrist der beklagten Partei endete zum 31.05.2010. Bis dahin war die Wohnung geräumt. In der Zeit vom 30.04.2010 bis zum 31.05.2010, also in der Zeit zwischen Nutzungsuntersagungsverfügung und Ende der Räumungsfrist, war die Wohnung weiterhin genutzt worden.

Das Gericht II. Instanz sah das erledigende Ereignis jedoch nicht in dem Auszug der beklagten Partei am 31.05.2010 begründet, sondern in der Nutzungsuntersagungsverfügung des Bauaufsichtsamtes vom 30.04.2010, über die die Mietpartei nicht einmal in Kenntnis gesetzt worden war. Die Kläger hätten laut LG erst ab dem Zeitpunkt der Nutzungsuntersagungsverfügung an den Räumlichkeiten keinen Eigenbedarf mehr geltend machen können, in der logischen Sekunde vor der Verfügung jedoch durchaus. Nur auf diesen Augenblick und nicht etwa auf den Auszug sei hier als erledigendes Ereignis abzustellen. In dem Moment vor der Verfügung hätten die Kläger aber noch über zu Wohnzwecken geeignete Räumlichkeiten verfügt und hätten daher einen Anspruch auf Eigenbedarf auch geltend machen können, da bis zu diesem Moment die Räumungsklage zulässig und begründet gewesen sei.

Nach Ansicht des LG Mainz war das o.g. Urteil des LG Hamburg überholt. Zur Begründung bezog es sich auf das Urteil des BGH vom 16.09.2009 (NJW 2009, 3421) wo es jedoch nicht um eine Kündigung, sondern um die Möglichkeit einer Mietminderung bei nutzungsbeschränkten Räumen ging, für die aber noch keine Nutzungsbeschränkung seitens der Behörde ausgesprochen wurde.

Aus diesem Urteil zog das LG Mainz den Umkehrschluss, dass erst dann, wenn eine Behörde einschreitet, geprüft werden müsse, ob die öffentlich rechtlichen Gebrauchshindernisse den Mieter zur fristlosen Kündigung oder zu einer Minderung der Miete berechtigen. Dieser Umkehrschluss wurde vom LG Mainz wiederum auf den vom BGH nicht entschiedenen Fall einer Kündigung wegen Eingenbedarfs übertragen.

Die Revision wurde nicht zugelassen, da man die Frage nach der Möglichkeit der Geltendmachung von Eigenbedarf an bauordnungsrechtlich unzulässigen Räumlichkeiten mit dem Urteil des BGH zur Möglichkeit der Mietminderung, s.o., als geklärt ansah.

Das Urteil des LG Mainz kann nicht als richtig angesehen werden. Die Möglichkeit eines Mieters sich erfolgreich gegen eine Eigenbedarfskündigung zur Wehr setzen zu können, kann doch wohl nicht davon abhängen, wann eine Nutzungsuntersagungsverfügung vorlag, sondern muss sich daran orientieren, ob die Räume den gesetzlichen Vorgaben an Wohnraum entsprechen, oder nicht. Es darf nach diesseitiger Auffassung nicht zum Nachteil des Mieters gereicht werden, wenn die Nutzungsuntersagungsverfügung noch nicht z.B. vor Abschluss des Mietvertrags, oder während des Mietverhältnisses vorlag, vom Vermieter aber so lange wie möglich vorsätzlich verschwiegen wurde, sondern wie hier, erst während des laufenden Gerichtsverfahrens erging.

Hier waren die streigegenständlichen Räumlichkeiten über Jahrzehnte vermietet worden, ohne dass auch nur eine Baugenehmigung vorgelegen hätte.

Darüber hinaus war der Wohnbedarf zudem unstreitig längst anderweitig gedeckt, so dass kein Eigenbedarf mehr bestand. Das LG verlangte aber keinen konkreten Bedarf, sondern verwies allgemein darauf, dass ein Vermieter ein Anrecht darauf habe, sein Eigentum zu nutzen.


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