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Kündigung: Was passiert mit dem Urlaubsanspruch?

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Eine Kündigung vom Arbeitgeber bringt viel Stress und Unsicherheit mit sich. In kürzester Zeit muss ein neuer Job gefunden werden und plötzlich aus seinem gewohnten Arbeitsumfeld gerissen zu werden, ist ebenfalls nicht zu unterschätzen. Aber auch wenn Arbeitnehmer selbst kündigen, gilt es, einige Unklarheiten zu klären. Nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses stellt sich beispielsweise immer wieder die Frage, was mit dem verbleibenden Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers passiert.

Jeder Arbeitnehmer hat in jedem Kalenderjahr einen Anspruch auf bezahlten Urlaub. Der gesetzliche Mindesturlaub liegt bei mindestens 24 Werktagen, also 4 Wochen, pro Jahr. Werktage sind die Tage von Montag bis Samstag, was einer 6-Tage-Woche entspricht. Da die meisten Arbeitnehmer jedoch in einer 5-Tage-Woche arbeiten, ist der gesetzliche Mindesturlaub hier mit 20 Urlaubstagen erfüllt, die dann auch einer jährlichen Urlaubszeit von 4 Wochen entsprechen.

Der gesetzlich festgelegte Mindesturlaub kann nicht durch eine abweichende Regelung im Arbeitsvertrag ausgeschlossen werden. Es ist aber sehr wohl möglich, eine arbeitsvertragliche Regelung zu treffen, die einen höheren Urlaubsanspruch vorsieht.Um nun die Frage zu beantworten, wie viele Urlaubstage einem Arbeitnehmer zustehen, wenn das Arbeitsverhältnis im laufenden Jahr endet, gilt es zu unterscheiden, ob die Beendigung in der ersten oder in der zweiten Jahreshälfte erfolgt. 

Beendigung des Arbeitsverhältnisses innerhalb der ersten Jahreshälfte

Wird das Arbeitsverhältnis in der ersten Hälfte des Kalenderjahres (bis einschließlich 30.06.) beendet, hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat, in dem das Arbeitsverhältnis in dem Jahr noch besteht.

Beispiel 1: Das Arbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers mit einer 5-Tage-Woche endet zum 30.06. Er war schon zum 01.01. des Jahres bei seinem Arbeitgeber beschäftigt. Somit arbeitet er noch volle 6 Monate und der gesetzliche Anspruch beträgt: 6 Monate / 12 Monate * 20 Urlaubstage = 10 Urlaubstage.

Beispiel 2: Das Arbeitsverhältnis endet schon zum 31.05. Auch dieser Arbeitnehmer war bereits zum 01.01. bei seinem Arbeitgeber beschäftigt. Er war somit noch volle 5 Monate des Jahres angestellt. Diesmal hat der Arbeitnehmer allerdings einen im Arbeitsvertrag vereinbarten jährlichen Urlaubsanspruch von 28 Tagen. Der Anspruch wird hier wie folgt berechnet: 5 Monate / 12 Monate * 28 Urlaubstage = 11,67 = 12 Urlaubstage.

Entstehen bei der Berechnung von Urlaubstagen Bruchteile, die mindestens einen halben Tag ergeben, wird zugunsten des Arbeitnehmers auf ganze Urlaubstage aufgerundet

Beendigung des Arbeitsverhältnisses innerhalb der zweiten Jahreshälfte

Wenn das Arbeitsverhältnis allerdings in der zweiten Jahreshälfte (nach dem 30.06.) beendet wird, hat der Arbeitnehmer in jedem Fall einen Anspruch auf den vollen gesetzlichen Mindesturlaub in Höhe von zumeist 20 Tagen. Ist arbeitsvertraglich ein höherer Urlaubsanspruch vereinbart worden, stellt sich die Frage, ob der Arbeitnehmer auch diesen in voller Höhe beanspruchen kann. Das hängt davon ab, ob im Vertrag eine sogenannte „Pro rata temporis“-Regelung (lat. für zeitanteilig) vereinbart wurde.

„Pro rata temporis“ stellt eine arbeitsrechtliche Vertragsklausel dar, nach welcher der über den gesetzlichen Mindestanspruch hinausgehende Urlaub nur anteilig gewährt werden soll, wenn das Arbeitsverhältnis im laufenden Jahr beginnt oder endet.

Eine solche Klausel könnte dann beispielsweise wie folgt lauten: „Endet das Arbeitsverhältnis in der zweiten Jahreshälfte, wird der Urlaubsanspruch gezwölftelt, wobei der gesetzlich vorgeschriebene Mindesturlaub nicht unterschritten werden darf.“

Beispiel: Das Arbeitsverhältnis endet zum 30.09. Grundsätzlich hätte der Arbeitnehmer Anspruch auf den vollen vertraglich vereinbarten Jahresurlaub; hier in Höhe von 30 Tagen. Im Arbeitsvertrag ist jedoch eine „Pro-rata-temporis“-Klausel vereinbart worden, wonach der Urlaub auch hier anteilig berechnet wird: 9 Monate / 12 Monate * 30 Urlaubstage = 22,5 = 23 Urlaubstage.

Wichtig ist: Auch wenn der Arbeitsvertrag eine solche Regelung tatsächlich aufweist, darf bei der Berechnung des Resturlaubs der gesetzliche Mindesturlaub von 20 Urlaubstagen bei einer 5-Tage-Woche im Ergebnis nicht unterschritten werden.

Beispiel: Das Arbeitsverhältnis endet zum 31.08. Im Arbeitsvertrag sind 28 Tage Urlaub im Jahr und eine „Pro-rata-temporis“-Klausel vereinbart worden, wonach der Urlaub wieder anteilig berechnet wird: 8 Monate / 12 Monate * 28 Urlaubstage = 18,66 = 19 Urlaubstage. Da jedoch bei einer Kündigung in der zweiten Jahreshälfte 20 Urlaubstage nicht unterschritten werden dürfen, hat der Arbeitnehmer hier Anspruch auf einen Resturlaub von 20 Tagen.

Ist eine solche Klausel im Arbeitsvertrag dagegen nicht enthalten, so hat der Arbeitnehmer bei einem Ausscheiden nach dem 30.06. einen Anspruch auf den vollen im Arbeitsvertrag vereinbarten Jahresurlaub.

Klärung des Urlaubsanspruchs häufig schwierig – ein Anwalt hilft

Auf Seiten von Arbeitgebern müssen schon bei der Erstellung des Arbeitsvertrags die Weichen für einen möglichen Urlaubsanspruch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses gestellt werden. Dabei ist die Vereinbarung einer „Pro-rata-temporis“-Regelung im Arbeitsvertrag dringend anzuraten. Arbeitnehmern ist zu empfehlen, ihre Urlaubsansprüche nach einer Kündigung sorgfältig zu prüfen und den bestehenden Anspruch auf Resturlaub beim Arbeitnehmer durchzusetzen.

Manchmal ist es schwierig, einen vollständigen und juristisch sauberen Arbeitsvertrag aufzusetzen oder etwaige (Urlaubs-)Ansprüche gegen den ehemaligen Arbeitgeber tatsächlich durchzusetzen. Unser Fachanwalt für Arbeitsrecht Daniel Junker berät Sie in diesen Zusammenhängen gern und steht Ihnen mit seinem Fachwissen zur Seite. Schreiben Sie uns gern über das unten stehende Formular oder rufen Sie uns an und schildern Sie uns direkt Ihren Fall.

Daniel Junker

Rechtsanwalt,
Fachanwalt für Insolvenzrecht
                              


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