LAG Berlin-Brandenburg: Eine Änderungskündigung kann in Einzelfällen auch während der Elternzeit erfolgen

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Ab dem Zeitpunkt, in dem Elternzeit verlangt worden ist, genießt die Mutter bzw. der Vater gemäß § 18 Absatz 1 Satz 1 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) einen besonderen Kündigungsschutz. Mit einer Kündigung muss der Arbeitnehmer gemäß § 18 Absatz 1 Satz 4 BEEG nur noch in „besonderen Fällen“ rechnen. Zudem muss der Arbeitgeber vor Ausspruch der Kündigung gemäß § 18 Absatz 1 Satz 5 BEEG die Zustimmung der für den Arbeitsschutz zuständigen obersten Landesbehörde einholen.

Eine Kündigung während der Elternzeit ist somit zwar schwieriger als die Kündigung eines regulären Arbeitnehmers, sie bleibt jedoch grundsätzlich möglich. Eltern sollten sich daher nicht einfach darauf verlassen, dass eine während der Elternzeit erhaltene Kündigung schon unwirksam sein wird. Dies gilt insbesondere auch bei Änderungskündigungen, wie ein vor einigen Monaten ergangenes Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 05.07.2022 – 16 Sa 1750/21) beweist.

Worum ging es in dem entschiedenen Fall? 

Der Arbeitgeber sprach aus betriebsbedingten Gründen eine Änderungskündigung gegenüber einer Arbeitnehmerin aus, die sich gerade in Elternzeit befand. Die Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörde wurde vom Arbeitgeber ordnungsgemäß eingeholt. Die Arbeitnehmerin lehnte das in der Änderungskündigung enthaltene Änderungsangebot ab und erhob vor dem zuständigen Arbeitsgericht Potsdam eine Kündigungsschutzklage, die jedoch abgewiesen wurde.

Wie hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg entschieden? 

Die Arbeitnehmerin unterlag auch vor dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg. Die Richter begründeten dies damit, dass der ursprüngliche Arbeitsplatz der Arbeitnehmerin durch eine zulässige unternehmerische Entscheidung ersatzlos weggefallen ist. Eine Weiterbeschäftigung zu den bisherigen Bedingungen sei daher nicht möglich. Der Ausspruch einer Änderungskündigung sei daher legitim und könne auch während der Elternzeit erfolgen, solange die Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörde eingeholt wurde.

Da die Arbeitnehmerin das in der Änderungskündigung enthaltene Änderungsangebot nicht angenommen hatte, wurde ihr Arbeitsverhältnis durch die Änderungskündigung wirksam beendet.

Welche Konsequenzen hat das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg für Arbeitgeber? 

Zunächst ist zu beachten, dass es sich bei dem dargestellten Urteil nicht um ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts handelt. Urteile von Landesarbeitsgerichten haben nur eine geringere Aussagekraft als höchstinstanzliche Urteile. Dennoch verdeutlicht das Urteil, dass Kündigungen während der Elternzeit von Arbeitnehmern durchaus rechtmäßig sein können. Arbeitgeber sollten in derartigen Fällen jedoch vor Ausspruch einer Kündigung unbedingt die Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörde einholen. Denn aufgrund des klaren Gesetzeswortlauts von § 18 Absatz 1 Satz 4, Satz 5 BEEG ist eine Kündigung ohne vorherige Einholung der Zustimmung zwingend rechtswidrig.

Welche Konsequenzen hat das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg für Arbeitnehmer? 

Für Arbeitnehmer gilt der bereits oben angesprochene Rat: Verlassen Sie sich nicht darauf, dass eine Kündigung während der Elternzeit schon unwirksam sein wird. Holen Sie im Zweifelsfall rechtliche Hilfe ein und beachten Sie dabei unbedingt auch die „3-Wochen-Frist“, innerhalb der gemäß §§ 4 Satz 1, 7 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) eine Kündigungsschutzklage erhoben werden muss. Bezugspunkt für den Fristbeginn ist dabei – anders als bei normalen Kündigungen – nicht der Zugang der schriftlichen Kündigung, sondern die Bekanntgabe der Entscheidung der zuständigen obersten Landesbehörde an den Arbeitnehmer.

Bei Erhalt einer Änderungskündigung sollte man als Arbeitnehmer von der Möglichkeit Gebrauch machen, dass in der Änderungskündigung enthaltene Angebot unter dem Vorbehalt anzunehmen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist. Auch in diesem Fall ist gemäß §§ 4 Satz 2, 7 KSchG unbedingt eine Klage beim zuständigen Arbeitsgericht zu erheben, da der erklärte Vorbehalt ansonsten erlischt.

Bitte beachten Sie, dass diese Informationen keine Beratung im Einzelfall ersetzen können. Gerne berate ich Sie persönlich oder auch online zu Ihren Rechtsthemen im Arbeitsrecht.

Foto(s): Rechtsanwältin Trixi Hoferichter


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