LarbG Hessen: Mutterschutzrechtliches Kündigungsverbot auch bei Kündigung vor Dienstantritt
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Das LArbG Frankfurt hat mit Urteil vom 13.06.2019 entschieden, dass das Kündigungsverbot gemäß § 17 Abs. 1 MuSchG auch bei einer Kündigung vor Dienstantritt gilt (vgl. Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 13. Juni 2019 – 5 Sa 751/18 –, juris).
Zu Grunde lag die Kündigungsschutzklage nach Kündigung einer schwangeren Frau bereits vor Dienstantritt (a. a. O.). Die Parteien hatten am 09./14.12.2017 einen Arbeitsvertrag über eine Teilzeittätigkeit (in einer Rechtsanwaltskanzlei) geschlossen, wobei das Arbeitsverhältnis am 01.02.2018 mit 6-monatiger Probezeit beginnen sollte. Mit Schreiben vom 18.01.2018 setzte die Klägerin den Beklagten über die Feststellung ihrer Schwangerschaft in Kenntnis und unterrichtete ihn darüber, dass aufgrund einer chronischen Vorerkrankung „mit sofortiger Wirkung ein komplettes Beschäftigungsverbot“ attestiert worden sei (a. a. O.).
Auf die daraufhin mit Schreiben vom 30.01.2018 ausgesprochene Kündigung zum 14.02.2018 erhob die Klägerin Kündigungsschutzklage. Das ArbG hat festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung des Beklagten vom 30.01.2018 beendet wurde (a. a. O.). Auch in zweiter Instanz war die Klägerin erfolgreich.
Die Kündigung vom 30.01.2018 sei gem. § 17 Abs. 1 MuSchG i. V. m. § 134 BGB unwirksam, da das Kündigungsverbot auch bei einer Kündigung vor Dienstantritt gelte (a. a. O.).
Der Schutzbereich des mutterschutzrechtlichen Kündigungsverbots des § 17 Abs. 1 Nr. 1 MuSchG sei schon bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses durch Arbeitsvertragsschluss und nicht erst bei tatsächlicher Tätigkeitsaufnahme eröffnet (a. a. O.). Dies ergebe die teleologische Auslegung von § 1 Abs. 2 MuSchG unter Berücksichtigung der Zielsetzung des Gesundheitsschutzes gem. § 1 Abs. 1 S. 2 MuSchG im Lichte der Mutterschutzrichtlinie (RL 92/85/EG vom 19.10.1992) sowie von § 7 Abs. 1a SGB IV (a. a. O.). Eine andere Auslegung, wonach das MuSchG erst nach dem vereinbarten Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme/der Invollzugsetzung des Arbeitsverhältnisses eingreift, würde zudem gegen Art. 6 Abs. 4 GG verstoßen (a. a. O.).
Der Beklagte habe daher gegen das Kündigungsverbot des § 17 Abs. 1 MuSchG verstoßen, der auch die Kündigung vor Dienstantritt erfasse (a. a. O.). Die Kündigung sei während der Schwangerschaft der Klägerin ohne behördliche Zustimmung ausgesprochen worden, wobei die Schwangerschaft dem Beklagten im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung bekannt war. Anhaltspunkte für das Erfordernis einer vorherigen tatsächlichen Arbeitsleistung enthalte der Wortlaut der Vorschrift nicht (a. a. O.).
Der Beklagte könne sich auch nicht auf die Vorgaben in Art. 10 Nr. 1 der Mutterschutzrichtlinie (RL 92/85/EWG vom 19.10.1992) berufen (a. a. O.). Von der RL werde nämlich das in § 17 Abs. 2 MuSchG geregelte Verfahren gedeckt (a. a. O.). Bei der Regelung in § 17 Abs. 1 MuSchG handele es sich um ein absolutes Kündigungsverbot, welches in Absatz 2 mit einem Erlaubnisvorbehalt versehen wurde (a. a. O.). Dass die zuständige Behörde in Ausnahmefällen die Kündigung ggfs. für zulässig erklären müsse, werde in Nr. 1 des Art. 10 der RL ausdrücklich gebilligt (a. a. O.).
Das BAG wird auf die Revision des Beklagten hin Gelegenheit haben, sich mit den streitgegenständlichen Fragestellungen zu beschäftigen. Termin zur mündlichen Verhandlung ist am BAG in Erfurt unter dem Az. 2 AZR 498/19 für den 27.02.2020 anberaumt (a. a. O.).
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