LG Stuttgart: Daimler AG mit sekundärer Darlegungslast (LG Stuttgart Az. 23 O 8/20)

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Das Landgericht Stuttgart hat mit Urteil vom 28. Mai 2020 (Az. 23 O 8/20) die Daimler AG zu Schadensersatz gegen einen Mercedes-Käufer verurteilt. Bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug handelt es sich um einen Mercedes-Benz C 220 CDI mit dem Motor OM 651. Der Käufer hat den Gebrauchtwagen (26.890 Euro) fremdfinanziert. Das LG Stuttgart hat dem Kläger und Geschädigten insgesamt knapp 8.000 Euro Schadensersatz sowie die Freistellung von der weiteren Finanzierung zugesprochen. Dabei geht es um 28 Monatsraten in Höhe von rund 300 Euro sowie einer Schlussrate von 6.800 Euro.

„Das Landgericht Stuttgart hat eine sittenwidrige Schädigung durch die Nutzung einer illegalen Abschaltvorrichtung festgestellt. Die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems wird dabei unter Bedingungen, die bei normalem Fahrzeugbetrieb zu erwarten sind, verringert. Im Vergleich zum Betrieb auf dem Prüfstand bei milderen Temperaturen kann es also zu einem Anstieg der Stickoxidemissionen kommen, wenn die Abgasrückführung bei unter sieben Grad Celsius betriebspunktabhängig reduziert wird“, sagt Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH aus Mönchengladbach. Die Kanzlei befasst sich ausschließlich mit Anleger- und Verbraucherschutzthemen und hat sich auf die Beratung von Betroffenen des Abgasskandals spezialisiert. Dr. Gerrit W. Hartung gilt als „Dieselanwalt“ der ersten Stunde.

Dr. Gerrit W. Hartung weist auf einige Sonderaspekte bei dem kürzlich ergangenen Urteil hin. Zum einen habe das LG Stuttgart dem Argument der Daimler AG, aufgrund der Fremdfinanzierung sei der Kläger gar nicht Eigentümer des streitgegenständlichen Fahrzeugs, abgewiesen. „Damit ist es auch in einer laufenden Finanzierung ohne weiteres möglich, einen Wagen mit Manipulationssoftware gegen Schadensersatz zurückzugeben. Dass der Kläger damit auch die Finanzierung vorzeitig und ohne eigenen weiteren finanziellen Einsatz beenden kann, ist ein zusätzlicher interessanter und wirtschaftlich nützlicher Effekt. Das hilft dabei, ein wirklich sauberes Fahrzeug gegebenenfalls nach neuen Konditionen finanzieren zu können.“

Zudem habe das Gericht auf die „sekundäre Darlegungslast“ der Daimler AG verwiesen. Der Autokonzern sei dieser aber nicht nachgekommen, obwohl es ihm ein Leichtes sei, Einzelheiten zur Abgasrückführung zu erläutern. Die bloße Angabe des Temperaturbereichs, in dem das Thermofenster aktiv wird, reiche nicht aus. „Daher fällt die außentemperaturabhängige Steuerung der Abgasrückführung unter die Legaldefinition der unzulässigen Abschaltvorrichtung“, fasst Dr. Hartung zusammen.

Das Urteil reiht sich in eine Kette verbraucherfreundlicher Urteile von Land- und Oberlandesgerichten im Abgasskandal ein. Für den Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Hartung zeigt dies einmal mehr, dass Geschädigte im Abgasskandal durchaus den Weg vor Gericht gehen sollten, um zu ihrem Recht zu kommen. „Gerade die Begründung, die Daimler AG treffe eine sekundäre Darlegungslast, ist wichtig. Damit steigt der Erklärungsdruck für die Schädiger und nimmt die Last von den Verbrauchern, die technischen Details vorzutragen.“

„Das Urteil ist also insgesamt bemerkenswert und sehr verbraucherfreundlich“, sagt Rechtsanwalt Dr. Hartung. Vor allem wurden dem Kläger wegen der Betrugshaftung der Daimler AG nämlich auch noch die deliktischen Entziehungszinsen zugesprochen. „Zwischen der Zahlung des Kaufpreises und der rechtlichen Geltendmachung der Ansprüche liegen einige Jahre. Das macht sich dann natürlich bei den Zinsen deutlich bemerkbar“, so Dr. Hartung.



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