Mehr Rechte des Patienten mit dem Patientenrechtegesetz?

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Das Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patienten (Patientenrechtegesetz) hat am 1.2.2013 den Bundesrat passiert und wird, wie geplant, 1 Tag nach seiner Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten. Das Patientenrechtegesetz kodifiziert erstmals die Rechte von Patientinnen und Patienten (im Nachfolgenden Patient/-en genannt) im Bürgerlichen Gesetzbuch. Bisherig gab es im Hinblick auf die Rechte von Patienten nur Richterrecht.

Nach Mitteilung des Bundesministeriums für Justiz wurde mit dem Gesetz bezweckt, dass sich Patient und Arzt auf Augenhöhe begegnen. Das Patientenrechtegesetz sieht vor, das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) um einen eigenen Abschnitt zu ergänzen. Das Gesetz fasst im Wesentlichen die Grundsätze zusammen, die bislang durch die vom BGH entwickelten Grundsätze zur Arzthaftung in einem Arzthaftungsverfahren zu berücksichtigen waren.

Wesentliche Änderungen der bisherigen Rechtsprechung zugunsten des Patienten wurden im Patientengesetz nicht vorgenommen. Ins BGB wird der Behandlungsvertrag als neuer Vertragstyp eingefügt, der das Verhältnis zwischen Arzt und Patient regelt. Hierdurch sollen die Rechte von Patienten transparenter und verständlicher werden. Patienten sollen umfassend und verständlich durch den behandelnden Arzt informiert werden. Der Arzt hat mit Inkrafttreten des Patientengesetzes die Pflicht, sämtliche für die Dokumentation wichtigen Umstände in der Patientenakte zu dokumentieren und sie sorgfältig und vollständig zu führen. Volle Transparenz sei besonders wichtig für eine ausgewogene Beweislastverteilung in sogenannten Haftungsfällen. Es gelte vor allem, die Patientenrechte greifbar zu machen, so dass die Bedürfnisse der Patienten in den Mittelpunkt rücken.

Das Gesetz umfasst folgende Regelungsbereiche:

1. Der Behandlungsvertrag wird ausdrücklich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankert. Hier wird die Vertragsbeziehung zwischen Patienten und Ärzten, aber auch zu anderen Heilberufen, wie Heilpraktikern, Hebammen, Psycho- oder Physiotherapeuten, zentral geregelt.

2. Patienten müssen verständlich und umfassend informiert werden, etwa über erforderliche Untersuchungen, Diagnosen und beabsichtigte Therapien. Diese Informationspflicht besteht auch für die mit der Behandlung verbundenen Kostenfolgen: Werden Behandlungskosten nicht von der Krankenkasse übernommen und weiß dies der Behandelnde, dann muss er den Patienten vor dem Beginn der Behandlung entsprechend informieren. Auch muss der Behandelnde den Patienten unter bestimmten Voraussetzungen über einen Behandlungsfehler informieren.

3. Die gesetzlich vorgeschriebene Aufklärung erfordert, dass grundsätzlich alle Patienten umfassend über eine bevorstehende konkrete Behandlungsmaßnahme und über die sich daraus ergebenden Risiken aufgeklärt werden müssen. Damit sich der Patient seine Entscheidung gut überlegen kann, muss rechtzeitig vorher ein persönliches Gespräch geführt werden. Eine schriftliche Aufklärung reicht alleine nicht aus. Auch Patienten, die aufgrund ihres Alters oder ihrer geistigen Verfassung nicht in der Lage sind, allein über die Behandlungsmaßnahme zu entscheiden, werden künftig verstärkt mit in den Behandlungsprozess eingebunden, indem das Gesetz festlegt, dass auch ihnen die wesentlichen Umstände der bevorstehenden Behandlung zu erläutern sind.

4. Ferner werden auch die Dokumentationspflichten bei der Behandlung im Gesetz niedergeschrieben. Patientenakten sind vollständig und sorgfältig zu führen. Fehlt die Dokumentation oder ist sie unvollständig, wird im Prozess zu Lasten des Behandelnden vermutet, dass die nicht dokumentierte Maßnahme auch nicht erfolgt ist. Behandelnde sind künftig auch verpflichtet, zum Schutz von elektronischen Dokumenten eine manipulationssichere Software einzusetzen.

5. Patienten wird ein gesetzliches Recht zur Einsichtnahme in ihre Patientenakte eingeräumt, das nur unter strengen Voraussetzungen und künftig nur mit einer Begründung abgelehnt werden darf.

6. Schließlich soll es in Haftungsfällen mehr Transparenz geben. Die wichtigen Beweiserleichterungen berücksichtigen das bisherige Richterrecht und werden nunmehr gesetzlich niedergeschrieben. Damit wird künftig jeder im Gesetz nachlesen können, wer im Prozess was beweisen muss.

Auch die Versichertenrechte in der gesetzlichen Krankenversicherung werden gestärkt:

Ein wichtiges Anliegen im Interesse von Patienten ist die Förderung einer Fehlervermeidungskultur in der medizinischen Versorgung. Behandlungsfehlern möglichst frühzeitig vorzubeugen, hat höchste Priorität.

Zudem wird dafür gesorgt, dass Versicherte ihre Leistungen schneller erhalten. Krankenkassen müssen spätestens binnen drei, bei Einschaltung des medizinischen Dienstes binnen fünf Wochen über einen Leistungsantrag entscheiden. Bei vertragszahnärztlichen Anträgen hat die Krankenkasse innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden, der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes für eine Fristüberschreitung, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt.

Wie eingangs ausgeführt werden zukünftig Patientenrechten durch Gesetz niedergeschrieben. Diese waren allerdings bislang durch Richterrecht, d.h. aufgrund der durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes entwickelten Grundsätze, praktisch genauso gut oder schlecht geschützt. Mit dem Inkrafttreten des Patientengesetzes wird sich somit für den geschädigten Patienten nichts bzw. zumindest nicht viel ändern.

Nach wie vor hat ein medizingeschädigter Patient zahlreiche Hürden zu überspringen, um zu seinem Recht zu kommen. Er muss den Behandlungsfehler beweisen, dessen Kausalität für den Schaden und er muss sich letztendlich gegen regulierungsunwillige Versicherungskonzerne durchsetzen.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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