Meinungsverschiedenheiten getrenntlebender Eltern mit gemeinsamem Sorgerecht in Corona-Zeiten

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Wenn Eltern minderjähriger Kinder nach Scheidung oder schon seit der Geburt des Kindes oder der Kinder getrennt leben und das gemeinsame Sorgerecht haben, kann es zu Meinungsverschiedenheiten bei der Kindeserziehung kommen.

In Zeiten der Pandemie kann dies weitere Wendungen nehmen:

Der andere Elternteil hat zur Pandemiesituation vielleicht eine vollkommen gegenteilige Ansichten als man selbst. Wie schaut es rechtlich dann aus? Wer kann die Entscheidungen treffen?

Dabei geht es beispielsweise um Impfungen von Kindern, Testpflicht in Schulen usw.

Bei gemeinsamen Sorgerecht gilt, dass die Ausübung der elterlichen Sorge den Eltern gemeinsam zusteht. Daran ändert auch die Trennung nichts, denn gilt die gemeinsame Sorge – so haben beide Elternteile diese auch zu tragen.

Für Angelegenheiten ist zu unterscheiden zwischen denen des „täglichen Lebens“ sowie solche „von erheblicher Bedeutung“.

Für Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung treffen Eltern gemeinsame und damit Entscheidungen im gegenseitigen Einvernehmen zum Wohle des Kindes bzw. der Kinder.  

Für Entscheidungen innerhalb des täglichen Lebens und der tatsächlichen Betreuung trifft derjenige die Entscheidungen, bei dessen Teil das Kind oder die Kinder leben. Zweck des Gesetzgebers hierzu war und ist es, eine praktikable Lösung zu schaffen und Streitigkeiten zu vermeiden.

Was ist jedoch mit Impfungen und Testpflichten innerhalb der Pandemie-Situation?

Ist eine Impfung oder Testpflicht nun dem Bereich „tägliches Leben“ oder „von erheblicher Bedeutung“ zuzuordnen?

Alltäglich sind zwar auch ärztliche Vorsorgeuntersuchungen und Behandlungen leichter Erkrankungen wie beispielsweise ein grippaler Infekt, jedoch ist eine Schutzimpfung im Standard- oder Routinebereich nach höchstrichterlicher Rechtsprechung eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung. Danach ist eine Entscheidung über eine Impfung gemeinsam von beiden Elternteilen zu treffen. Eine Testpflicht greift nicht in den Körper des Kindes ein, jedoch bleibt eine gerichtliche Einordnung dazu abzuwarten und ist Einzelfall abhängig.

Was passiert jedoch, wenn man eine Entscheidung nicht treffen kann, weil die Meinungen auseinandergehen?

Entscheidungen sind im Sinne des Kindeswohle gem. § 1627 Abs. 1 BGB und gegenseitigem Einvernehmen zu treffen. Scheitern Einigungsversuche jedoch gänzlich, so besteht die Möglichkeit eine gerichtliche Entscheidung darüber zu beantragen. Voraussetzung ist dafür die Antragstellung bei Gericht, das gemeinsame Sorgerecht der Eltern, eine mangelnde Einigung, eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung und die Kindeswohlverträglichkeit der Entscheidung.

Wichtig ist, dass das Gericht nicht die Entscheidung für die Eltern fällt, sondern einem Elternteil für diesen Fall die Entscheidungszuständigkeit überträgt, im Sinne des
§ 1628 BGB.

Eine weitere Möglichkeit ist auch eine Änderung der Sorgerechtszuordnung zu beantragen gem. § 1671 BGB; dies ist aber nur dann überlegenswert, wenn über jegliche zu treffende Entscheidungen zu keiner Zeit ein Konsens gefunden werden kann, also Einigungen gar nicht mehr möglich sind zwischen den Eltern.

Grundsätzlich wird ein Gericht versuchen, auf ein Einvernehmen der Eltern hinzuwirken.

Ersichtlich wird daraus, dass die jeweiligen Angelegenheiten abhängig sind vom Einzelfall.


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