Mercedes-Abgasskandal – Empfindliche Niederlage für Daimler vor dem OLG Naumburg

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Für Daimler spitzt sich die Lage im Abgasskandal weiter zu. Nachdem verschiedene Landgerichte den Autohersteller bereits wegen unzulässiger Abschalteinrichtungen bei diversen Mercedes-Dieselmodellen verurteilt haben, hat Daimler nun auch erstmals eine Niederlage vor einem Oberlandesgericht erlitten. Mit Urteil vom 18. September 2020 verurteilte das OLG Naumburg Daimler wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zu Schadensersatz und kippte damit das erstinstanzliche Urteil des LG Magdeburg (Az. 8 U 8/20). 

„Die Rechtsprechung ist im Abgasskandal zunehmend verbraucherfreundlicher geworden. Das hat auch Daimler durch eine ganze Reihe von Entscheidungen in der jüngeren Vergangenheit zu spüren bekommen. Das Urteil des OLG Naumburg könnte jetzt endgültig der Durchbruch für Schadenersatzklagen gegen Daimler sein“, sagt Rechtsanwältin Nicole Bauer. 

In dem vor dem OLG Naumburg verhandelten Fall ging es um einen Mercedes GLK 220 CDI 4Matic, Baujahr 2013, den der Kläger als Gebrauchtwagen erworben hatte. In dem Fahrzeug kommt der Dieselmotor des Typs OM 651 mit der Abgasnorm Euro 5 zum Einsatz. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) hatte im Juni 2019 einen verpflichtenden Rückruf für das Modell angeordnet. Die Behörde bewertete die  Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung als unzulässige Abschalteinrichtung. Durch sie verzögere sich die Aufwärmung des Motoröls, so dass sich auch der Stickoxid-Ausstoß unterhalb der zulässigen Grenzwerte bewege. Allerdings sei diese Funktion fast nur im Prüfmodus aktiv. Folge ist, dass der Stickoxid-Ausstoß im realen Straßenverkehr wieder ansteigt. 

Der Kläger machte aufgrund der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung Schadenersatzansprüche geltend und hatte vor dem OLG Naumburg Erfolg. 

Daimler habe die Fahrzeuge mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung in den Verkehr gebracht und potenzielle Käufer getäuscht. Der Kläger habe hinreichend dargelegt, dass es sich bei Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt. Daimler habe hingegen keine näheren Angaben zur Funktionsweise der Abschalteinrichtung gemacht und auch nicht zur Kommunikation mit dem KBA. Diesbezüglich seien nur größtenteils geschwärzte Dokumente vorgelegt worden. Dies sei zu wenig. Daimler habe nicht darlegen können, dass die beanstandete Funktion zulässig ist, so das OLG Naumburg. 

Der Kläger sei vorsätzlich sittenwidrig geschädigt worden und habe daher Anspruch auf Schadenersatz. Gegen Rückgabe des Fahrzeugs könne er die Erstattung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung verlangen, entschied das Gericht. 

Das OLG Naumburg ließ auch keine Revision zu. Dies sei nach den ergangenen Grundsatzentscheidungen des Bundesgerichtshofs im Abgasskandal nicht mehr nötig. Der BGH hatte mit Urteil vom 25.05.2020 entschieden, dass VW sich durch die Abgasmanipulationen grundsätzlich schadenersatzpflichtig gemacht hat (Az. VI ZR 252/19). „Das BGH-Urteil lässt sich in weiten Teilen auch auf Daimler übertragen. Die Entscheidung des OLG Naumburg, keine Revision zum BGH zuzulassen, lässt jedenfalls tief blicken“, so Rechtsanwältin Bauer, Kooperationspartnerin des IG Dieselskandal.



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