Muss ein Wohnrecht im Grundbuch eingetragen werden?
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Insbesondere in Zusammenhang mit lebzeitigen Immobilienübertragungen von Eltern/Großeltern auf Kinder/Enkel werden zwischen Übergeber und Übernehmer regelmäßig Wohnrechte (auch üblich: Nießbrauch) vereinbart.
Diese Maßnahmen sind meistens steuerlich motiviert und/oder zur erbrechtlichen Gestaltung.
Rechtlich wird das Eigentum an Kind/Enkel ohne Gegenleistung oder gegen einen gegenüber dem Marktwert reduzierten Kaufpreis, übertragen, während sich Eltern/Großeltern entweder einzeln oder gemeinsam ein Rechts auf Nutzung zu Wohnzwecken bis zum Lebensende vorbehalten.
Dies kann schuldrechtlich, also durch einen Vertrag zwischen Übergeber und Übernehmer vereinbart werden oder aber ergänzend durch die Bestellung eines dinglichen Rechts, welches im Grundbuch eingetragen wird (Wohnungsrecht, § 1093 BGB).
Letzteres erzeugt durch die Notwendigkeit der Mitwirkung eines Notars und ein Tätigwerden des Grundbuchamtes Kosten, die der ein oder andere zu vermeiden wünscht und auf Eintragung im Grundbuch verzichtet.
Probleme entstehen in solchen Fällen spätestens dann, wenn der neue Eigentümer die an ihn übertragene Immobilie verkauft.
So auch geschehen in einem kürzlich durch das Oberlandesgericht (Abk. OLG) Oldenburg (Beschlüsse vom 27.04.2023 und 22.06.2023 (Az. 8 U 174/22) entschiedenen Fall.
I. Sachverhalt
Im Zuge einer Erbauseinandersetzung verkauften die Großmutter und die Miterben das Eigentum an dem von Großmutter und dem verstorbenen Großvater langjährig bewohnten Haus an den Enkel.
Unstreitig war zwischen Großmutter und Enkel bei einem Kaffeetrinken vereinbart worden, dass sie bis zum Lebensende das Haus weiterbewohnen könne (= Vereinbarung schuldrechtliches Wohnrecht zugunsten der Großmutter). Auf eine Eintragung im Grundbuch wurde verzichtet.
Bereits anderthalb Jahre später wollte der Enkel sich daran nicht mehr erinnern, kündigte seiner Großmutter und verkaufte das Haus an ein junges Paar mit einem Gewinnaufschlag von 100%.
Dies wollte die Großmutter nicht akzeptieren und verklagte ihren Enkel auf Feststellung, dass ihr ein lebenslanges Wohnrecht zustünde.
II. Entscheidung
Erwartungsgemäß stellte das OLG fest, dass ein schuldrechtliches Wohnrecht wirksam nur zwischen Großmutter und Enkel vereinbart worden ist.
Dieses wirkt jedoch nicht gegenüber Dritten, da eine Eintragung im Grundbuch unterblieben ist.
Die Großmutter muss das Haus also räumen und dem jungen Paar als neue Eigentümer die Nutzung überlassen.
Wegen der Vertragsverletzung durch den Enkel stünden der Großmutter wohl - noch nicht zu beziffernde - Schadensersatzansprüche zu.
III. Handlungsempfehlung
Wenn ein Wohnrecht zwischen (neuem) Eigentümer und Bewohner einer Immobilie vereinbart wird, sollte dies in jedem Fall dinglich gesichert, also im Grundbuch eingetragen werden.
Im Vergleich zu den drohenden Folgen (erzwungener Auszug aus der Immobilie, Rechtsstreit) sind entstehende Kosten in den meisten Fällen gut angelegt.
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