Finden Sie jetzt Ihren Anwalt zu diesem Thema in der Nähe!

Nebenjob Ghostwriter – ein legaler Nebenverdienst für Studenten?

  • 5 Minuten Lesezeit
anwalt.de-Redaktion

In Politik und Wirtschaft ist Ghostwriter bzw. Redenschreiber ein gut bezahlter und krisenfester Job, denn Politiker und Führungskräfte sind heute quasi im Rednerdauereinsatz und kommen beim Schreiben ihrer Reden und Vorträge kaum noch ohne fremde Hilfe aus. Ghostwriting gibt es aber nicht nur in Politik und Wirtschaft, sondern zunehmend auch in der Wissenschaft als sog. akademisches Ghostwriting. Als akademisches Ghostwriting bezeichnet man das auftragsmäßige Schreiben einer wissenschaftlichen Arbeit, wie z. B. Hausarbeit, Studienarbeit, Bachelorarbeit, Masterarbeit oder Doktorarbeit, gegen ein bestimmtes Entgelt.

Wenn sich das Semester dem Ende zuneigt, sind die Studienordner mit Mitschriften von Seminaren und Vorlesungen voll, Studenten müssen für zahlreiche Klausuren lernen und haben häufig weder eine zündende Idee noch die Zeit zum Recherchieren und Schreiben der anstehenden Hausarbeiten. Der ein oder andere Student vergibt seine Hausarbeit, Projektarbeit, Studienarbeit oder gar Abschlussarbeit dann gern an einen Ghostwriter. Im Internet wimmelt es vor scheinbar legalen Angeboten und auch in der Bibliothek (Bibo) läuft man dem einen oder anderen Studenten über den Weg, der seine Dienste als Ghostwriter auf seinem T-Shirt anbietet. Aber ist das auch legal? Darf man sich als Student Geld dazuverdienen, indem man Hausarbeiten, Studienarbeiten, Projektarbeiten oder Abschlussarbeiten für Kommilitonen schreibt?  

Ghostwriting – eine grundsätzlich legale Dienstleistung 

Zivilrechtlich ist die Tätigkeit eines Ghostwriters eine ganz normale Dienstleistung. Die Dienstleistung des Ghostwriters besteht darin, für seinen Auftraggeber einen bestimmten Text zu erstellen. Als Arbeitsleistung liefert der akademische Ghostwriter seinem Auftraggeber im Regelfall eine fertige Hausarbeit, Studienarbeit oder Abschlussarbeit. Im Jahr 2009 befasste sich das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt in einer Grundsatzentscheidung mit der Frage, ob das akademische Ghostwriting legal ist. Nach Ansicht der Richter spielt es für die Legalität der Tätigkeit eines Ghostwriters keine Rolle, in welchem Bereich der Ghostwriter in Anspruch genommen wird. Deshalb ist da Ghostwriting von wissenschaftlichen Texten ebenso legal wie Ghostwriting von Reden, Vorträgen oder Biografien.

Ghostwriting – Nebenjob ohne Risiko? 

Auch wenn das akademische Ghostwriting damit grundsätzlich erlaubt ist, handelt es sich nicht um einen ganz risikolosen Nebenjob für Studenten. Die rechtliche Basis für das akademische Ghostwriting bildet ein Werkvertrag zwischen dem Ghostwriter und seinem Auftraggeber. Vertragsrechtlich bestehen für den Ghostwriter einerseits Risiken in Bezug auf seinen Anspruch auf Bezahlung und andererseits im Bereich der Schlechtleistung.

Stolperstein der Sittenwidrigkeit

Typischerweise besteht der Inhalt des Werkvertrags zwischen Ghostwriter und Auftraggeber beim akademischen Ghostwriting darin, dass der Ghostwriter für den Auftraggeber eine wissenschaftliche Arbeit anfertigt, die dieser in seinem Namen als Prüfungsleistung z. B. als Hausarbeit oder Abschlussarbeit einreicht. Problem dieser Vertragskonstellation ist, dass der zweite Teil des Vertrages rechtlich nicht erfüllbar ist. Nach dem deutschen Urheberrecht kann das Urheberrecht an einem urheberrechtlich geschützten Werk, wie etwa einem Musikstück, Bild oder Text, nicht übertragen werden. Geistiger Eigentümer eines Textes ist deshalb immer der Verfasser des Textes. Der Auftraggeber kann den vom Ghostwriter gelieferten Text deshalb nicht als seinen eigenen Text einreichen. Hochschulrechtlich kann das Einreichen der Arbeit eines Ghostwriters für den Betroffenen ernsthafte Konsequenzen haben, die bis zur Exmatrikulation und einer saftigen Geldbuße führen. Hat der Student in einer eidesstattlichen Versicherung am Ende seiner Arbeit erklärt, dass es sich um eine von ihm erstellte Arbeit handelt, macht sich der Auftraggeber sogar wegen einer falschen Versicherung an Eides statt strafbar.

Das Einreichen einer fremden Arbeit ist also für Studenten kein Kavaliersdelikt. Das OLG Düsseldorf stufte deshalb derartige Verträge über die Erstellung von Abschlussarbeiten oder Dissertationen als sittenwidrig ein. Die Düsseldorfer Richter erklärten das akademische Ghostwriting zwar nicht für illegal, stellten aber klar, dass es sich um eine rechtlich missbilligte Tätigkeit handelt. Die Richter hatten in diesem Fall keine Zweifel daran, dass die Arbeit des Ghostwriters am Ende eins zu eins als eigene Arbeit des Auftraggebers eingereicht wurde, da es lebensfremd sei, dass für eine Übungsarbeit ein Betrag von 10.000 Euro ausgegeben wird (OLG Düsseldorf, Urteil v. 08.02.2011, Az.: I-20 116/10).

Sittenwidrige Verträge sind rechtlich nichtig und damit nicht existent. Mangels Vertrag hat der Ghostwriter in diesem Fall auch keinen Anspruch auf Bezahlung. Ghostwriter müssen deshalb bei der Gestaltung ihrer Verträge darauf achten, dass es sich bei ihren Diensten lediglich um Beispiele, Übungen oder Inspirationsgrundlagen für den Auftraggeber handelt und das dafür verlangte Entgelt angemessen ist. Diese Art des akademischen Ghostwritings ist nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Köln nicht zu beanstanden und absolut legal (OLG Köln, Urteil v. 23.02.2011, Az.: 6 U 178/10).

Gewährleistungsansprüche bei schlechter Hausarbeit

Da es sich beim Ghostwriting vertragsrechtlich um einen Werkvertrag handelt, schuldet der Ghostwriter seinem Auftraggeber ein bestimmtes Ergebnis. Die Auftraggeber verlassen sich dabei darauf, dass der Ghostwriter ihnen am Ende nicht nur irgendeine Hausarbeit liefert, sondern eine Arbeit, mit der eine gute Note erzielt werden kann. Liegt die Note nicht im erwarteten Bereich, kann der Auftraggeber möglicherweise Ansprüche gegen den Ghostwriter geltend machen. Zwar garantiert der Ghostwriter kein bestimmtes Prüfungsergebnis, aber viele Ghostwriter werben gerade damit, dass sie über besondere Fachkenntnisse verfügen und viel Erfahrung im wissenschaftlichen Schreiben haben. Eine Arbeit, die den wissenschaftlichen Standards nicht entspricht, weil sie z. B. Plagiate enthält, ist deshalb nicht vertragsgemäß. Der Auftraggeber hat in diesem Fall Gewährleistungsansprüche gegen den Ghostwriter, die er aber nur selten gerichtlich geltend machen wird, denn wenn der Ghostwriter wegen Schlechtleistung verklagt wird, fliegt der Student als Auftraggeber selber auf. Da das Ghostwriting für den Auftraggeber ernsthafte prüfungsrechtliche und hochschulrechtliche Konsequenzen hat, ist das Risiko eines Ghostwriters, wegen Schlechtleistung in Anspruch genommen zu werden, überschaubar gering.

Ghostwriting ist (noch) keine Straftat 

Zivilrechtlich bestehen für einen akademischen Ghostwriter also kaum Risiken, wenn er seine Tätigkeit auf einer guten Vertragsbasis anbietet. Strafrechtlich gibt es bisher ebenfalls keine Regelung, die die Tätigkeit von akademischen Ghostwritern sanktioniert. Da das akademische Ghostwriting aber gegen die Ethik der Wissenschaft verstößt, wird es von den Hochschulen hart bekämpft. Der deutsche Hochschulverband fordert deshalb seit 2012, dass der Gesetzgeber den Wissenschaftsbetrug als Straftat in das Strafgesetzbuch (StGB) aufnimmt. Bisher ist diese Forderung eines neuen Straftatbestands aber im Entwurfstadium gescheitert, weil es nicht gelungen ist den Tatbestand des Wissenschaftsbetrugs rechtssicher zu formulieren. Strafrechtlich haben akademische Ghostwriter deshalb bisher nichts zu befürchten.

Fazit: Akademisches Ghostwriting ist zwar moralisch eine umstrittene Tätigkeit, birgt aber für den Ghostwriter selbst kaum Risiken. Studenten, denen das Erstellen wissenschaftlicher Arbeiten leichtfällt, bewegen sich deshalb nicht im illegalen Bereich, wenn sie ihre Fähigkeit als akademische Ghostwriter anbieten. Sie müssen aber ein besonderes Augenmerk auf die Gestaltung ihrer Verträge legen, denn wie die Rechtsprechung zeigt, ist der Grat zwischen sittenwidrigen Verträgen und nicht zu beanstandendem Ghostwriting sehr schmal.

Foto(s): ©Fotolia.com

Artikel teilen: