Nicht jeder Ehevertrag ist wirksam

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Seit Jahren werden immer wieder die Grenzen ausgelotet, wieweit durch einen Ehevertrag die gesetzlich festgelegten Scheidungsfolgen verändert werden können. Bekannt geworden ist der Fall einer Schwangeren, die sich genötigt sah, einen für sie nachteiligen Ehevertrag zu unterzeichnen, damit die Heirat stattfinden konnte, was der Bundesgerichtshof für sittenwidrig hielt.

Nun hat der Bundesgerichtshof erneut am 15.03.2017 über einen Ehevertrag entschieden. Die Eheleute hatten nach Eheschließung und nach Geburt der gemeinsamen Tochter einen notariellen Ehevertrag mit Erbverzicht geschlossen. Es wurde gegenseitig auf nachehelichen Unterhalt mit Ausnahme Unterhalts wegen Kindesbetreuung, auf Zugewinnausgleich und den Versorgungsausgleich verzichtet. Die Mutter des Ehemannes hatte dies aufgrund einer Umstrukturierung ihres Familienunternehmens verlangt. 

Die Ehefrau arbeitete in diesem Familienunternehmen zeitweise, überwiegend in Teilzeit, als Sekretärin. Sie erkrankte an Multipler Sklerose und ist zu 100 % erwerbsbehindert. Der, mittlerweile geschiedene, Ehemann erzielt Einkünfte aus Gewerbe, Vermietung und Verpachtung sowie Kapitaleinkünfte.

Der Bundesgerichtshof legt in seiner Entscheidung dar, dass jede Regelung des Ehevertrags für sich alleine betrachtet nicht sittenwidrig und damit wirksam sei. Der Vertrag sei aber aufgrund eines Zusammenwirkens aller in dem Vertrag enthaltenen Regelungen sittenwidrig und deshalb nichtig.

Er sei aus objektiven Gesichtspunkten nichtig, weil mit dem Unterhalt wegen Alters und wegen Krankheit Unterhaltstatbestände ausgeschlossen sein, die zum Kernbereich der gesetzlich geregelten Scheidungsfolgen gehören. Schon bei Vertragsabschluss sei absehbar gewesen, dass die wirtschaftlich schwächere und insoweit unzureichend abgesicherte Ehefrau mit höherer Wahrscheinlichkeit in eine Notlage geraten könnte. Mit den ehebedingten Einkommens- und Versorgungsnachteilen sei auf Seiten der Ehefrau zu rechnen gewesen, da sie die Kinderbetreuung und Haushaltsführung übernommen hatte. Darüber hinaus hatte der Ehemann als Gewerbetreibender seine Altersversorgung nahezu ausschließlich auf eine private Vermögensbildung gestützt, an der die Ehefrau aufgrund des Ausschlusses des Zugewinnausgleichs nicht partizipieren konnte. 

Auch eine subjektive Sittenwidrigkeit des Ehevertrags läge vor. Die Ehefrau war weder in die Verhandlungen noch in die in den Entwurf der Verträge eingebunden. Sie hatte vor Abschluss des Ehevertrags keinen Entwurf zur Verfügung. Im Notartermin wurde ihr der Vertrag vorgelesen und er wurde von ihr unterschrieben, ohne dass sie ihn zum Durchlesen in der Hand gehabt hätte. Daraus sei ersichtlich, dass die Ehefrau gegenüber dem Ehemann und dessen Verwandten in einer unterlegenen Verhandlungsposition gewesen sei. Der Ehemann habe seine wirtschaftliche und soziale Überlegenheit ausgenutzt. Die Ehefrau habe im Beurkundungstermin außerdem das ein Monate alte Kind dabei gehabt, sodass nachvollziehbar sei, dass Sie den Termin möglichst schnell beenden wollte. Außerdem sei hauptsächlich die Umwandlung des Unternehmens beurkundet worden, an der die Ehefrau nicht beteiligt war.

Im Zusammenwirken der objektiven und subjektiven Sittenwidrigkeit sei der Vertrag deshalb nichtig.

Deshalb sollte vor Abschluss eines Ehevertrags jeder der beiden Ehegatten oder künftigen Ehegatten rechtzeitig vor dem Notartermin einen Entwurf erhalten und sich rechtlich beraten lassen. Ist jemand noch dazu nicht ausreichend mit der deutschen Sprache vertraut, empfiehlt sich das Hinzuziehen eines Dolmetschers und Übersetzers. Denn wird der wirtschaftlich abhängigere Teil überrumpelt, kann dies zur Nichtigkeit des gesamten Vertrages führen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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